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Die Essener Zeche Zollverein

Der schönste Platz im Pott

Die Zeche Zollverein, einst die leistungsfähigste der Welt, ist die einzige Welterbestätte im Ruhrgebiet. Von ihren Erbauern wurde sie als Musterzeche geplant, die sich an den Vorgaben des Bauhauses orientiert. Sie ist der schönste Platz im Pott.

Doppelbockfördergerüst der Zeche Zollverein in Essen
Die schönste Zeche der Welt: Das markante Doppelbockfördergerüst ist das Symbol der Zeche Zollverein in Essen. Foto: dpa
Unterwegs in der Zeche Zollverein:

15 Kilo bringt das graue Gerät auf die Waage. Es ist kaum vorstellbar, dass Menschen damit stundenlang hantiert haben, teilweise über Kopf. Kaum einer in der Gruppe, der hinter die Kulissen der Zeche Zollverein in Essen blickt, mag sich vorstellen, unter welchen Bedingungen die Kumpel einst schuften mussten: im Ringen um das Schwarze Gold , das Essen, ja das gesamte Ruhrgebiet im 19. und frühen 20. Jahrhundert zum industriellen Mittelpunkt machte.

Kohleförderung im Pott

Einst war die Zeche Zollverein die leistungsfähigste der Welt. Sie hat ebenso dichtgemacht wie all die anderen Bergwerke in der Krupp-Stadt. Ende des vergangenen Jahres legte auch der letzte Ruhrgebiets-Kumpel seinen Helm zur Seite. Mit dem Bergwerk Prosper-Haniel in Bottrop wurde die letzte Zeche des Ruhrgebiets geschlossen. Damit endete die Epoche der Kohleförderung im Pott endgültig.

Denkmalschutz statt Abriss

Im Zollverein, wo bis zu 8 000 Bergleute über und unter Tage beschäftigt waren, gingen schon am 23. Dezember 1986 die Lichter aus. Für das markante Doppelbockfördergerüst von Schacht XII, die ehemalige Kohlenwäsche und die Kokerei, wo das Schwarze Gold in 304 Öfen zu Koks veredelt wurde, sah es schlecht aus. Wahrscheinlich wäre der gesamte Komplex abgerissen worden, wenn das einzigartige Ensemble der Industriearchitektur nicht schon eine Woche zuvor unter Denkmalschutz gestellt worden wäre.

Lichtinstallation in der Essener Zeche Zollverein
Lichtkünstler verwandeln die Zeche Zollverein regelmäßig in ein Kunstwerk. Foto: dpa

Das Wahrzeichen des Ruhrgebiets

Das Wahrzeichen des Ruhrgebiets, Symbol für Aufstieg und Niedergang der Kohleförderung auf deutschem Boden, gilt als schönste Zeche der Welt; es wird gar als „Kathedrale der Industriekultur“ gefeiert. Seine Erbauer wollten nicht nur eine Zeche, sondern ein ästhetisches Meisterwerk der Moderne schaffen.

2001 wurde der schönste Platz im Pott in die Welterbeliste der Unesco aufgenommen, als bislang einzige Welterbestätte im Ruhrgebiet. 1,5 Millionen Besuchern pro Jahr bevölkern das riesige Areal. Dort gibt es Rad- und Wanderwege, im Winter auch eine Eisbahn in der ehemaligen Kokerei. In Nordrhein-Westfalen zieht lediglich der Kölner Dom mehr Touristen an.

Blick von der Zeche zur Villa Hügel

Wer der ehemaligen Kohlenwäsche aufs Dach steigt – in dem Gebäude residiert heute das Ruhr-Visitorcenter-, dem liegt die alte Industriestadt buchstäblich zu Füßen. Linkerhand kratzen die Flutlichtmasten des Fußballstadions von Rot-Weiß Essen am Himmel. Im reichen Süden versteckt sich die Villa Hügel, die herrschaftlich über dem Ruhrtal thront. Vor einem erhebt sich der „Eiffelturm des Ruhrgebiets“, der 55 Meter hohe Förderturm der imposanten Schachtanlage XII.

Der Kohlestaub hat sich zwar gelegt, die Fenster sind blind geworden, die Kumpel verschwunden – doch Ruhe ist seit dem letzten Schichtwechsel auf dem mehr als 100 Hektar großen Welterbe-Gelände nicht eingekehrt. Wer heute durch das Haupttor schreitet, will mehr über die sozialen und ökonomischen Aspekte des Kohlezeitalters erfahren.

Welterbetitel für die Zeche Zollverein

Oder er hat Kunst im Sinn. Denn das „repräsentative Beispiel für die Entwicklung der Schwerindustrie in Europa“ – so die Begründung der UNESCO für den Welterbetitel – beherbergt nicht nur Museen. In den Hallen mit der außergewöhnlichen Architektur sind namhafte Künstler eingezogen.Ob Rock und Pop, Gourmetmeile oder Werksschwimmbad – die Zeche Zollverein ist der Leuchtturm des Ruhrgebietes, wenn es um die Nachnutzung großer Industrieareale für Kultur, Freizeit und Bildung geht.

Essens Industriegeschichte

Schon Mitte des 19. Jahrhunderts wurde im Essener Norden, im damaligen Dorf Stoppenberg, Industriegeschichte geschrieben. Damals ließ der Unternehmer Franz Haniel den ersten Schacht abteufen. 13 000 Tonnen Kohle wurden 1851, im ersten Jahr, gefördert; 1890 waren es bereits eine Million Tonnen. Die Vorräte waren so groß, dass in den folgenden sechs Jahrzehnten acht weitere Schächte folgten.

