Wie ist es um die Betreuung und Bildung der Allerjüngsten in Oberderdingen bestellt? Wie groß ist die Nachfrage, reichen die Plätze und gibt es genügend Personal in den Kindertagesstätten?
Diese Frage treibt alle Kommunen im Land in jedem Frühjahr um, denn es gilt, die Weichen dafür zu stellen, zu Beginn des neuen Kindergartenjahrs im Herbst ausreichend Plätze für die Kids bis und ab drei Jahren zu stellen. U3 und Ü3 lauten dafür die Kategorien.
Bürgermeister Thomas Nowitzki informierte den Gemeinderat über den akuten Bedarf an Kindergartenplätzen in Oberderdingen in der jüngsten Sitzung.
Wachsende Geburtenzahlen und starker Zuzug führen zu Kita-Problem in Oberderdingen
Der steigende Bedarf ergibt sich durch wachsende Geburtenzahlen und einen verstärkten Zuzug junger Familien in die Gemeinde. Hinzu kommt der Wunsch berufstätiger Eltern nach längeren Öffnungszeiten. „Das trägt dazu bei, dass überall Kitas erweitert und neue gebaut werden“, erklärt der Bürgermeister. Doch leider könne die Ausbildung der benötigten Fachkräfte mit dieser Entwicklung in Baden-Württemberg nicht Schritt halten.
40.000 Fachkräfte fehlen in Baden-Württemberg
Denn laut Prognose des Kommunalverbands Jugend und Soziales (KVJS) werden bis 2025 in Baden-Württemberg zusätzlich 24.240 neue Fachkräfte benötigt. Hinzu kämen noch rund 15.500 Fachkräfte, um diejenigen Erzieherinnen und Erzieher zu ersetzen, die in andere Berufe wechseln oder in Ruhestand gehen.
Die Fluktuationsrate auf diesem Sektor sei enorm hoch, so Nowitzki weiter. Somit fehlten im Land für die U3- und die Ü3-Betreuung in Summe 40.000 Fachkräfte. Wie dies ausgeglichen werden kann, sei derzeit nicht ersichtlich.
Dem gegenüber stünden steigende Geburtenzahlen, die sich spätestens seit 2016 auf einem sehr hohen Niveau bewegen. Nowitzki belegte dies mit Zahlen des Gemeindetags. Denen zufolge ist die Zahl der Kinder in den Tageseinrichtungen in Baden-Württemberg seit 2007 um 20 Prozent gestiegen, der Zuwachs bei den Kleinkindern bis drei Jahren betrug sogar fast 200 Prozent.
Beim pädagogischen Personal betrug der Zuwachs in diesem Zeitraum knapp 115 Prozent, während die Ausgaben um fast 300 Prozent in die Höhe geklettert sind – von 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2007 auf 4,7 Milliarden anno 2021.
Lösung für die Kitas in Oberderdingen: Flexiblere Gruppengröße
Angesichts dieser dramatischen Zahlen habe der Gemeindetag ein Positionspapier erstellt, einen Kita-Fahrplan, der Lösungswege vorschlägt, um die Situation bis 2025 zu bewältigen, führte der Verwaltungschef weiter aus. Als Lösungswege habe der Gemeindetag vorgeschlagen, die Gruppengröße flexibler zu gestalten und befristet ein oder zwei Kinder mehr pro Gruppe zu erlauben.
Dies sei ja jetzt bereits im Blick auf die Kinder aus der Ukraine möglich. Gleichzeitig soll der Mindestpersonalschlüssel um bis zu 20 Prozent unterschritten werden dürfen. Auch neue Vertretungsregelungen und Maßnahmen zu Qualifizierung und Ausbildung gehören zum Konzept. Eine landesweite Kampagne soll helfen, zusätzliches Personal zu gewinnen.
In Oberderdingen erwarten die Verantwortlichen ab Herbst in den Kitas ein Defizit von rund 30 Plätzen. Auffangen könne man dies mit den Plätzen, die gerade mit dem Neubau des Flehinger Kindergartens St. Martin entstehen. Zusätzlich müsse man aber als Interimslösung auch die Betreuung in der alten Schlossgartenhalle weiterführen.
Damit könne man den Bedarf decken. „Das bedeutet aber, dass Eltern aus Großvillars oder Oberderdingen im Einzelfall auch mit einer Einrichtung in Flehingen Vorlieb nehmen müssen“, sagte Nowitzki. Sobald die Zahlen überprüft und belastbar seien, soll der Kindergartenausschuss einberufen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.