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Neues aus dem Elternalltag

Der Hacker im Kinderzimmer

Stolz und Verzweiflung - das hat Jane Austen nicht geschrieben. Ihr Sohn war ja auch kein Computer-Genie und woher sollte die selige Jane dann auch wissen, wie man sich als digital naive Erzieherin eines digital Nativen fühlt. Wer weiß, was der Bub da in seinem Zimmer auf der Tastatur seines PC so hackt. Und könnte nicht jede Minute das SEK vor der Tür stehen?

Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern.
Die Welt ist bunt: Vor allem mit Kindern. Foto: Dolgachov/Fotolia

Meine Gedanken waren in letzter Zeit häufig bei der Mutter des 20-jährigen Hackers aus Hessen, der von seinem Kinderzimmer im elterlichen Haus aus, die persönlichen Daten von Hunderten Politikern und Prominenten publik gemacht haben soll. Ich kann genau nachvollziehen, wie sie sich fühlen muss. Den Alptraum, in dem ein vollvermummtes Sondereinsatzkommando die Kinderzimmertüre meines ältesten Sohnes eintritt, hatte ich in meinen Lehrjahren als Mutter selbst mehr als einmal.

Stolz und Verzweiflung

Als digital naive Erzieherin eines digital Nativen surfe ich seit 16 Jahren auf einer Welle durchs Leben, die permanent zwischen Stolz und Verzweiflung oszilliert. Am Beginn dieser Entwicklung steht ein feuerroter, batteriebetriebener Benjamin-Blümchen-Bus mit 26 Tasten – je eine für jeden Buchstaben des deutschen Alphabets. Wann immer der damals gerade zwei Jahre alt gewordene Sohn eine davon drückte, erscholl ein markerschütterndes „Törööööh“durchs Haus, gefolgt von einer männlichen Stimme, die eilfertig erklärte: „Z wie Zeppelin.“ Mehr als einmal hatte ich den Gedanken, dem freundlichen Elefanten das Maul mit

einem „A wie Apfel“ zu stopfen. Aber als das Kind wenige Monate später seiner verblüfften Oma den Herstellernamen ihres Küchenherdes („S wie Seppelfricke“) vorlesen konnte, wäre mein Mutterherz vor Stolz fast geplatzt.

Das dicke Ende...

Genau wie ein paar Jahre später, als wir am Eingang des örtlichen Freibades Schlange standen, weil ein Fehler im computergesteuerten Kassensystem sämtlichen Badegästen den Zugang verwehrte. Der Sohn – in der Schule längst als „PC-Nerd“ berüchtigt – bot der überforderten Kassierin seine Hilfe an. Die Freude über die aus Dankbarkeit überreichten Schwimmbad-Freikarten endete jäh, als wir beim Heimkommen den mehrseitigen Schriftsatz einer einschlägig bekannten Anwaltskanzlei aus dem Briefkasten fischten. Darin wurden den ahnungslosen Haltern des Internetanschlusses illegale Downloads unterstellt.

Hacker-Mütter unter sich

Wenn es in politischen Diskussionen darum geht, dass die digitale Ausstattung in unseren Schulen dringend verbessert werden muss, ist die Hacker-Mutter aus Hessen in der Ablehnung des Vorschlages wahrscheinlich als eine der wenigen ganz bei mir. Und sicher hat sie sich wie ich in aufgeregten Elternabend-Diskussionen schon heimlich mal gewünscht, dass der Sohnemann im Internet einfach mal so was normales wie „Youporn“ anklickt.

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