Im VW unterwegs, bis das Geld ausgeht: Regio-Autor Heiko Wacker bringt Hippie-Abenteuer nach Bretten
Jürgen Schultz hockt am Steuer seines VW-Käfers, zu seiner Rechten sitzt sein Kumpel. In Memmingen im Allgäu geht es los. Das Duo düst so lange um die Welt, bis es die Hälfte seines Geldes verbraten hat. In Indien ist es so weit. Bei Varanasi drehen die beiden deshalb um und fahren zurück nach Deutschland. Wieder in Memmingen landet der Käfer auf dem Schrott.
Der Indien-Trip liegt mehr als 50 Jahre zurück. Es war Schultz’ erste von unzähligen Reisen in die Ferne. Bis heute ist der Volkswagen – mal Käfer, mal Bulli – sein treuester Begleiter.
Der Journalist Heiko Wacker aus Östringen hat ein Buch geschrieben über Schultz, dessen Leben mit langer Mähne, Vollbart und schrillen Klamotten. Am Samstag, 1. April, liest der Autor aus „Im Bulli auf dem Hippie Trail“ im Gugg-e-mol-Theater in Bretten.
Mit zahlreichen Bildern aus Indien, Afghanistan, Iran oder Pakistan veranschaulicht Wacker die Abenteuer. Mal zeigt er einen Elefanten, der mit einem Baumstamm im Rüssel vor dem Memminger VW-Bus herläuft. Dann wieder zwei zusammengebundene Boote, die den Bulli gemeinsam übers Wasser bringen. Oder auch Schultz im Gespräch mit Ureinwohnern.
Zudem hat Wacker allerhand Exponate dabei. Auto-Ersatzteile aus Kabul bringt er ebenso mit nach Bretten wie einen Benzinkocher oder Schultz’ Original-Nummernschild aus Paris.
2013 entdeckt der Journalist den ausrangierten Bus mitsamt Schraubendrehern, Kochgeschirr und kunterbunten Sitzbezügen in einem Museum in Bad Wildbad. „Irre, darüber will ich eine Geschichte schreiben“, denkt er sich. Also ruft er bei Schultz an – und kassiert zunächst eine Absage. „’Mein Auto ist nichts Besonderes’, hat Jürgen gesagt und gleich aufgelegt“, erzählt Wacker.
Doch als Journalist ist er hartnäckig. Irgendwann hat er den Mann dann doch so weit, dass sich die beiden treffen. Aus einmal wird zweimal, sie telefonieren immer wieder. Am Ende besucht Wacker Schultz dreieinhalb Jahre lang in unregelmäßigen Abständen.
Sie blättern in privaten Fotoarchiven und wühlen in Erinnerungen. „Dabei ist ihm immer mehr eingefallen, es war wie ein Freilegen von Schichten.“ Für Wacker ist bald klar: Für eine Geschichte ist das viel zu viel, das wird ein Buch.
Aber Jürgen wollte die Tochter nicht haben. Bis heute ist er Single.Heiko Wacker, über das Angebot, den Bulli gegen eine Frau zu tauschen
Denn Schultz weiß zahllose Anekdoten zu erzählen. Etwa die, dass er einmal per Autostopp von Indien bis nach Bayern zurück kam. Oder jene, dass ein Polizeipräsident vorschlug, die eigene Tochter gegen den Bulli von Schultz einzutauschen. „Aber Jürgen wollte die Tochter nicht haben“, sagt Wacker. „Bis heute ist er Single.“
Das Geld für seine vielen Reisen verdient Schultz als Verkäufer bei VW. Das kann er in Berlin genauso gut wie in Paris oder anderswo auf der Welt. „Bis heute kann Jürgen deshalb noch etliche Teilenummern herunterbeten“, sagt Wacker.
Inzwischen ist der Hippie zwar ruhiger geworden, lange Haare und Bart trägt er aber noch immer. Am 12. April feiert Schultz seinen 81. Geburtstag. Wacker will bei seiner Lesung einen Karton mit Karten aufstellen. Wer mag, kann dort einen Geburtstagsgruß für Jürgen Schultz hinterlassen.
Service
Die Lesung ist am 1. April um 20 Uhr im Gugg-e-mol-Kellertheater in Bretten. Einlass ab 19 Uhr, der Eintritt ist frei.