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Fragen und Antworten zur Organspende

Was sich mit dem neuen Organspendegesetz ab März ändert

Obwohl 82 Prozent der Deutschen eine positive Einstellung zur Organspende haben, sind nur 62 Prozent wirklich entschieden. Davon haben nur 44 Prozent ihre Entscheidung auch schriftlich dokumentiert. Ein Dilemma für Ärzte und Angehörige.

Ein Styropor-Behälter zum Transport von zur Transplantation vorgesehenen Organen steht am 27.09.2012 in Berlin im Operationssaal eines Krankenhauses auf einem Tisch.
In so einem Styropor-Behälter werden zur Transplantation vorgesehene Organe transportiert. Foto: Soeren Stache picture alliance / dpa

Das Leben kann nicht warten. Aber der Tod auch nicht. Mehr als 10.000 Menschen in Deutschland hoffen derzeit auf ein lebensrettendes Organ. Die Spendenbereitschaft hält sich dagegen in Grenzen.

Um das zu ändern, hat die alte Regierung unter dem ehemaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ein neues Transplantationsgesetz auf den Weg gebracht. Am 1. März wird es in Kraft treten.

Was ändert sich dadurch und wie ist die Situation? Unser Redaktionsmitglied Sibylle Kranich hat die wichtigsten Fragen rund um das Thema Organspende zusammengetragen.

Der Bedarf an Organspenden 2020 in Deutschland und die tatsächliche Anzahl von Spenderorganen im Vergleich.
Der Bedarf an Organspenden 2020 in Deutschland und die tatsächliche Anzahl von Spenderorganen im Vergleich. Foto: BNN

Die Anzahl postmortaler Organspenderinnen und -spender 2020 in Deutschland und Europa.
Die Anzahl postmortaler Organspenderinnen und -spender 2020 in Deutschland und Europa. Foto: BNN

Was steht im neuen Transplantationsgesetz?

Ab dem 1. März gilt in Deutschland die sogenannte „Entscheidungslösung“. Das bedeutet: Jeder Mensch muss für sich selbst entscheiden, ob er im Fall der Fälle seine Organe hergeben möchte, oder nicht.

War das nicht schon immer so?

Doch. Organe dürfen nur dann entnommen werden, wenn ein Patient oder seine Angehörigen dem vorher zugestimmt haben. Der Staat darf eine Entnahme nicht erzwingen.

Wo ist denn dann der Unterschied?

Um die Frage, ob man Spenden möchte oder nicht, wird man sich in Zukunft nicht mehr drücken können. Denn jeder Mensch ab 16 Jahren, der hierzulande krankenversichert ist, wird mehrmals mit dem Thema konfrontiert werden. Er bekommt entsprechende Post von der Krankenkasse und wird von seinem Hausarzt gefragt. Auch wer ein neues Ausweisdokument braucht oder den Führerschein macht, bekommt Infomaterial zum Thema.

Was soll das bringen?

Umfragen zeigen, dass die allermeisten Menschen in Deutschland dem Thema Organspende eigentlich positiv gegenüber stehen. Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben aber nur etwa 39 Prozent der Deutschen einen Organspendeausweis. In den allermeisten Fällen bleibt die Entscheidung also an den Angehörigen hängen, die damit in eine schwierige Situation kommen.

Manche Länder praktizieren die Widerspruchslösung. Was besagt die?

In Frankreich, Österreich oder den Niederlanden gilt, dass jeder zur Organspende herangezogen werden kann, der sich zu Lebzeiten nicht dagegen ausgesprochen hat.

Das klingt, als würde das die Zahl der Organspender deutlich erhöhen?

Nicht unbedingt. Eine englische Studie aus dem Jahr 2019 hat die Zahl der Organspenden in Ländern mit Widerspruchslösung und ohne verglichen. Das Ergebnis: Es gibt keinen signifikanten Unterschied.

Wie kommt das?

Im Grunde ist es das gleiche Problem: Liegt keine schriftliche Willensbekundung vor, entscheiden die Angehörigen, was mit den Organen passieren soll. Diese Entscheidung fällt in Ländern mit Widerspruchslösung und in solchen mit Zustimmungslösung ungefähr gleich aus - nämlich mehrheitlich dagegen.

Wie stehen die Deutschen denn zur Organspende?

Dazu hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Jahr 2020 eine Studie in Auftrag gegeben. Sie zeigt, dass 82 Prozent der Befragten eine positive Einstellung zum Thema haben. 62 Prozent gaben an, für sich eine Entscheidung gefällt zu haben. Doch davon haben nur 44 Prozent ihren Willen auch schriftlich dokumentiert.

Wie viele Menschen sind gegen eine Organentnahme nach ihrem Tod?

Zehn Prozent der Menschen, die angaben, eine Entscheidung gefällt zu haben, wollen ihre Organe nach dem Tod nicht spenden.

Wie und wo kann man seine Entscheidung dokumentieren?

Entweder man besorgt sich einen Organspendeausweis (ab dem 1. März kommt der automatisch) oder man hält seinen Willen in einer Patientenverfügung schriftlich fest. Dazu braucht man keinen Notar. Übrigens kann man auf dem Ausweis auch ankreuzen, wenn man keine Organe spenden will oder dass man die Entscheidung einer anderen Person überlassen möchte.

Wie viele Menschen warten in Deutschland auf ein Organ?

Im Jahr 2020 standen die Namen von 9.100 Menschen auf der Warteliste. 767 sind im selben Jahr verstorben.

Wie viele haben ein Organ gespendet?

Im vergangenen Jahr 2021 haben 933 Menschen nach ihrem Tod ein oder mehrere Organe gespendet. Das waren 2,2 Prozent mehr als 2020. Allerdings ist die Zahl der Spender nach wie vor sehr gering. 2021 zählte die DSO 11,2 Spender pro eine Million Einwohner.

Gab es durch Corona einen Einbruch bei den Zahlen?

Insgesamt blieben die Organspendezahlen trotz der Corona-Pandemie 2021 wie bereits 2020 auf etwa dem gleichen Niveau wie 2019. „Angesichts der seit fast zwei Jahren anhaltenden Pandemie und der daraus resultierenden Dauerbelastung auf den Intensivstationen ist diese Stabilität positiv zu bewerten“, sagte Axel Rahmel, Medizinischer Vorstand der DSO. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern sei es in Deutschland zu keinem Einbruch der Organspende gekommen.

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