Keine gigantische Torte, aus der ein Happening springt. Liebgewonnene Kunst und edle Worte sind die Überraschung: Mit einer Festschrift für Ewald Karl Schrade hat die Karlsruher Messe den Gründer und Kurator der Kunstmesse art Karlsruhe bei einem Festakt mit bundesweiten Vertreterinnen und Vertretern der Kunstszene und der Politik an diesem Donnerstag verabschiedet.
Der 81-jährige Galerist gibt die Leitung der 2004 von ihm initiierten Messe für Klassische Moderne und Gegenwartskunst ab. „Ich habe 19 Jahre lang geübt“, sagte Schrade. „Die 20. Ausgabe ist mein Meisterstück, das ich übergeben kann.“ Olga Blaß und Kristian Jarmuschek übernehmen sein Amt als künftige Doppelspitze.
Messechefin Britta Wirtz gründet Förderkreis der art Karlsruhe
Dank und Geschenke empfing der art-Gründer an diesem Abend. So verkündete Messechefin Brita Wirtz, seinen lange gehegten Wunsch nach einem Förderkreis erfüllt haben zu können. Der Verein der Freunde und Förderer der art Karlsruhe sei frisch gegründet und Schrade soll Ehrenvorsitzender werden. „Wir sind Freunde, das ist das, was ich empfinde, wenn ich heute in Ihre Augen blicke“, sagte Wirtz, die Schrade seit 15 Jahren als Messechefin flankiert.
Karlsruhes Oberbürgermeister Frank Mentrup brachte eine Jahreskarte für die Karlsruher Bäder und ein Badetuch für die nun anstehende ruhigere Zeit als Gabe. Und er dankte Schrade: „Für Ihre tollen Ideen, für das Durchhaltevermögen, sie dann auch umzusetzen, für die Beharrlichkeit alle Kritikerinnen und Kritiker am Ende zu überzeugen und uns damit in Karlsruhe einen ganz wunderbaren Leuchtturm der Kunst und der Kultur zu ermöglichen.“
Die 20. Ausgabe ist mein Meisterstück, das ich übergeben kann.Ewald Karl Schrade, Gründer der art Karlsruhe
Als die Karlsruher Messe an Ewald Karl Schrade herantrat mit der Idee, eine Kunstmesse für die Region zu initiieren, war der gelernte Modellbauer aus Gomaringen bereits fast drei Jahrzehnte lang als Galerist im Geschäft. Auf Kunstmessen in Köln, Düsseldorf, Basel, Bergamo oder Straßburg präsentierte er zuvor genau jenes Portfolio, das ihm für die Kunstmesse in Karlsruhe vorschwebte: eine Mischung aus klassischer Moderne und weniger bekannten Künstlern der Gegenwart.
„Ich habe immer an die art geglaubt“, so Schrade zum Abschied. „Wenn der Macher nicht daran glaubt, kann er auch im Bett bleiben!“
In 20 Jahren entwickelte der Mann mit dem Sinn für die Bedürfnisse von Galerien die art Karlsruhe zu einer Messe mit Alleinstellungsmerkmalen. „Ich selbst durfte immer wieder erfahren, wie wichtig es ist, für Lernprozesse offen zu bleiben, wie die eigene Entwicklung durch den permanenten Austausch profitiert“, wird Schrade in der Festschrift zitiert.
Was sich ein kleiner Kunsthändler so an die Wand hängt.Ewald Karl Schrade, Galerist und art-Gründer
Ein Lernprozess war insofern auch die nun ihm gewidmete Sonderschau in Halle 1. Dieses Format hat Schrade für die Präsentation bedeutender Sammler als jährlich wechselnden, aber festen Bestandteil der art installiert.
Sich selbst als Sammler zu bezeichnen oder gar zu präsentieren, lag ihm fern. Die Messeleitung, Britta Wirtz, habe ihn überreden müssen zu dieser Schau. So wie die Werke über einen langen Zeitraum hinweg den Weg zu ihm gefunden haben, ließ Schrade den Gedanken an eine Präsentation auf 400 Quadratmetern Ausstellungsfläche nach eigenen Worten erst nach und nach zu. Jetzt aber freut er sich, „einen Einblick in meine jahrzehntelange Arbeit und mein Leben zu geben“. Die Gäste des Festaktes lud er zu seiner Sonderschau ein mit den Worten: „Dann folgen Sie mir mal und schauen, was sich ein kleiner Kunsthändler so an die Wand hängt.“
Sonderschau gibt Einblick in Schrades Arbeit und Leben
Unter den ausgewählten Werken findet man Skulpturen, Reliefe, Malerei und Arbeiten auf Papier. Darunter ein Landschaftsgemälde von Erich Heckel, ein Stillleben von Wilhelm Schnarrenberger, eine gestische Zeichnung von Paul Kirkeby, das neusachliche Porträt eines Mädchens von Karl Hubbuch oder Szenen aus Mochental des expressiven Berliner Malers Christopher Lehmpfuhl. Seine Affinität zum dreidimensionalen Objekt vertreten Skulpturen wie der große „Wonne Bi“ (2006) aus Bronze von Dietrich Klinge oder der strahlend-gelbe Sonnenschirm (2009) von Ralf Klement.
Figuratives trifft Abstraktion, etablierte Namen auf reizvolle neue Handschriften junger Künstler, auf die Schrade setzt. Ein beeindruckendes Panorama, das viel verrät über Schrades persönlichen Geschmack. All dies erstmals im spannenden Dialog der Werke untereinander.
Wie wichtig ihm selbst der Dialog ist, schwingt in dieser Auswahl ebenso mit. Hinter jedem Werk steckt auch eine Freundschaft. Künstlerinnen und Künstler sind für den Galeristen nicht nur Produzenten der Ware Kunst, sondern auch wichtige Gesprächspartner „bei der Suche nach bildnerischer Wahrheit“.
Eine solche Suche auch anderen zu ermöglichen, ist Schrades besonderer Verdienst in Karlsruhe. Nicht nur als Kurator seiner Sonderschau, sondern vor allem als Vater seines mittlerweile zu einem international renommierten Marktplatz für Kunst gewachsenen großen „Kindes“: Die art Karlsruhe ist nicht irgendeine Kunstmesse. Sie ist spürbar auch Ausdruck von Ewald Karl Schrades „Freude, mit der Kunst zu leben“.