„Stimmt das oder ist das nur Panikmache?“, will BNN-Leserin Martina M. wissen. In ihrer Mail an die BNN-Redaktion benutzt sie sogar vier Fragezeichen. Sie hat verstörende Videos per Whatsapp geschickt bekommen und inzwischen findet sie solche und ähnliche Videos auch auf Facebook und Youtube. Sie zeigen vermeintliche Würmer auf frisch ausgepackten FFP2-Masken, die sich bewegen.
Wir bitten sie, uns die Links zu den Videos zu schicken, die sie gesehen hat. Martina M. schickt uns drei. Wir versprechen, dass wir der Sache nachgehen. Die Recherche beginnt.
Zunächst sehen wir uns die Videos an, die auch Martina M. gesehen hat. Dann suchen wir das Netz nach weiteren ab. Zu diesem Zeitpunkt sind bereits unzählige Videos im Umlauf, es werden minütlich mehr.
Das Setting ist jedoch bei allen ähnlich: Menschen halten FFP2-Masken unter Mikroskope und finden kleine Fäden, die sich bewegen, wenn sie angehaucht werden. Hier und da taucht im Zusammenhang mit dem Video auch ein Wort auf: Morgellons. So sollen die angeblichen Würmer heißen, die sich Menschen unter die Haut graben können.
Die Videos bieten also eine Erklärung an: Auf FFP2-Masken können sich Parasiten befinden. Aber beweisen die Videos das wirklich? Wir zerlegen sie in Einzelteile und fragen uns: Was wissen wir wirklich? Und was ist Spekulation?
Ein KIT-Experte klärt über die Beschaffenheit von FFP2-Masken auf
Es gibt drei Elemente, denen wir nachgehen können. Erstens: Woraus bestehen FFP2-Masken genau? Zweitens: Was verbirgt sich hinter der Sache mit den Morgellons? Und drittens: Ist der „Versuchsaufbau“ in den Videos überhaupt geeignet, um das vermeintliche Ergebnis zu belegen?
Wir fragen zuerst bei einem Experten am KIT an, der sich mit der Zusammensetzung von FFP2-Masken auskennt. Dabei stoßen wir zunächst auf Widerstände, als wir erklären, dass wir zu einem vermeintlichen Fake-News-Video recherchieren. Der Wissenschaftler möchte damit nicht in Verbindung gebracht und nicht zitiert werden. Er erklärt sich jedoch bereit, „unter drei“ mit uns zu sprechen.
So erfahren wir, dass die gewollte elektrische Ladung der Masken Fasern dazu bringen kann, sich zu bewegen. Und: Dass Fasern bei der Produktion durchaus auf Masken gelangen können, das aber ungefährlich ist.
Der gezeigte „Versuchsaufbau“ in den Videos fällt beim Experten durch. Weder gibt es einheitliche Messungen, noch werden andere Randbedingungen transparent gemacht. Nach dem Gespräch wissen wir also mit Sicherheit: Bewiesen wird in diesen Videos schon einmal nichts.
Und was ist das mit den Morgellons? Hier reicht schon eine gezielte Google-Recherche und man stolpert über eine bereits jahrzehntealte Verschwörungserzählung von den „Morgellons“, die immer mal wieder ausgegraben wird.
Experten wie der bekannte Kriminalbiologe Markus Benecke haben sich bereits dazu geäußert. Auch die Tatsache, dass Menschen offenbar oft Fasern für Lebewesen halten, ist bereits erforscht.
Am Ende ist klar: Wir haben es tatsächlich mit Fake-News zu tun. Wir können uns an unseren Faktencheck setzen. Der geht am Nachmittag auf bnn.de online, am Tag darauf steht er in der Zeitung. Auch Leserin Martina M. leiten wir ihn weiter. Die ist erleichtert und schreibt uns, sie danke uns wirklich sehr herzlich. Mit vier Ausrufezeichen.