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Lesung aus seinem Buch

Bestseller-Autor Bruno Preisendörfer reist in Bretten in Lutherzeit

Zurück in die Lutherzeit um 1500 geht es bei einer Lesung des Berliner Autors Bruno Preisendörfer in Bretten.

Der Berliner Autor Bruno Preisendörfer.
Der Berliner Autor Bruno Preisendörfer liest am 19. Juni in Bretten. Foto: Marcel Mischke

Auf Einladung des Brettener Vereins für Stadt- und Regionalgeschichte kommt der Berliner Autor Bruno Preisendörfer am 19. Juni nach Bretten, wo er um 19 Uhr im Bürgersaal des Alten Rathauses aus seinem Buch „Als unser Deutsch erfunden wurde“ lesen wird.

Hier geht es um eine Zeitreise in die Lutherzeit um 1500. Es ist aber kein Buch über den Reformator, sondern ein Einblick in das Leben, Wirken und den Geist dieser turbulenten Zeit. Doch wie entstand der „Bezug“ zu Bretten? Und was fasziniert den Autor generell an der Vergangenheit?

Das Gespräch führte Gerhard Meier-Röhn.

Was führt Sie mit Ihrer Buchlesung „ls unser Deutsch erfunden wurde“ ausgerechnet nach Bretten?
Preisendörfer

Philipp Schwarzerdt, der als Melanchthon in Bretten auf die Welt kam. Der persönlich zarte und geistig überragende Theologe und Philologe wird ja oft von der Tribunengestalt Luthers verdeckt. Dabei wurde die von Wittenberg ausgehende Reformationsbewegung maßgeblich und Maßstäbe setzend von Melanchthon geprägt. Übrigens auch in menschlicher Hinsicht. Er war ausgleichender als Luther.

Sie gelten inzwischen als Bestseller-Autor. Auch Ihr Buch „Als Deutschland noch nicht Deutschland war“ erfreut sich hoher Verkaufszahlen. Was reizt Sie beim Blick in die Vergangenheit?
Preisendörfer

Das Üben für die Gegenwart. Das Vergangene lässt sich nicht mehr verbessern, nur besser verstehen. Und dieses Verstehen ist handlungsentlastet. Wenn die Vergangenheit so weit zurückliegt, kann man eben nichts mehr für sie tun. Aber man kann das Handeln der Menschen der Vergangenheit analysieren, ohne dabei ein eigenes Handlungsrisiko einzugehen und ohne selbst Entscheidungen treffen zu müssen. Diese erkenntnisfördernde Entlastung ist bei der Auseinandersetzung mit und in der Gegenwart nicht möglich. In der Beschäftigung mit der Vergangenheit lernt man auch, im Guten wie im Bösen, sich über die Gegenwart zu wundern. Ein positives Beispiel: Zu Melanchthons Zeiten schleppten die Mägde das Wasser von den Stadtbrunnen in die Häuser. Heute drehen wir an einem Hahn, und, oh Wunder, es kommt tatsächlich Wasser heraus.

Sie beschreiben in Ihrem Buch im Detail das Leben der Lutherjahre um 1500 an der Schwelle vom Mittelalter zur Neuzeit. Auf was können wir gespannt sein?
Preisendörfer

Auf Schlimmes wie die Pest. Auf Schönes wie Zöpfe. Wir coronageplagten Zeitgenossen sind durch die Erfahrungen der letzten drei Jahre besser eingestimmt als zuvor, das Lebensgefühl in Pestzeiten nachzuempfinden. Und was die Zöpfe angeht: Der frisch verheiratete Luther zeigte sich, ganz gegen sein poltriges Naturell, entzückt davon, morgens beim Aufwachen die Zöpfe seiner Katharina neben sich auf dem Kopfkissen liegen zu sehen.

Neben Kultur-Historie haben Sie auch Alltagsgeschichten und Kuriositäten angekündigt. Welche Rolle spielt dabei die Melanchthonstadt Bretten?
Preisendörfer

Melanchthon ist im Buch neben Luther dauerpräsent. Eine historische Stadtführung durch Bretten kann ich jedoch nicht bieten. Aber das Alltagsleben ähnelte sich ja in den verschiedenen Städten, unterschied sich allerdings deutlich von dem auf dem Land. Jedenfalls werden Streiflichter auch auf Melanchthons Herkunftsstadt fallen – mit der gebotenen Vor- und Rücksicht. Schließlich geht man Risiken ein, wenn man als Stadtbesucher den Bewohnern ihre Stadt erklären will, und sei es nur historisch.

Nun beschreiben Sie gerade jene Jahre, auf die der historische Ursprung des Brettener Peter-und-Paul-Fest zurückgeht. Werden wir Peter und Paul in einem ganz neuen Blickwinkel betrachten?
Preisendörfer

Das ist für mich eine gefährliche Frage. In der ersten Auflage meines Buches habe ich in einer Anmerkung der Stadt Bretten statt des Peter-und-Paul-Festes das Mindelheimer Frundsbergfest zugeschrieben. Ich werde die Gelegenheit nutzen, in Bretten Abbitte zu leisten. Mit den Mindelheimern bin ich bereits ausgesöhnt.

Eine Abschlussfrage zur aktuellen Politik. Das Gendern ist im Begriff, die deutsche Sprache zu verändern. Gegner sprechen gar von einer Kulturrevolution. Wie beurteilen Sie die Entwicklung?
Preisendörfer

Von Kulturrevolution zu sprechen ist übertrieben. Außerdem halte ich eine gewisse Achtsamkeit im Ausdruck für angemessen. Bizarr wird es, wenn Moral in ein besserwisserisches und zugleich bigottes Moralisieren kippt. Außerdem werden oft die Problemebenen verwechselt. In bestimmten akademischen und auch medialen Milieus neigen die Leute dazu, Worte mit Tatsachen zu verwechseln und begnügen sich damit, zwar das Sprechen über die Verhältnisse zu verbessern, nicht aber die Verhältnisse selbst. Im Übrigen ist auch bei diesem Thema Humor hilfreich. So neu ist das alles ja nicht. Während meiner Zeit als Leiter einer Zeitschriftenredaktion, das war in den 90er Jahren, wurde schon über ‚politische Korrektheit‘ gestritten. Damals tauchte in einem Artikel der von mir verantworteten Zeitschrift die „KrankenschwesterIn“ auf. Mit der tröste ich mich über manche heutige Verirrung.

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