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Integration ist das Ziel

Die Zahl der Schüler in den Brettener Vorklassen nimmt deutlich zu

Wie ist es, ganz alleine in eine neue Klasse in einem fremden Land zu kommen? Die Johann-Peter-Hebel Gemeinschaftsschule zeigt, was die Vorbereitungsklassen für Lehrkräfte und Schüler bedeuten.

Mit Spaß und Freude: Spielerisch mit Bildern von Tieren bringt Svetlana Alimava den Erstklässlern der VKL die deutsche Sprache bei. Mit von der Partie ist ihre Handpuppe „Mr Mol“.
Spielerisch mit Bildern von Tieren bringt Svetlana Alimava den Erstklässlern der VKL die deutsche Sprache bei. Mit von der Partie ist ihre Handpuppe „Mr Mol“. Foto: Catrin Dederichs

Bunte Matten liegen im Kreis auf dem Boden der Mensa der Johann-Peter-Hebel Gemeinschaftsschule in Bretten. In der Mitte steht ein Adventskranz mit elektrischen Kerzen. Ein erster Junge kommt herein, schält sich aus Jacke und Mütze und setzt sich auf eine der Matten. Er ist vollkommen still.

Doch schnell wird es turbulent. Immer mehr Kinder kommen an, in der Luft hängt ein Stimmengewirr aus Ukrainisch, Bulgarisch, Kroatisch und Arabisch. Wenn alle da sind, sind es 24 Erstklässler, die Svetlana Alimava in einer der drei Vorbereitungsklassen (VKL) der Hebelschule unterrichtet. Yasmin Suchner vom Freiwilligendienst (FSJ) unterstützt sie.

Spielerisch bringt Alimava den Kindern die deutsche Sprache bei. Sie klatscht mit ihnen, zeigt Bilder von Giraffen und Löwen und erweckt Handpuppe „Mr Mol“ zum Leben. Außerdem lernen die Kinder, wie alle anderen Erstklässler auch, Lesen, Schreiben und Rechnen.

Mein Herzensanliegen ist, dass sie sich wohlfühlen.
Svetlana Alimava, Lehrerin der VKL

„Mein pädagogischer Auftrag ist, sie auf den Regelunterricht vorzubereiten“, sagt Alimava. „Mein Herzensanliegen ist aber, dass sie sich wohlfühlen.“ Der erste Eindruck in einem fremden Land sei extrem wichtig, damit sich die Kinder öffneten. Alimava weiß, wovon sie spricht. Sie selbst ist vor 17 Jahren aus Weißrussland nach Bretten gezogen.

Erstklässler Kristiyan erlebt gerade, wie schwer es ist, ganz neu irgendwo anzufangen. In einem fremden Land mit Menschen, die eine fremde Sprache sprechen. Und ohne seine geliebten Großeltern. Kristiyan ist an diesem Tag das erste Mal in der VKL. Zusammen mit seiner Mutter steht er im Eingang. Beide wirken sehr verunsichert.

Alimava geht auf sie zu. Sie holt einen Klassenkameraden, der wie Kristiyan mazedonisch spricht. Kristiyan aber weicht seiner Mutter nicht von der Seite. Die Lehrerin nimmt ihn an die Hand und führt ihn zu einer Matte. Verstohlen wischt sich der Junge ein paar Tränen aus den Augen. Immer wieder blickt er zurück zu seiner Mama.

Freiwilligendienstlerin unterstützt die Lehrerin im Unterricht

Der Unterricht beginnt. Mit einem Begrüßungslied „Super, dass du da bist“, starten die Kleinen in den Tag. Und sie haben jede Menge Ideen, wie das Lied auch anders klingen könnte: etwa als Zombie-Song oder als Roboter-Lied.

Danach wandert ein Ball von Hand zu Hand, dabei nennen alle Schülerinnen und Schüler ihre Namen. Auch Kristiyan macht mit. Ansonsten aber ist er vollkommen ruhig, während andere Kinder aufdrehen. Alimava ist gut damit beschäftigt, die Kleinen zu bändigen, und mit ihnen gleichzeitig Tiernamen wie Affe und Känguru zu üben.

Indes schleicht sich Kristiyan wieder raus zu seiner Mutter. Nun ist FSJ Yasmin Suchner zur Stelle. Beruhigend redet sie auf die beiden ein. Kristiyan kommt wieder mit.

Wir behandeln den normalen Stoff der Regelklasse. Wenn vielleicht auch nicht im selben Tempo.
Svetlana Alimava, Lehrerin der VKL

Nach dem eher spielerischen Teil stehen Mathe und Deutsch auf dem Stundenplan. „Wir behandeln den normalen Stoff der Regelklasse“, sagt Alimava, „wenn vielleicht auch nicht im selben Tempo.“ Das erklärte Ziel ist, dass die Kinder spätestens nach zwei Jahren in den normalen Unterricht wechseln.

Die Schüler lernen den Buchstaben „U“ kennen. Dazu baut Alimava verschiedene Stationen auf. Jedes Kind fährt den Buchstaben auf der Tafel mit Kreide nach. Sie malen ihn in Sand und formen ihn aus Knete. Auch Kristiyan knetet mit – seine Mutter kann jetzt nach Hause gehen.

Sehen und fühlen: Svetlana Alimava führt Kristiyan (gestreifter Ärmel) zur Tafel, wo er ein „U“ zeichnen soll. Währenddessen schreibt FSJ Yasmin Suchner mit anderen Kindern große und kleine Buchstaben in den Sand.
Svetlana Alimava führt Kristiyan (gestreifter Ärmel) zur Tafel, wo er ein „U“ zeichnen soll. Währenddessen schreibt FSJ Yasmin Suchner mit anderen Kindern große und kleine Buchstaben in den Sand. Foto: Catrin Dederichs

Die Hebelschule unterrichtet die VKL-Schüler nach dem teilintegrierten Modell. Das bedeutet, dass die Kinder täglich drei Stunden in der VKL sind und sich anschließend auf die anderen Klassen verteilen. Sie singen, malen und turnen also gemeinsam mit den Regelschülern. Insgesamt besuchen nach Aussage der stellvertretenden Schulleiterin Sandra Lamberger-Glaser knapp 50 Kinder eine Vorbereitungsklasse an der Hebelschule. Tendenz stetig steigend.

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