Schacht XII als Musterzeche

Der Neubau von Schacht XII zwischen 1928 und 1932 war sozusagen die Krönung: Er sollte nicht nur alle anderen zur Zeche Zollverein gehörenden Schächte überflüssig machen. Das Wunderwerk der Technik, das weitgehend automatisierte Arbeitsabläufe wie in den Automobil-Fabriken von Ford vorsah, sollte ein Meisterwerk der Ästhetik werden. Zuvor war es üblich gewesen, neue Gebäude einfach neben den schon bestehenden zu bauen.

Treppe im Ruhrmuseum auf dem Gelände der Zeche Zollverein.
Die Treppe im Ruhrmuseum soll an flüssigen Stahl erinnern. Foto: dpa

Die beiden Architekten Fritz Schupp und Martin Kremmer komponierten gleichsam eine Musterzeche und orientierten sich dabei am schlichten, kubistischen Bauhaus-Stil. Heraus kam Industriearchitektur vom Feinsten, die Funktionalität und Ästhetik harmonisch miteinander verband.

Auf Repräsentation bedacht

Das markante Fördergerüst stellt nicht nur optisch den Mittelpunkt der Anlage dar, sondern trug auch dem Repräsentationsbedürfnis der Eigentümer Rechnung. Der nahe Ehrenhof blieb hochgestellten Gästen vorbehalten. Kohlegeschwärzte Kumpel waren hier unerwünscht. Deren Sozialeinrichtungen und die Seilfahrt befanden sich weiterhin in der alten Schachtanlage.

So imposant die „schönste Zeche der Welt“ ist: Ein Zuckerschlecken war die Förderung der Kohle nicht, jenes Energieträgers, der für die Montanindustrie unverzichtbar war und den Aufstieg der Familien Thyssen und Krupp zu Weltkonzernen erst möglich machte. Die im Originalzustand erhaltenen Areale, wie beispielsweise die Kohlenwäsche oder die Wipperhalle mit den alten Förderwägen, machen dies deutlich.

Werksschwimmbad auf der Essener Zeche Zollverein.
Wo früher Kumpel schufteten, gibt es heute ein Werksschwimmbad. Foto: dpa

Arbeitsplatz für 8000 Kumpel

Die bis zu 8 000 Kumpel hatten einen Knochenjob zu leisten und das für wenig Geld. „Oft war es ohrenbetäubend laut, immer staubig, teils hochgefährlich“, erzählt die junge Führerin in der Kokerei, wo bis zu 5 000 Tonnen Koks pro Tag produziert wurden.

Mehr Stein als Kohle

Die ehemalige Kohlenwäsche ist mit 60 Metern Länge, 30 Metern Breite und 40 Metern Höhe das größte Gebäude der Zeche Zollverein: Hier wurde die Steinkohle sortiert und klassifiziert, die aus bis zu 1 000 Meter tief liegenden Flötzen gewonnen und per Förderkorb nach oben gebracht wurde. Unter großem Lärm oft rund um die Uhr fiel die Kohle auf große Rüttelmaschinen, um das schwarze Gold vom überflüssigen Gestein zu trennen. Von rund 23 000 Tonnen, die über die Jahre täglich aus den Flözen gefördert wurden, war die Hälfte Stein. Heute beherbergt die ehemalige Kohlenwäsche spektakuläre Museumsräume. Wo einst Kohle gespeichert wurde, werden nun Kulturgüter bewahrt und präsentiert.

Frühes Opfer der Globalisierung

Auch wenn Arbeitsbereiche laufend modernisiert und gesundheitsschonender gestaltet wurden: Der Niedergang der Zeche Zollverein war nicht aufzuhalten. Wenn man so will, waren die deutschen Zechen ein frühes Opfer der Globalisierung, die auf den Energieträger Erdöl statt auf Kohle setzte.

Eckpfeiler der Route der Industriekultur

Mehr als 240 Millionen Tonnen Kohle sind zwischen 1851 und 1986 allein in der Zeche Zollverein abgebaut worden. Sie ist heute einer der wichtigsten Eckpfeiler auf der touristischen „ Route der Industriekultur “ – eines 400 Kilometer langen Rundkurses, der das kulturelle Erbe des Ruhrgebietes erschließt. Mancher ehemalige Kumpel ist noch heute an seiner alten Wirkstätte anzutreffen – als fachkundiger Führer durch das Weltkulturerbe.

Radfahrer auf dem Gelände der Essener Zeche Zollverein.
Das mehr als 100 Hektar große Welterbe-Gelände lässt sich auch mit dem Rad entdecken. Foto: dpa

Informationen

Führungen:Führungen

Drei Stunden dauert die Führung „von Kohle und Koks”. Sie beginnt am Schacht XII. Im Anschluss geht es zu Fuß zur Kokerei, wo die Teilnehmer erfahren, wie Kohle zu Koks verarbeitet wurde und was mit den dabei anfallenden chemischen Nebenprodukten passierte. Die Führung kostet 18 Euro.

Daneben gibt es zahlreiche weitere Führungen – vom abendlichen Rundgang unter dem Motto „Über Maloche, Dönekes und Stullen” bis zur Führung „Dem Kalinowski sein Pütt”. Dabei verwandeln elf reale und fiktive Persönlichkeiten die Zeche zur Kulisse für ein amüsantes Schauspiel.

Ebenfalls im Programm: Rundfahrten mit dem E-Bus. Die einstündige Rundfahrt kostet elf Euro für Erwachsene, neun Euro für Kinder und Jugendliche von vier bis 14 Jahren. Informationen zu den Führungen gibt es im Internet.

Das Museum:Für Sattelfeste:
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