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Rund 1/3 weniger Beschicker

Weniger Platz für große Fahrgeschäfte: Karlsruher Herbstmess' leidet unter Schlachthof-Baustelle

Mit einem Musikfeuerwerk am Montagabend geht die Herbstmess' in Karlsruhe zu Ende. Während die Imbissbetreiber positive Bilanz ziehen, sieht es bei den Karussell-Betreibern nicht ganz so rosig aus. Sie verzeichnen weniger Umsatz. Und auch die Macher haben Sorgen: Der Rummel auf dem Messplatz schrumpft. Die Baustellen auf dem Schlachthof-Gelände dehnen sich aus. Statt 120 sind es nur noch 86 Beschicker.

Tempo und Spaß: Zum letzten Mal drehen sich an diesem Montag das Rundfahrgeschäft „Magic“, das Riesenrad und die anderen Fahrattraktionen auf der Herbstmess’ an der Durlacher Allee. Zum Ausklang am Abend lassen die Schausteller bunte Raketen steigen.
Es geht wieder rund: Wie üblich, soll es auch jetzt bei der Herbstmess´ wieder ein Riesenrad geben. Foto: Jörg Donecker

Lange dauert es nicht, bis der erste Waggon rasant die erste Kurve nimmt, und ein Lachen zu hören ist. Das schraubt sich rasch zu einem schrillen Kreischen, als der kleine Wagen in luftiger Höhe scheinbar über das Ziel hinauszuschießen droht, um abrupt abzubiegen und in die Tiefe zu sausen.

Die Herbstmess’ ist an diesem Tag kaum drei, vier Minuten geöffnet, da geht es auf der Achterbahn „Wilde Maus“ schon rund. Und nicht nur dort. Der Messplatz füllt sich zügig mit Besuchern. Jede Bahn, die an der Haltestelle Tullastraße hält, spuckt neue Trauben Rummelsüchtiger aus, die sich wenig später zwischen Riesenrad, Boxautos, Verlosungen und Imbissbuden vergnügen.

Publikum ist so bunt wie der Jahrmarkt selbst

Familien mit Kindern, Pärchen, Rentner, Jugendliche. Das Publikum ist so bunt wie der Jahrmarkt selbst. Kurzer Stopp beim Hip-Hop-Fly: „Wie schaut’s aus, wollen wir noch eine Runde drehen?“. Die Stimme des Rekommandeurs hallt durch das Mikrofon, es klingt mehr nach einer Drohung als Frage.

Schon schleudert die Riesenschaukel die kreischenden Fahrgäste ein weiteres Mal in den Karlsruher Nachmittagshimmel. Und die Welt steht kopf. „Die ersten Gäste stellten sich schon um halb zwei an“, berichtet Petra Lindig vom „Thüringer Häusle“.

Die Mess’ öffnet offiziell erst um 14 Uhr. „Wir haben viele Stammgäste, die nur zum Essen kommen“, sagt Lindig, die drei Tage vor Ende eine positive Bilanz zieht. Egal ob Bratwurst, Pizza, Steak-Brötchen, Maiskolben, Langos, Crêpes oder Waffel – beim Pikanten und Süßen sitzt der Euro der Rummelbesucher lockerer.

Imbissbetreiber ziehen positive Bilanz

„Essen und Trinken ist ein großes Thema, das sieht man nicht zuletzt an den vielen Streetfoodmärkten, die sehr gut laufen“, sagt Susanne Filder, Vorsitzende des Karlsruher Schaustellerverbandes. Das trifft auch auf die Jahrmärkte zu.

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Ob der Klassiker Currywurst, den sich Milena schmecken lässt, oder andere pikante und süße Leckerbissen – die Gastronomie auf der Mess’ lockt viele Menschen. Foto: jodo

„Vor 20 Jahren sah die Sache noch anders aus, da hat unsere Sparte zu kämpfen gehabt, während die Fahrgeschäfte wie verrückt liefen“, sagt die Inhaberin der „Filder Waffelbäckerei“. Das Blatt hat sich gewendet: Jetzt sieht die Lage für die Karussell-Betreiber nicht rosig aus.

Lage für Karussell-Betreiber nicht rosig

„Vom Bundesverband wissen wir, dass die Umsätze um 30 bis 40 Prozent gesunken sind“, sagt Filder. Hohe Kosten, Personalmangel, sodass Plätze abgesagt werden müssen … die Gründe seien vielschichtig.

Mit Norbert Kohl würde so manche Naschkatze liebend gerne tauschen. Der Mann residiert im „Schokoschloss“, zwischen duftenden gebrannten Mandeln, Popcorn, Schokoküssen, Magenbrot und vielen anderen süßen Sachen.

Seine Bilanz: „Für das Wetter war es okay. Das erste Wochenende hat mich sogar selbst überrascht – dass so viele Besucher trotz Regen kommen, hätte ich nicht gedacht.“ Drei Mal hat er frische Schokoküsse bisher ordern müssen. „Mal schauen, ob es reicht, sonst bestelle ich am Montag nochmal.“ Damit auch die Besucher am letzten Mess’-Tag, der mit einem Musikfeuerwerk ausklingt, genug zum Naschen haben.

Und wenn welche übrig bleiben? Norbert Kohl winkt lächelnd ab: „Dann freuen sich die Verwandten und die Nachbarn. Dafür sagen sie nichts, wenn ich mit meinem Lkw mal nachts rangiere. Es ist ein Geben und Nehmen.“

Statt 120 nur noch 86 Beschicker

Kritisch beobachtet Norbert Kohl allerdings etwas anderes: Die Rummelwelt auf dem Messplatz schrumpft. Die Baustellen am Rand zum Kreativpark „Alter Schlachthof“ dehnen sich aus. „Der Messplatz wird immer kleiner, das macht schon Angst.

Wenn kein Platz mehr da ist für attraktive große Fahrgeschäfte, die Leute locken, ist das tödlich für die Mess’“, warnt Kohl. Dem stimmt auch die Vorsitzende des Schaustellerverbandes zu und hat dafür auch Zahlen parat: „Wir sind jetzt knapp 86 Beschicker – es waren aber immer mehr als 120 auf dem Platz“, sagt Filder und gesteht: „Wir beobachten das mit Sorge.“

Und wer aufmerksam über den Platz an der Durlacher Allee läuft, muss nur bis drei zählen: Riesenrad, die Achterbahn „Wilde Maus“ und die Riesenschaukel Hip Hop Fly – mehr große Fahrgeschäfte gibt es nicht.

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