
Unten durch statt oben drüber: Das Aktionsbündnis Klima-Natur-Verkehr hat eine alternative Trassenvariante zur geplanten Südwestumgehung von Bretten vorgelegt. Statt die Stadt weiträumig zu umfahren, schlägt das Bündnis einen innerstädtischen Tunnel vor, der vom Alexanderplatz bis zum Neff-Kreisel reicht.
„Diese Variante haben wir bereits den Verantwortlichen beim Regierungspräsidium vorgestellt“, bekunden Kathrin Breuer und Björn Böttle, beide Sprecher des Aktionsbündnisses, im Gespräch mit dieser Redaktion. Und man sei dabei durchaus auf offene Ohren gestoßen.
„Hochinteressanter Gedanke“
Das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe bestätigt, dass es diesbezüglich Gespräche gegeben hat, dass man den Vorschlag ernst nehme und dass er auch im Erläuterungsbericht für das Verkehrsministerium mit aufgenommen werde. Brettens Oberbürgermeister Martin Wolff (Freie Wähler) bewertet die Trassenvariante in einem ersten Statement als „hochinteressanten Gedanken, bei dem sich eine nähere Betrachtung sicher lohnt“.
„Die Öffentlichkeit ist zusehends sensibilisiert für Naturschutzthemen, wie die jüngsten Reaktionen auf die Abholzung der Gölshausener Streubostwiesen gezeigt haben“, bekundet Böttle. Man registriere auch eine breite Skepsis der Bürger gegenüber der geplanten Trassenführung. So habe sich auch der Rinklinger Ortschaftsrat einstimmig gegen die Trasse ausgesprochen.
Die Position des Aktionsbündnisses sei nach wie vor: Die Südwestumgehung bringe eine zu geringe Entlastung für die Kernstadt bei gleichzeitiger Zunahme des Gesamtverkehrsaufkommens.
„Eigentlich brauchen wir gar keine Südwestumgehung“
„Eigentlich brauchen wir überhaupt keine Südwestumgehung, denn wir können den Verkehr mit der konsequenten und nachhaltigen Umsetzung des Mobilitätskonzepts und der Gartenschau schon sehr deutlich reduzieren“, erklärt Breuer.
Doch wenn es unbedingt eine Umgehung geben soll, dann sei es doch sinnvoll, eine Alternative zu wählen, die eine größere Entlastungswirkung habe, als die, die jetzt vorgesehen ist – und die Natur und die Umwelt deutlich weniger in Mitleidenschaft ziehe.
Bundesverkehrswegeplan soll erneut auf den Prüfstand
„Wir sind der Meinung, dass der Bundesverkehrswegeplan 2030 noch einmal auf den Prüfstand muss, um zu klären, ob er in der aktuellen Form überhaupt Bestand haben kann“, ergänzt Böttle.
Denn er sei zu Straßen-lastig, laufe den Klimazielen zuwider, vernachlässige alternative Mobilitätskonzepte, stärke die Attraktivität des Straßenverkehrs und generiere zusätzlichen Verkehr. Dabei sei auch die Grundsatzfrage zu stellen, ob die Brettener Umgehungsstraße überhaupt notwendig sei.
Sollte der Bundesverkehrswegeplan aber trotz aller Bedenken Bestand haben, dann sei die Alternativvariante des Aktionsbündnisses auf jeden Fall die umwelt- und klimaverträglichere Lösung. Denn mit einer innerstädtischen Tunnellösung könne man die Stadt ebenso vom Durchgangsverkehr befreien, den Quell-, Ziel- und Binnenverkehr deutlich reduzieren sowie weite Flächenversiegelung und Naturverbrauch vermeiden.
Variante mit den Straßenplanern diskutiert
„Diese Variante haben wir im Januar im Regierungspräsidium vorgestellt und waren danach auch noch im Austausch, um daran zu feilen und Anregungen und Ideen der Straßenplaner aufzunehmen“, berichtet Breuer. Vom RP seien bei diesem Gespräch unter anderem Axel Speer, der Referatsleiter Straßenplanung, und Helmut Wössner, der Projektleiter für die Südwesttangente, mit dabei gewesen.
„Wir haben dem Aktionsbündnis zugesichert, dass wir deren Variante in unsere Variantenüberlegungen mit aufnehmen und sie ebenfalls prüfen und bewerten“, bestätigt Wössner auf Nachfrage.
Man habe die Variante durchdiskutiert und dabei auf schwierigere Punkte, insbesondere die Anbindung und Unterfahrung des Alexanderplatzes und das Problem der Enteignung von Grundstücksbesitzern hingewiesen.
Das Aktionsbündnis habe daraufhin einen überarbeiteten Entwurf eingereicht, der nun auch im Erläuterungsbericht für das Verkehrsministerium aufgeführt wird. Wössner weist auch darauf hin, dass es von Seiten der Stadt Bretten vor Jahrzehnten schon einmal Überlegungen hinsichtlich einer Tunnellösung gegeben habe, die aber nicht weiterverfolgt wurden, doch sei damals das Gelände noch nicht bebaut gewesen.
Tunnel soll die Stadt kreuzungsfrei queren
Der innerstädtische Tunnel soll nach den Vorstellungen des Aktionsbündnisses rund 1,8 Kilometer lang sein und soweit möglich in offener Bauweise erstellt werden.
Zu- und Abfahrten sind in der Bahnhofstraße etwa beim Lidl-Kreisel sowie in Höhe der Berufsschule vorgesehen, um auch innerstädtischen Verkehr aufzunehmen. Stellenweise sind zum Ausgleich von Höhenunterschieden zwei Tunnelröhren vorgesehen. Die Trasse soll kreuzungsfrei ausfallen und überwiegend auf beziehungsweise unter Bestandsstrecken verlaufen.
Als großen Vorteil gegenüber der Südwestumfahrung sehen die Alternativ-Planer den Umstand, dass die Tunnelvariante auch den innerstädtischen Ziel- und Quellverkehr unter die Erde bringt und damit den oberirdischen Verkehr entlaste. Darüber hinaus würden Natur und Umwelt deutlich weniger belastet.
„Die zentralen Verkehrsachsen bleiben, können aber zur Verbesserung des Fuß- und Radverkehrs zurückgebaut und auf Tempo 30 reduziert werden“, führt Böttle weiter aus. Die Variante biete zudem viele Möglichkeiten, die Stadt attraktiver zu machen.
Die Trassenvariante des Aktionsbündnisses, die eine Untertunnelung der Stadt vorsieht, hält Brettens OB Wolff für bedenkenswert. Letztlich werde es aber das RP sein, das abwägen müsse, welche Trasse am ehesten in der Lage sei, eine Verringerung des Verkehrs in der Stadt herbeizuführen. Das gelte insbesondere mit Blick auf die jüngst veröffentlichte Prognose des Bundesverkehrsministeriums, die eine gravierende Zunahme des Lkw-Verkehrs bis 2050 annehme.