„Wie ist denn die Luft da oben?“ „Du spielst doch bestimmt Basketball, oder?“ Mit solchen und ähnlichen Fragen sieht sich Mareile Zunker aus Bretten seit Jahrzehnten konfrontiert. Der Grund ist ihre Körperlänge. Mareile Zunker ist 1,87 Meter groß und überragt viele ihrer Mitmenschen.
„So groß zu sein, hat auf den ersten Blick vielleicht manche Vorteile“, bestätigt Zunker, „aber im Alltag stellt es sich oft anders dar.“ Denn die Umwelt ist nicht unbedingt für sehr große Menschen gebaut, sondern orientiert sich eher am Durchschnitt.
„Zu Hause kann man sich einrichten“, erzählt die hochgewachsene Frau. „Zum Beispiel haben wir die Arbeitsplatte der Küche hochgestellt, um Rückenbeschwerden vorzubeugen. Und unser Bett ist 2,20 Meter lang.“ Aber auf Urlaubsreisen sei es oft schwer, ein Hotel mit überlangem Bett zu finden.
Ich möchte auch gerne mal bummeln und etwas spontan anprobieren.Mareile Zunker, Vorsitzende der Bezirksgruppe Stuttgart
Auch die Suche nach Schuhen oder modischer Kleidung sei nicht so einfach, obwohl sich über den Onlinehandel einiges verbessert habe. „Aber ich möchte auch gerne mal bummeln und etwas spontan anprobieren.“ Auch viele Automodelle seien aufgrund fehlender Kopfhöhe oder Beinfreiheit nicht für große Menschen geeignet.
Um sich über die speziellen Bedürfnisse großer Menschen auszutauschen, gibt es den Verein „Klub langer Menschen“. Hier können Frauen ab 1,80 und Männer ab 1,90 Meter Körpergröße Mitglied werden. Der Verein, mit Sitz in München, hat Bezirksgruppen in 18 Städten, darunter in Karlsruhe und Sinsheim.
Mareile Zunker ist die Vorsitzende der Bezirksgruppe Stuttgart. Als Heiratsinstitut für lange Menschen möchte sich der Verein ausdrücklich nicht verstehen, betont Zunker, die natürlich nicht ausschließt, dass sich – wie in anderen Vereinen auch – Paare finden können.
„Wir tauschen uns regelmäßig aus, geben uns gegenseitig Tipps und unternehmen auch gemeinsam etwas“, erzählt Zunker. „Gerade Jugendliche sind im Wachstum oft verunsichert. Hier wollen wir unterstützen.“
Dies geschieht auch über die Mitgliederzeitschrift „Große Glocke“, die unter anderem Informationen zu gesundheitlichen Risiken und Problemen großgewachsener Menschen enthält oder über Hormonbehandlungen zur Wachstumsbremse aufklärt.
Große Menschen sind oft eher zurückhaltend
„Eine Hormonbehandlung stand bei uns aber nie zur Debatte“, betont Mareile Zunker. Sohn Alex ist mit 16 Jahren bereits 1,98 Meter groß und überragt Vater Andreas schon um drei Zentimeter. „Er wird eben so groß wie er groß wird.“
An ihre eigene Jugend erinnert, berichtet sie, dass sie als große Frau in der Gärtnerlehre oft schwerere Arbeiten als andere Lehrlinge zugewiesen bekam. „Großen Menschen wird oft einfach mehr zugetraut, was aber nicht unbedingt zutreffen muss.“
Vom Wesen her seien große Menschen eher zurückhaltend. „Da wir durch unsere Größe schon auffallen, brauchen wir nicht noch eine große Klappe“, scherzt Zunker. „Wir sind einfach oft der Orientierungspunkt für andere, zum Beispiel bei Ausflügen oder jetzt wieder auf dem Weihnachtsmarkt.“
Die Großen sind auch international vernetzt und halten Kontakt zu Partnervereinen in den USA, Großbritannien, den Niederlanden, Polen, Österreich und der Schweiz. Zum 70-jährigen Vereinsjubiläum findet im Mai nächstes Jahr ein einwöchiges Europatreffen in Berlin statt.
Klub langer Menschen
Weitere Informationen unter www.klub-langer-menschen.de.