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Globaler Preisverfall

Warum sich Altpapier sammeln für Vereine kaum noch lohnt - und was China damit zu tun hat

Wenn die Katholische Junge Gemeinde (KJG) im Karlsruher Stadtteil Stupferich künftig knapper bei Kasse ist, hängt das auch mit den Launen einer fernen Wirtschaftsmacht zusammen. Chinas Handelspolitik hat ein Geschäftsmodell zerstört, von dem viele Gruppen und Vereine in der Region profitiert haben.

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Altpapiersammlung Weingarten Foto: Archiv

Sie sammelten ehrenamtlich Altpapier und verkauften es gewinnbringend. Bis zu 100 Euro pro Tonne zahlten Papierfabriken dafür. Doch inzwischen sind die Preise im Keller. Für viele Vereine lohnt sich das Sammeln daher nicht mehr. „Wir warten aktuell noch auf das Angebot der Firma, die unser Papier abholt und weiterverkauft“, sagt Jason Essig von der KJG Stupferich. Dann werde man weitersehen.

Zum Thema: "Lohnt sich einfach nicht mehr" - Vereine in Bretten und Sulzfeld überdenken Altpapiersammlungen

In der Stadt Kraichtal haben die Vereine bereits Anfang des Jahres Post bekommen. In einem Infobrief klärte sie das Entsorgungsunternehmen Siegrist GmbH aus St. Leon-Rot über die „dramatische Reduzierung des Altpapierpreises“ auf. Die Papierfabriken würden im Moment nur noch 25 Euro pro Tonne zahlen. Bis Februar könne der Preis sogar auf fünf Euro fallen.

Probleme auch bei kommunalen Müllentsorgern

Das von den Vereinen eingesammelte Altpapier will Siegrist deshalb nur noch annehmen, wenn diese dafür bezahlen: 55 Euro je Tonne wären für das Breitstellen der Container, das Pressen und den Transport fällig. Erste Sammeltermine in den Stadtteilen wurden daraufhin bereits abgesagt. Ähnlich sieht es in vielen Gemeinden der Region aus.

Doch nicht nur die ehrenamtlichen Papiersammler leiden unter dem globalen Preisrutsch. Auch die kommunalen Müllentsorger bekommen Probleme. „Wir stellen einen Kollaps des Verwertungsmarktes fest“, sagt Uwe Bartl, Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Karlsruhe. „Uns fehlt etwa eine Million Euro an Altpapiererlösen. Das ist mit ein Grund dafür, warum dieses Jahr die Müllgebühren steigen.“ Wie kam es zu dieser Entwicklung?

Wolfgang Palm, zu dessen Familienunternehmen unter anderem die Papierfabrik in Wörth gehört, kennt den Markt sehr genau. „China hat bis vor drei Jahren sehr viel Altpapier importiert, zuletzt waren es 30 Millionen Tonnen im Jahr“, sagt er. „Doch dann haben sie sich entschieden, mehr eigenes Papier wiederzuverwerten und den Import zu beschränken.“ China erteile inzwischen nur noch Einfuhrlizenzen für fünf bis zehn Millionen Tonnen im Jahr. „Die Folge ist eine Altpapierschwemme in Nordamerika und Europa“, so Palm.

Bezuschussung für Vereine aus der Gemeindekasse?

Deutschland sei zwar nach wie vor Netto-Importeur, erklärt der Unternehmer. Das heißt, hierzulande wird insgesamt mehr Papier wiederverwertet als gesammelt. Dennoch sinken die Preise rapide. Denn aus anderen europäischen Ländern, in denenen es nicht mehr so viele Papierhersteller gibt, drängt der Sekundärrohstoff auf den deutschen Markt.

Normalerweise müssten wir von Vereinen Zuzahlung verlangen

Gegen das weltweite Spiel von Angebot und Nachfrage können Kommunalpolitiker kaum etwas ausrichten. In Rathäusern und Landratsämtern wird derzeit dennoch überlegt, wie man den betroffenen Vereinen helfen kann.

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Der Kraichtaler Bürgermeister Ulrich Hintermayer würde die ehrenamtlichen Altpapiersammlungen gerne aus der Gemeindekasse bezuschussen. Das werde er als Vorschlag in die Haushaltsberatungen einbringen, so Hintermayer. Und Betriebsleiter Bartl vom Landkreis Karlsruhe sagt: „Wir stehen mit den Gemeinden in Kontakt, um eine Lösung für die Vereinssammlungen zu finden.“ Man sei auf der Suche nach Abnehmern, die einen höheren Altpapierpreis zahlen. „Dafür bekommen sie diesen Preis dann über längere Vertragslaufzeiten garantiert“, so Bartls Idee. Ob der Plan aufgeht, wird sich zeigen.

KJG Stupferich im Glück

Glück hat wohl die KJG Stupferich. Denn ihr Geschäftspartner, die Firma Südroh Recycling aus Rheinstetten, zeigt sich großzügig. „Wir zahlen den Vereinen, mit denen wir schon lange zusammenarbeiten, noch etwa zehn Euro je Tonne“, sagt Südroh-Geschäftsführer Bernd Schäfer. „Aus sozialer Verantwortung, weil uns das ehrenamtliche Engagement wichtig ist.“ Wirtschaftlich sei dieser Preis nicht mehr. „Normalerweise müssten wir von den Vereinen 35 Euro Zuzahlung verlangen, denn die Papierfabriken zahlen für gemischtes Altpapier fast nichts mehr.“

Gemischtes Altpapier ist das, was in Privathaushalten üblicherweise anfällt: alte Zeitungen, Magazine und Verpackungskartons wild durcheinander. Darunter sind dann oft auch Fremdstoffe wie Plastikteile, Metallklammern oder Folien. Auch darauf hat China reagiert: Parallel zur Drosselung der Importmenge wurden die Qualitätsvorgaben erhöht. Nur noch ein halbes Prozent Fremdstoffe dürfen enthalten sein.

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