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Nachruf

Seelchen unter robustem Habitus: Zum Tod des Karlsruher Malers Uwe Lindau

Eine Multibegabung, der Welt gegenüber wach und voller Humor: So sprechen Freunde und Wegbegleiter über den Karlsruher Maler Uwe Lindau, der nun verstarb.

Uwe Lindau
Der Maler Uwe Lindau, der bei Markus Lüpertz studierte, hinterlässt ein gewaltiges Œuvre, dessen Bildsprache seinesgleichen sucht. Foto: Dieter Schleicher

Zuletzt war es um den Wahl-Karlsruher Uwe Lindau, der immer mit Schirmkappe und Stock das Haus verließ, ruhig geworden. Schon zum Abitur war er in die Fächerstadt gekommen und studierte nach kurzem Jura-Intermezzo in Heidelberg an der hiesigen Kunstakademie bei Markus Lüpertz. In über 50 Schaffensjahren entstand ein gewaltiges Œuvre, dessen Bildsprache seinesgleichen sucht.

Geboren 1950 in dem 800-Seelen-Dorf Groß Barnitz bei Lübeck etablierte sich Uwe Lindau in Karlsruhe als regionale Größe, nachdem ihn in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre eine Malaktion im Lichthof des Badischen Kunstvereins einem breiteren Publikum bekannt gemacht hatte.

Rund 14 Tage zeichnete er konsequent auf einem großen Tisch im Lichthof, spielte zur Entspannung auch mal Schach und führte damit spielerisch Lust und Last des Künstlers den Besuchern vor Augen.

Uwe Lindau war „wach der Welt gegenüber“

Einerseits bediente Lindau, so Axel Heil, der seit über 20 Jahren sein Archiv betreut, das Klischee vom Künstler im Elfenbeinturm, andererseits war er „wach der Welt gegenüber, las den Spiegel von vorn bis hinten, fügte Kommentare ein und manches Foto fand sich danach in seinen Bildern wieder.“

Dabei gehört Lindau zu jenen Künstlern, die die „Karlsruher Figuration“ der 1960er Jahre weiterentwickelten. Mit seinen teils flüchtig hingeworfenen, in wenigen Sekunden entstandenen Zeichnungen, aber auch mit seinen Gemälden, die anfangs drei bis fünf Jahre, später immerhin noch einige Monate bis zur Fertigstellung brauchten, verdeutlichte er, dass letztlich fast alles Figuration ist.

Arbeiten irrlichtern zwischen Mikro- und Makrokosmos

Seine Arbeiten irrlichtern zwischen Mikro- und Makrokosmos, zwischen Traum und Alptraum und erlauben damit vielleicht auch flüchtige Einblicke in sein Innerstes. „Uwe war ein empfindsames Seelchen unter robustem Habitus, dabei sehr humorvoll. Er konnte sich grenzenlos bis zum Wahnsinn verlieben – aber immer unglücklich“, so einer seiner ältesten Freunde, Ralf Urban Bühler, der ihn von der Schule bis an die Karlsruher Akademie – und darüber hinaus – begleitet hat.

„Uwe war der begabteste Mensch, der mir je begegnet ist – eine echte Multibegabung“, so Bühler weiter. Er sei ein „begnadeter Maler, Schriftsteller und Musiker“ gewesen, wobei er seine Erfüllung in der Malerei fand; Aphorismen zu eigenen Bildern und Gedichte finden sich nur in einigen seiner Kataloge, im Dörfle der 1960er Jahre, dem damaligen „Karlsruher Zentrum der Avantgarde“ (Bühler) experimentierte und improvisierte er an zahlreichen Instrumenten.

Er war ein Atelierkünstler,der aber mit beiden Beinen im Leben stand und deshalb über die Generationen hinweg faszinierte.
Axel Heil, Archivar

Seine Werke wurden immer wieder in Ausstellungen in Karlsruhe, der Region und im europäischen Ausland präsentiert. In Ansätzen war die internationale Karriere durchaus vorhanden, Lindau wurde aber insbesondere zuletzt in seiner Heimat nicht wahrgenommen – und er hat auch selbst nichts dafür getan.

„Er war ein Atelierkünstler“, so Axel Heil, „der aber mit beiden Beinen im Leben stand und deshalb über die Generationen hinweg faszinierte. Denn er vermittelte, dass man im Atelier Spaß haben kann, dass man aber dafür kämpfen muss, wie und dass es weitergeht.“

Karlsruher Maler setzte sich für Erhalt des IWKA-Geländes und der Orgelfabrik ein

Lindau gehörte mit Bühler, Georg Schalla und Reinhard Wonner zu den Hallenbau-Künstlern, die sich für den Erhalt des ehemaligen IWKA-Geländes einsetzten, wie er sich zuvor schon dafür eingesetzt hatte, dass die Orgelfabrik, dann auch das Schlachthofgelände und die Ateliers hinter dem Hauptbahnhof nicht abgerissen wurden.

Am vergangenen Sonntag starb Uwe Lindau im Karlsruher St. Vincentius-Krankenhaus.

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