Eine skurrile Veranstaltung hat sich am Sonntagvormittag in Bretten zugetragen. Während in Berlin die Spitzenvertreter der Bundesrepublik sowie zahlreiche Hinterbliebene der 80.000 Opfer der Corona-Pandemie gedachten, versammelte sich auf dem Marktplatz eine Gruppe von rund 50 Personen demonstrativ zum Sonntags-Brunch.
An mitgebrachten Campingtischen wurde auf Klappstühlen fürstlich gespeist, sogar Tischdecken und Blümchen gab es. Dass es sich um eine konzertierte Aktion und keineswegs um eine Spontankundgebung handelte, war offensichtlich.
Und auch, welch Geistes Kinder die „Demonstranten“ waren, dokumentierte der Initiator der Aktion, ein einschlägig bekannter Knittlinger, mit seiner Schildmütze, die den Code der QAnon-Verschwörungsanhänger trug.
Polizei schritt bei Versammlung in Bretten nicht ein
Der „Sonntags-Brunch“ schloss sich unmittelbar an die sogenannte „Meditation“ an, die eine kleine Gruppe von Corona-Leugnern seit einem Jahr jeden Sonntag auf dem Marktplatz der Melanchthonstadt abhält. Die Akteure waren weitgehend dieselben. Doch während die „Meditation“ unter Corona-Auflagen genehmigt ist, war dies für das anschließende Frühstück nicht der Fall, wie das Brettener Ordnungsamt bestätigte.
Die Polizei schritt dennoch nicht ein, weil auch für eine nicht angemeldete Versammlung unter bestimmten Voraussetzungen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit greife, wie der Brettener Polizeichef Bernhard Brenner erklärte. Und auch, weil eine Räumung des Marktplatzes aufgrund der Rechtslage wegen fehlender Verhältnismäßigkeit nicht in Frage gekommen sei.
Man werde in der Sache jedoch weiter ermitteln und das vorliegende Bild- und Videomaterial auswerten, hieß es. Verstöße gegen geltendes Recht würden angezeigt.
Nach Versammlung in Bretten drohen Bußgelder bis 25.000 Euro
Dies bestätigte auch Simon Bolg, der Leiter des Brettener Ordnungsamts. „Eine Demonstration wäre unter Corona-Auflagen erlaubt gewesen, hätte aber vorher angemeldet werden müssen, bei einer Spontankundgebung muss dies nicht der Fall sein“, erklärte Bolg. Jetzt gelte es zu klären, wie diese Veranstaltung rechtlich zu bewerten sei.
Auch die Teilnehmer würden ermittelt und müssten mit Konsequenzen rechnen. Die Stadt ermittle, ob es sich um Ordnungswidrigkeiten oder sogar um Straftaten handelt. Je nachdem drohten Bußgelder bis zu 25.000 Euro.
Brettener Stadtrat entsetzt über Veranstaltung am Gedenktag
Der Brettener Stadtrat Tom Rebel, der am Marktplatz wohnt, äußerte sich entsetzt über das Happening, ausgerechnet am Gedenktag für die Corona-Toten. Das sei nur furchtbar gewesen, „man tritt die Opfer mit Füßen“, sagte er. Wie auch andere bestätigt Rebel den Eindruck, dass es sich bei den Teilnehmern wohl um Corona-Demonstrations-Touristen handelte.
Bekannte Brettener Gesichter hatte er auf dem Marktplatz jedenfalls nicht gesehen. Auch der Brettener Oberbürgermeister Martin Wolff missbilligte die Veranstaltung scharf, das sei just an diesem Gedenktag ein Schlag ins Gesicht der Angehörigen gewesen, sagte das Stadtoberhaupt.