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Kommt das Bioenergiedorf?

Dürrenbüchiger tauschen sich mit Fachleuten über Nahwärme aus

Dürrenbüchig kann die Wende einleiten zu erneuerbaren Energien und sich unabhängig machen von fossilen Brennstoffen. Doch noch haben die Bürger Fragen.

Eine Frau in gelber Jacke steht inmitten eines Auditoriums bei einer Veranstaltung in Dürrenbüchig.
Interessiert: Alexandra Riegler ist eine von rund 60 Interessierten bei der Bürgerveranstaltung zum Thema Bioenergiedorf Dürrenbüchig. Sie fragt nach Referenzorten, um Rückschlüsse aus den Erfahrungen anderer ziehen zu können. Foto: Tom Rebel

Im August hat Frank Kremser gesagt, er trommle fürs Bioenergiedorf Dürrenbüchig. Jetzt bekam der Ortsvorsteher mehrköpfige Verstärkung, um für erneuerbare Energien zu werben. Ins Gemeinschaftshaus Dürrenbüchig waren neben Brettens Bürgermeister Michael Nöltner (CDU) Fachleute aus dem Sektor der privaten und öffentlichen Energie- und Umweltberatung gekommen.

Sie verglichen Varianten zum Betrieb eines Nahwärmenetzes, erläuterten deren Vorteile und beantworteten Bürgerfragen. Einige von ihnen zeigten sich an einem Anschluss interessiert. Ob aber genügend Anmeldungen zusammenkommen, ist offen.

Projektmanager erläutert Funktionsweise der Nahwärme

Eine Nahwärmeversorgung besteht aus den drei Komponenten der Energiezentrale wie einem Hackschnitzelwerk, einem Leitungsnetz für erhitztes Wasser und aus häuslichen Stationen zur Wärmeübergabe und Speicherung, erläuterte der Projektmanager der Umwelt- und Energieagentur (UEA), Matthias Reuter. Pufferspeicher decken oft Wärmespitzen ab. Weil in Dürrenbüchig kein Gas liege, sei der Stadtteil ausgesucht worden.

Standort für die Heizzentrale und Solarmodule soll das Gelände zwischen Bundesstraße und Bahnlinie werden, zu sehen im Satellitenbild auf der Homepage der UEA. Reuter nannte vorweg wesentliche Gründe für Nahwärmenetze.

Nahwärme ist geräusch- und wartungsfrei

So seien ab 2026 reine Heizölkessel „praktisch verboten“. Dagegen halte man als Hauseigentümer mit dem Anschluss stets gesetzliche Vorgaben ein. Der Anschluss verursache weder Geräusche, noch brauche er eine Feuerstelle oder den Raum einer Heizung und sei so wartungsfrei.

Reuters Kollege Simon Kostelecky informierte über Photovoltaik-Anlagen, von denen es bislang fünf auf Dürrenbüchiger Dächern gibt. Matthias Haas, Gebäude- und Energieberater, erläuterte diverse Fördermöglichkeiten. Wichtig sei, Handwerkeraufträge erst nach dem Antrag auf Zuschuss und dessen Bewilligung zu vergeben.

Wärme biete mit 90 Prozent des Gesamtenergiebedarfs laut Franz Bruckner das größte Sparpotenzial. Er ist Mitinhaber der Wieslocher Firma UBP. Diese ist tätig als Projektentwicklerin im Bereich Erneuerbare Energien und beim Betrieb von Nahwärmenetzen. Bruckner schilderte, dass rund 75 Prozent der Gebäude in Dürrenbüchig vom Baujahr 1990 oder älter seien.

Das ergebe entsprechendes Potenzial fürs Nahwärmenetz. Dieses werde Wärme über drei Leitungstrassen mit rund vier Gesamtkilometern in alle Häuser transportieren können. Der Stadtteil habe einen Gesamtbedarf von rund 5.250 Kilowattstunden.

Ein Vergleich dreier Varianten und eine Empfehlung

Am Ende ihres detaillierten Vergleichs dreier Varianten empfahlen Bruckner und seine Tochter, Wirtschaftsingenieurin Beate Bruckner, eine Hackschnitzelanlage mit zwei Kesseln und solarthermischen Modulen als die günstigste. Laut Beate Bruckner kostet ein Anschluss rund 15.000 Euro.

Die zweite vorgestellte Variante, das sogenannte MEFA-System mit Wärmepumpe, komme deutlich teurer, da trotz eigener PV-Anlage noch 75 Prozent Strom hinzugekauft werden müssten. Die dritte Variante der Tiefengeothermie „kann eine wunderbare Option sein“, so Franz Bruckner, ihre Realisierung vor Ort stehe aber noch Jahre aus.

Für alle Varianten sei aber, betonte Nöltner, immer ein Leitungsnetz im Ort Voraussetzung. Darum warb der Bürgermeister um Unterzeichnung der Absichtserklärung auch dann, wenn man den eigenen Anschluss erst in mehreren Jahren plane. „Sonst kommt die Quote nicht zustande.“ Eigene Lösungen seien aber vor dem Hintergrund des Klimageschehens, der Abhängigkeit von teurem Gas und volatilen Weltmarktpreisen für fossile Brennstoffe nicht zukunftsträchtig.

Die Investitionen ins Nahwärmenetz rechnen sich ab einer Beteiligung von rund 70 Prozent aller Dürrenbüchiger. Bis Ende Januar nimmt die Ortsverwaltung Absichtserklärungen entgegen. Diese seien unverbindlich, da sie noch keinen Liefervertrag darstellten. Erhältlich sind sie bei der UEA im Technischen Rathaus Bretten. Im Februar werde über das Nahwärmenetz entschieden, so Reuter, 2023 erfolge die Detailplanung und die Umsetzung dann voraussichtlich 2024 bis 2026.

Am Ende umringten Fragende die Redner. So wollte Kathrin Nagel wissen, ob ihr Haus, Baujahr 1912, die Voraussetzungen überhaupt erfülle. Andreas Germer interessierte, ob Abwärme aus Fabriken zumindest künftig nutzbar werde. Andere stellten Fragen nach Übergangslösungen, wenn die alte Ölheizung binnen der zwei Jahre bis zur Umsetzung des Netzes abrauchen sollte und anderes mehr.

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