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Verfasser des „Heidelberger Katechismus“

Kurfürst warf ihn aus der Heidelberger Universität 

Ein Vortrag in Bretten beleuchtet Leben und Wirken des Melanchthon-Schülers Zacharis Ursinus. Er war Mitbegründer der reformierten Gegner Luthers. Wie groß ist seine Bedeutung heute?

Eine beleuchtete Leinwand steht in einem Kirchengebäude. Ein Mann spricht zu einem Publikum, das von hinten zu sehen ist.
Michael Landgraf nimmt die Zuhörer mit in die bewegte Zeit der Reformation. Foto: Monika Eisele

Vor 450 Jahren starb in Neustadt an der Weinstraße ein Mann, dessen Wirken bis ins damals kurpfälzische Bretten reichte. Über den Verfasser des „Heidelberger Katechismus“, Zacharis Ursinus, hat der evangelische Theologe und Schriftsteller Michael Landgraf in einem Vortrag vor rund 20 Zuhörerinnen und Zuhörern im Brettener Melanchthonhaus gesprochen.

Es ist die Zeit der Reformation. Eine Zeit der Wirren, Kriege und Umbrüche. Der Buchdruck war noch nicht ganz 100 Jahre alt und eröffnete bis dahin ungeahnte Möglichkeiten. „Ähnlich wie es heute mit der Digitalisierung geschieht“, verglich Landgraf die Wirkung damals und heute.

Geistliche begehrten gegen die bis dahin unangefochtene römisch-katholische Kirche auf, die es als solche aber noch gar nicht gab. Zu Ursinus Zeiten wurden ihre Anhänger als „Altgläubige“ bezeichnet. Erst auf dem Konzil von Trient zwischen 1545 und 1563 entstand der Katholizismus als Abgrenzung und Reaktion auf die Reformbewegung.

Die frühen Protestanten waren sich nicht einig

Aber auch diese war sich durchaus in etlichen Fragen nicht einig. Da gab es natürlich Martin Luther, seine Thesen und Bibelübersetzung und seine Anhänger, die sich mehr oder weniger streng an seine Glaubensgrundsätze hielten. Es gab aber auch Reformierte, vor allem in der Schweiz um Huldrych Zwingli und Johannes Calvin, an dessen Vorbild sich der junge Ursinus orientieren sollte.

Denn während seiner Studienzeit verschlug es Ursinus auf Anraten seines Professors Philipp Melanchthon unter anderem in die Schweiz. Der Streit zwischen Lutheranern und Reformierten entzündete sich beim Disput zwischen Luther und Zwingli und der Frage nach dem Abendmahl: Ist Jesus beim Abendmahl wirklich gegenwärtig, wie Luther sagte, oder ist das Abendmahl eine Erinnerung an Jesus, so Zwinglis Deutung.

Unterschiedliche Meinungen gab es zudem darüber, ob in Kirchen Bilder hängen sollten oder nicht und wie die Dreieinigkeit zu interpretieren sei. Welch zerstrittener Haufen die Protestanten waren, bekam Ursinus zu spüren, als er 1558 zurück nach Breslau kam, wo er 1534 geboren wurde. Dort konnte er nicht unterrichten, weil die Stadt- und Kirchenoberen die reformierten Lehren ablehnten.

Ursinus promovierte an der Heidelberger Universität

1561 berief Kurfürst Friedrich III., der sich für das reformierte Bekenntnis entschieden hatte, Ursinus an die Universität Heidelberg, an der er im Jahr darauf zum Doktor der Theologie promovierte. Im Auftrag des Kurfürsten schrieb er 1563 den „Heidelberger Katechismus“, eine Kirchen- und Schulordnung und die wohl bedeutendste Bekenntnisschrift der reformierten Kirche in Deutschland, die in 40 Sprachen übersetzt wurde.

Als Friedrich starb, verlangte dessen Nachfolger Ludwig VI. von den Theologen und Predigern der Kurpfalz, dem reformierten Bekenntnis abzuschwören und das Luthertum anzuerkennen. Weil Ursinus und andere Gelehrte sich weigerten, mussten sie die Universität Heidelberg verlassen. Am Casimirianum in Neustadt fand er eine neue Lehrstätte und in der dortigen Stiftskirche seine letzte Ruhe. Die Bedeutung seines Wirkens wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass es heute weltweit mehr Reformierte als Lutheraner gibt.

Den Zuhörern wurde ein interessantes Stück Religionsgeschichte geboten, leider sei die Akustik im Saal des Melanchthonhauses schlecht, bedauerte Zuhörerin Hildegard Macke. Von Haus aus katholisch sei sie sehr interessiert an Kirchengeschichte. Sie findet es schade, dass sie in der Schule nicht mehr über andere Religionen gelernt hat. Annette Bräuning macht Führungen in Bretten und ist immer interessiert. Ebenso wie ein weiterer Besucher, der das Angebot der Melanchthon-Akademie sehr schätzt. „Sonst gibt es in der Region nichts Vergleichbares“, sagte er.

Am 21. Oktober veranstaltet die Melanchthon-Akademie eine Exkursion nach Neustadt an der Weinstraße.

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