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Termine werden verschoben

Zahnärzte stöhnen über Corona: das Warten auf Schmerzpatienten

In der Coronakrise sind Zahnärzte ebenso wie ihre Patienten verunsichert. Lange geplante Behandlungstermine werden storniert, vor allem Schmerzpatienten werden behandelt. Viele Praxisinhaber in Karlsruhe machen den Laden vorübergehend zu und schicken Mitarbeiter in Urlaub, andernorts gibt es Kurzarbeit.

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Simon Foto: None

Die Coronakrise verlangt auch Zahnärzten einiges ab. Aus Angst vor Ansteckung sagen viele Patienten aufschiebbare Termine ab, lediglich Schmerzpatienten werden behandelt. Das stellt manchen Dentisten vor erhebliche Probleme: Assistentinnen werden reihenweise in Kurzarbeit geschickt, die ökonomische Basis mancher Praxis gerät ins Wanken.

Lediglich zwei Patienten an einem gesamten Vormittag – solche Zeiten hat Tobias Ruder eigentlich noch nie erlebt. Seine Zahnarztpraxis nahe dem Karl-Wilhelm-Platz in der Oststadt ist üblicherweise stark frequentiert. Doch jetzt zwingt die Corona-Krise den Chef, einen Teil seiner Mitarbeiterinnen in die Kurzarbeit zu schicken.

Nicht nur Gastronomen, Einzelhändler oder Taxifahrer haben in diesen Tagen und Wochen unter den Folgen des Virus zu leiden. Auch Zahnärzte sind erheblich betroffen – und mit ihnen viele Patienten. Vielfach werden geplante Behandlungen verschoben, doch nicht überall ist das möglich. „Wir haben die komplette Prophylaxe abgesagt und Patienten von mehr als 65 Jahren abbestellt“, berichtet Cristina Simon, die in Neureut als Mitinhaberin einer Praxis mit insgesamt drei Zahnärzten und mehr als zwei Dutzend Mitarbeiterinnen tätig ist.

Verunsicherung bei Patienten ist "wahnsinnig groß"

Allein sechs Prophylaxehelferinnen haben damit faktisch keine Arbeit mehr, weshalb Kurzarbeit unumgänglich geworden ist. Vor allem für die Vollzeit-Mitarbeiterinnen bedeutet das deutliche finanzielle Einbußen.

Doch es gibt neben akuten Notfallbehandlungen auch noch andere unabweisbare Sitzungen. Die promovierte Medizinerin mit einem Schwerpunkt bei oralchirurgischen Eingriffen denkt dabei an „anoperierte Patienten, die nicht monatelang mit einem Provisorium im Mund herumlaufen können.“ Die corona-bedingte Verunsicherung unter den Patienten sei „wahnsinnig groß“, hat die Zahnärztin festgestellt.

Den von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn angekündigten finanziellen Ausgleich für Einbußen infolge der Coronakrise hält Cristina Simon bei weitem nicht für ausreichend. Die Defizite seien erheblich. Sie werde jedenfalls versuchen, dennoch alle Arbeitsplätze zu erhalten.

Kredite müssen bedient werden

In der Zahnarztpraxis von Dragana Sievert in der Kriegsstraße werden derzeit nur noch rund zehn Prozent der eigenen Patienten vorstellig, hinzu kommen Akut-Patienten aus anderen Praxen. Nicht mehr als zwei Personen im Wartezimmer, lautet die Devise der Ärztin, die die Krisenzeit für die Aufarbeitung liegen gebliebener administrativer Tätigkeiten mitnutzt. Aus ihrem Kollegenkreis weiß sie, dass sich viele, vor allem junge Zahnärzte, Sorgen um ihre wirtschaftliche Zukunft machen. Die Praxis-Kredite wollten bedient sein, doch die ausschließliche Beseitigung von Zahnschmerzen bringt kaum Geld in die Kasse.

Zahnarzt Tobias Ruder aus der Oststadt sagt, er könne unter den jetzigen Bedingungen vielleicht drei Monate überstehen – obschon er bereits seit mehr als 20 Jahren praktiziert. Möglicherweise die ökonomisch günstigste Variante wäre es, wenn sich die gesamte Praxis in Quarantäne begeben müsste, gibt Ruder zu bedenken. Zahlreiche seiner Kollegen machen unterdessen den für Ostern lange geplanten Urlaub. Verreisen indessen können auch sie nicht.

Persönliche Schutzausrüstung wird dringend benötigt

„Die aktuelle Situation führt alle niedergelassenen Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie das Assistenzpersonal an die Grenze ihrer Belastbarkeit“, beschreibt Ute Maier, Vorstandsvorsitzende der kassenzahnärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg, die Lage. Dringend würden im Übrigen weiterhin persönliche Schutzausrüstung und Desinfektionsmittel benötigt. Dieses Problem hat derzeit die Neureuter Zahnärztin Cristina Simon nicht. Von den Verbänden fühlt sie sich wie andere Kollegen auch nur ungenügend unterstützt.

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