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Europäischer Tag der jüdischen Kultur

Ein Teller wird zum Symbol der Erinnerung an die jüdische Kultur in Bretten

Es war reich und bereichernd, das jüdische Leben in der Region. Dann kamen die Nazis, die Synagogen brannten, Juden wurden vertrieben, gejagt, ermordet. Die Erinnerungen wird zum Europäischen Tag der jüdischen Kultur wachgerufen. Auch in Bretten.

Rund 20 Menschen stehen an einer Straße, eine Frau in der Mitte erklärt.
Spuren der Geschichte: Heidemarie Leins bei der Führung durch die Weißhoferstraße in Bretten. Foto: Tom Rebel

Von Florian Ertl

Seit nunmehr 30 Jahren begehen in mittlerweile mehr als 33 Ländern zahlreiche Menschen den Europäischen Tag der jüdischen Kultur. Der Aktionstag, der immer am ersten Sonntag im September stattfindet, soll dazu dienen, das europäische Judentum, seine Geschichte, Traditionen und Bräuche besser kennenzulernen. Zu diesem Anlass organisiert Heidemarie Leins vom Verein für Stadt- und Regionalgeschichte Bretten Führungen und Vorträge zu Stätten der jüdischen Kultur in der Melanchthonstadt.

Nachdem der Aktionstag im Vorjahr auf dem Brettener Judenfriedhof im Windstegweg stattfand, war der diesjährige Startpunkt die Weißhofer Galerie. Gegen 15 Uhr sammelten sich dort die etwa 20 Teilnehmer der Führung.

Eine Straße zeugt von der jüdischen Vergangenheit Brettens

Corona-bedingt wurde die Teilnehmerzahl auf diese relativ kleine Zahl beschränkt und Interessierte mussten sich im Vorfeld der Veranstaltung rechtzeitig anmelden, ehe alle Plätze ausgebucht waren. Gekommen waren dennoch Brettener aller Altersstufen.

Leins führte die Gruppe entlang der Weißhoferstraße, vorbei an mehreren Häusern und Grundstücke die einst in jüdischem Besitz, oder Standort für Geschäfte jüdischer Bürger waren. Hierbei beleuchtete die ehemalige Brettener Gemeinderätin ganz gezielt die tragischen und bewegenden historischen Lebensgeschichten der Menschen, die die Straße einmal bewohnten. Leins erzählte dabei aber nicht nur von der Unterdrückung der jüdischen Familien und Händlern während der NS-Diktatur, sondern auch von Opfern der Euthanasie oder Personen, die aus politischen Gründen verhaftet wurden.

Mit Fotos, die Weißhoferstraße zu Anfang des 20. Jahrhunderts zeigten, Texten und Berichten von Zeitzeugen veranschaulichte Leins den Teilnehmern die Lebensumstände der Menschen zur damaligen Zeit. Vor allem die Schilderung der schrittweisen Unterdrückung der jüdischen Bevölkerung sorgte bei den Teilnehmern des Stadtspaziergangs für Unverständnis und Empörung.

Immer wieder werden gestohlene Erinnerungsstücke gefunden

So berichtete Leins, dass im Jahr 1938 ein Gesetz erlassen wurde, das es allen Juden vorschrieb ihren Namen so zu ändern, oder zu ergänzen, dass man diese an diesem gleich identifizieren konnte. Die Juden konnten dabei nur auf einen Namen für jedes Geschlecht zurückgreifen. Jüdische Männer mussten den Zweitnamen Israel annehmen, jüdische Frauen hießen von nun an immer Sarah.

Am Ende der Veranstaltung kam es abschließend zu einem besonderen Ereignis. Hannelore Leitz übergab Heidemarie Leins einen alten Teller, den einer ihrer Vorfahren aus dem jüdischen Haushalt der Familie Koppel gestohlen hatte. Leins erzählte daraufhin, dass es immer wieder zu diesen Funden käme, bei denen Nachfahren jüdischen Besitz im Nachlass ihrer Verwandten finden.

Erst vor kurzem sei in einem Oberderdinger Haushalt ein Herd aus der jüdischen Familie Wertheimer aufgetaucht. Jeder Fund, der dabei an offizielle Stellen gegeben werde, sei wichtig, um weiterhin an die Schicksale zu erinnern, die mit den Gegenständen in Verbindung stünden.

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