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Leicht gestiegene Durchfallquote

Brettener Fahrlehrer sind sauer: Warum sperrt sich das Land gegen Online-Unterricht?

Pädagogische Ziele sind laut Verkehrsministerium nicht zu erreichen, wenn Fahrschulen ihren Theorie-Unterricht online abhalten. Fahrlehrer fordern dringend Änderungen.

Digitalisierung hält Einzug: Längst lernen Fahrschüler auch am Handy oder an Tablets, auch im Präsenz-Unterricht, wie hier an der Fahrschule von Udo Geiger. Online- statt Präsenzunterricht war allerdings in der Corona-Pandemie vom Landesverkehrsministerium untersagt.
Digitalisierung hält Einzug: Längst lernen Fahrschüler auch am Handy oder an Tablets, auch im Präsenz-Unterricht, wie hier an der Fahrschule von Udo Geiger. Online- statt Präsenzunterricht war allerdings in der Corona-Pandemie vom Landesverkehrsministerium untersagt. Foto: Tom Rebel

Man hört die Verärgerung. „Das Land hat uns Fahrschulen den Online-Unterricht untersagt“, berichtet Ralf Svoboda über Lücken beim Unterricht in der Corona-Pandemie. Der Inhaber der Academy-Fahrschule Trend aus Bretten weiß von Kooperationen hiesiger Fahrschulen mit denen in anderen Bundesländern, wie in Nordrhein-Westfalen.

Auch Udo Geiger, Inhaber von Udo’s Fahrschule vor Ort, versteht nicht, weshalb in den Schulen gehe, was den Fahrschulen verboten sei. „Nun, die Fahrlehrerverbände sind jetzt dran“, sagt er.

Beide glauben auch nicht, dass die leicht gestiegenen Durchfallquoten, wie sie der Fahrlehrerverband Baden-Württemberg bestätigt, am digitalen Lernen liegen. Das Lehrmaterial sei gut, es lerne sozusagen mit, merke, welche Fragen die Fahrschüler begriffen hätten, welche wiederholt werden müssten.

Und schließlich gebe es fremdsprachige Fahrschüler, nicht wenige. „Da versteht mancher doch im Präsenz-Unterricht kein Wort“, so Geiger. Diesen Fahrschülern sei mit dem digitalen Lehrmaterial in elf Sprachen sehr viel mehr gedient. Ihnen nütze der Unterricht in der Fahrschule so gut wie nichts. Da müsse sich etwas tun.

Fahrlehrerverband: „Es geht um mehr als Wissensvermittlung“

Es gehe um mehr als kognitive Teile, kontert Ralf Nicolai, stellvertretender Vorsitzender des Fahrlehrerverbands Baden-Württemberg, also um mehr als reine Wissensvermittlung beim Präsenz-Unterricht. So sei das Erkennen und richtige Reagieren in Gefahrensituationen beispielsweise im Präsenz-Unterricht deutlich besser zu vermitteln.

Ähnliches verlautet vom Landes-Verkehrsministerium. Gesetzlich sei die Theorie nur als Unterricht in den Räumen der Fahrschule zulässig. Online-Unterricht bedürfe einer Ausnahmegenehmigung. Das Ministerium habe sich nach Abwägung aber gegen eine solche Zulassung von Online-Theorieunterricht in Fahrschulen ausgesprochen.

Ministerium: Online-Lernen wird „Erziehungsauftrag“ nicht gerecht

Dabei spiele zum einen die Frage nach der technischen Ausgestaltung eine Rolle. Die müsse eine missbräuchliche Nutzung ausschließen, so die Pressestelle. Ziel sei zudem ein „Erziehungsauftrag“. Auch nach Fahrschüler-Ausbildungsordnung gehe es darum, sichere, partnerschaftliche, umweltbewusste und verantwortungsvolle Fahrer auszubilden. Eine Gesamtschau habe ergeben, dass Webinare oder Videokonferenzen diesen pädagogischen Aspekten nicht gerecht würden.

Das Ministerium schreibt, das erfordere eine zwischenmenschliche, fachlich und pädagogisch anspruchsvolle Kommunikation zwischen Fahrlehrer und Fahrschülern. Laut Ministerium hätten sich auch Teile der Fahrlehrerverbände im Namen ihrer Mitglieder dagegen ausgesprochen, Online-Theorieunterricht zu ermöglichen.

Desinfizieren, Klappe, die Fünfte: Ralf Svoboda von der Academy-Fahrschule Trend muss nach jedem Fahrschüler das Auto gründlich reinigen.
Desinfizieren, Klappe, die Fünfte: Ralf Svoboda von der Academy-Fahrschule Trend muss nach jedem Fahrschüler das Auto reinigen. Foto: Tom Rebel

Svoboda weiß von Kooperationen mit Fahrschulen in anderen Bundesländern während der Pandemie. Hiesige nutzten deren Online-Unterricht mit. Dazu merkt das Ministerium an, dass sei grundsätzlich möglich, allerdings müsse „der Fahrschulinhaber die zuständige Fahrerlaubnisbehörde entsprechend informieren.“ Laut Landesverkehrsministerium besteht hier also eine Anzeigepflicht, auch der Fahrschulen gegenüber ihren SchülerInnen – und zwar vor Abschluss des Ausbildungsvertrages.

Die sind doch mit dem Handy in der Hand aufgewachsen
Udo Geiger, Fahrschulinhaber aus Bretten

Zu den etwas gestiegenen Durchfallquoten meint Udo Geiger, dass diese nicht am digitalen Lernen liegen. „Die Jugendlichen sind doch fast alle mit dem Handy in der Hand aufgewachsen und das Pädagogische ist bei den digitalen Fragebögen sehr viel besser ausgearbeitet, als das auf Papier je der Fall war.“ Sovoboda bringt vor allem die Lehr-Videos ins Spiel, die man auf den Fragebögen mehrmals anschauen könne.

Eher, da sind sich die Brettener Fahrlehrer einig, hat das Smartphone das Auto als Prestigeobjekt abgelöst – „längst“. „Darum ist der Wille nicht mehr derselbe, das unbedingt schnell zu schaffen“, so Geiger. „Und es ist auch nicht mehr die Schande, die es früher war.“ Obwohl er manchmal Bedenken habe, wenn er mal wieder deutlich fehlendes Talent an den Pedalen zu beklagen habe. Ob es am allgemeinen Bewegungsdefizit liege? Er weiß es nicht, sagt Svoboda. Nur dass es zunimmt.

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