Ein erneuter Lockdown ist seitens der Politik zwar noch nicht beschlossen, doch ein Vorgeschmack darauf tritt bereits seit einigen Tagen in der Brettener Innenstadt offen zutage. So war die City der Melanchthonstadt auch am Dienstag über Mittag verwaist, nur vereinzelt waren Passanten unterwegs. In den Geschäften und vor allem in Cafés und Restaurants, die um diese Uhrzeit normal gut besucht sind, herrschte Flaute. Sollte wie schon im Frühjahr die Gastronomie – und sei es nur für die Dauer von einigen Tagen – dicht gemacht werden, wird man sich erneut an diese Szenerie gewöhnen müssen.
Wenn in der Fußgängerzone aber nur wenige oder gar keine Passanten unterwegs sind, dann trifft das eine Branche besonders: die Gastronomie. Denn keine Passanten heißt keine Gäste und Kunden. Deshalb fürchten einige Gastronomen in der Melanchthonstadt um ihre Existenz. „Seit dem ersten Lockdown haben wir, wenn überhaupt, höchstens die Hälfte des vorherigen Umsatzes. Wir stoßen an unsere Grenzen, irgendwann hat man einfach auch keine Kraft mehr“, erklärt Arcangela Lamola-Vedda, die gemeinsam mit ihrer Tochter Sabrina Metallo die Pizzeria La Piazzetta betreibt.
Gastronomen setzen verstärkt auf Außer-Haus-Verkauf
Obwohl man in der Gastronomie alles dafür tue, um die Vorgaben einzuhalten, sei die Gastro-Branche letztlich doch wieder die Leidtragende. Lamola-Vedda hofft, dass von der Politik schnellstmöglich die neuen Spielregeln für Gastwirte und Restaurantbesitzer kommuniziert werden, „es muss ja irgendwie weitergehen“. Im La Piazzetta setzt man in dieser Krise große Hoffnungen in den Außer-Haus-Verkauf, allerdings könne keiner sagen, wie dieses Angebot letztlich angenommen wird, so Lamola-Vedda.
Auch Nadja Oberdorfer bietet ab sofort ein reduziertes Speisenangebot zum Mitnehmen an. Die Geschäftsführerin des Restaurants Schweizerhof bereitet sich gedanklich bereits seit einigen Tagen auf das Szenario eines erneuten Lockdows vor: „Nachdem die Infektionszahlen zuletzt so stark gestiegen sind, war es irgendwie abzusehen, dass so etwas kommt.“
Anders als beim ersten Lockdown werde man diesmal aber nicht komplett zumachen und „von der Bildfläche verschwinden“, sondern gerade für die treuen Stammgäste da sein. Allerdings geht Oberdorfer nicht davon aus, dass sich das finanziell rechne: „Es heißt ja immer, die Hoffnung stirbt zuletzt. Aber im Moment stirbt sie mit jedem Tag ein bisschen mehr.“
Hoffen auf zeitlich begrenzte Schließung
Die Hoffnung darauf, dass die Politik vielleicht doch eine andere Lösung als einen erneuten Lockdown findet, auch wenn dieser zeitlich begrenzt sein sollte, will Salvatore Catarraso nicht aufgeben. „Sollte es aber so kommen, und davon muss man wohl doch ausgehen, dann wird es viele richtig hart treffen“, meint der Inhaber der Brettener Kaffeerösterei Nerone.
Dabei hofft der stets gut gelaunte Optimist, dass der befürchtete Lockdown auch nur eine Woche dauert, wie es der stellvertretende CDU-Bundesvorsitzende Thomas Strobl fordert. Damit könnte sich auch Zeljko Uzelac, der Inhaber des „Kiosk am Markt“, anfreunden. Länger dürfe die Schließung aber nicht dauern: „Hier geht es um Existenzen, das muss man so einfach mal sagen.“
Seit Tagen sinken die Gästezahlen
Mit Galgenhumor kommentiert derweil Ingo Jäger die Situation. „Irgendwie ist man entspannter als im Frühjahr. Man muss sich mit dem, was auf einen zukommt, anfreunden. Etwas anderes bleibt einem ja nicht übrig. Zudem weiß man jetzt, was auf einen zukommt“, sagt der Inhaber vom Alten Rathaus. Unterbewusst habe man sich seit einigen Tagen darauf eingerichtet, dass so etwas kommen wird.
„Aber das macht die ganze Situation natürlich nicht besser“, erklärt Jäger. Bereits seit Inkrafttreten der neuen Corona-Verordnung des Landes seien die Kunden ausgeblieben – und mit weiter steigenden Infektionszahlen werde sich daran auch nichts ändern.
OB Wolff hat Verständnis für die Gastronomen
Die Sorgen der Gastronomen kann Oberbürgermeister Martin Wolff gut verstehen. Vor allem wenn Gaststätten und Lokale wieder über einen längeren Zeitraum geschlossen werden, könnte das für etliche Wirte schwerwiegende Folgen haben. Allerdings hat der Brettener OB auch für das Vorgehen der Politik Verständnis: „Man kann nicht einfach tatenlos zusehen, wie die Infektionszahlen immer weiter steigen. Wenn man keine andere Möglichkeit sieht, dann muss man eben auch in einem solchen Maß reagieren.“