Es gibt viele Situationen, die man in der Prä-Kind-Ära mit einem goldenen Schein belegt. Kindergeburtstage zum Beispiel. Wer selbst noch keinen Nachwuchs hat, sich aber sehnlichst welchen wünscht, der kann es kaum erwarten, die erste Party für die Tochter oder den Sohn zu organisieren. Eine supertolle Ritter- oder Prinzessinnen-Fete stellt man sich vor, mit bunten Luftballons, vor Vergnügen jauchzenden Kindern, reinem Glück und Sonnenschein pur.
Die Wahrheit sieht selbstverständlich anders aus. Pauline nämlich hat panische Angst vor Luftballons, weshalb ihre Mama schon zwei Wochen zuvor telefonisch um Verzicht auf Dekoration bittet. Hannah leidet unter Allergien – für sie muss ein diätetisches Spezialbüfett vorgehalten werden. Der wilde Luca, der aus unerfindlichen Gründen vom Geburtstagskind jüngst in den Stand des „besten Kumpels“ erhoben wurde, ist – freundlich ausgedrückt – verhaltensoriginell und der kleine Sami besteht mit tränenreichem Nachdruck erfolgreich darauf, dass seine Mama den Nachmittag in seiner Nähe verbringt. Dummerweise gehört die aber zu jenen Menschen, deren übersteigertes Mitteilungsbedürfnis bei Normal-Kommunikativen einen spontanen Fluchtreflex auslöst.
Ein weiteres scheinbares Highlight im Elternleben ist das Schlittenfahren mit Kind. Das gesamte System noch mit Schwangerschaftshormonen geflutet, sehnt man den ersten winterlichen Ausflug auf zwei Kufen förmlich herbei. Wie die Zarin Mutter sieht man sich in warme Felldecken gehüllt auf dem Schlitten sitzen, den kleinen Prinzen mit vor Freude und Kälte gleichermaßen geröteten Bäckchen auf dem Schoß.
Das Bild bekommt erste Risse, wenn man den widerwillig strampelnden Nachwuchs zum ersten Mal in den beim Kaffeeröster erworbenen Schneeanzug zwängt. Steht man dann genervt und überhitzt am Gipfel des von lärmenden und rasenden Kinderhorden längst grün geschlitterten Rodelhügels, wird einem schlagartig klar, dass man in seinem Tagtraum selbst nie als Zarin Mutter im, sondern immer nur als das Pferd vor dem Schlitten vorgesehen war. Gänzlich unmajestätisch zieht man das Gefährt samt Kind unzählige Male den Minihügel hinauf, lässt sich, die Arme ums kreischende Bündel gekrampft, herunter rutschen und hofft, dass es sich bei dem bunten Stoffbollen vor einem immer noch ums eigene Fleisch und Blut handelt und nicht um ein Fremdkind, das zufällig auch in die Massenware vom Kaffeeröster gesteckt wurde.