
Über 30 Grad plus draußen sind im klimatisierten Auto oder Büro erträglich. Anders stellt sich das für Bauarbeiter, Gärtner und jene dar, die körperlich schwer im Freien arbeiten müssen.
Arbeitsschutzvorschriften verlangen, dass Arbeitgeber Gefahren für ihre Teams auch in Bezug auf Hitze beurteilen und entsprechend handeln. Wie stehen Brettener Arbeitgeber also zum Vorschlag einer Siesta und welche Hürden gäbe es?
Hitzschlag oder Sonnenstich seien keine Banalitäten, warnt der Brettener Hausarzt und Stadtrat Joachim Leitz. Ausreichend richtige Flüssigkeit mit Mineralsalzen und Spurenelementen helfe beim Vorbeugen.
Bei der Stadt fangen manche um 6 Uhr an und gehen früher heim
Das Thema sei im Rathaus „durchaus relevant“, sagt Marcel Winter, Pressebeauftragter der Stadt Bretten. Im Sommer können Mitarbeitende prinzipiell um 6 Uhr mit der Arbeit beginnen. Es gelten Gleitzeiten. „Viele städtische Mitarbeitende machen Gebrauch vom frühen Arbeitsantritt“, so Winter.
Im Juli und August sei während der Gleitzeit Dienst zwischen 6 und 18.30 Uhr möglich von montags bis donnerstags, nur freitags bis 15 Uhr, so Winter. „So kommen einige schon zwischen 14 und 15 Uhr nach Hause.“
Verwaltungsmitarbeiter können zudem Überstunden aus kühlen Jahreszeiten im Sommer abbauen. Aber nicht alle profitieren von den Gleitzeitregeln. Wer im Kundenkontakt tätig ist, muss die Stellung halten, wie die Mitarbeiterinnen im Bürgerbüro.
Mitarbeiter am Bau machen bei Harsch in Bretten lieber mehrere Pausen
In der Wahl ihrer Dienstzeit sind auch Erzieherinnen oder Schulsekretärinnen eingeschränkt, sagt Winter. In Abhängigkeit von elterlicher Alltags-Taktung und deren Arbeitszeiten sind Kinderbetreuungszeiten nicht ohne Weiteres zu ändern.
Beim Brettener Bauunternehmen Harsch sind grundsätzlich flexible Arbeitszeiten denkbar, teilt für deren Pressestelle Katharina Bojke mit. Dabei müssten aber Rahmenbedingungen berücksichtigt werden. Auch hier ist die Vereinbarkeit von Kinderbetreuungszeiten mit etwaiger Schichtarbeit schwierig.
Bei Harsch wie bei der Stadt fangen manche Mitarbeitenden bei Hitze um 6 Uhr an. Der Bauhof könne da ebenso gießen, wie es Gärtner ohnehin tun. Doch sowohl die Stadt wie auch die Firma Harsch oder der Garten- und Landschaftsbauer Markus Mohr aus Gondelsheim verweisen auf den Lärmschutz. Laute Tätigkeiten dürften erst nach 7 Uhr beginnen.
Eine Mittagspause im Container ist doch keine Erholung.Wolfgang Kreis.
Bezirksvorsitzender der IG Bau
Abweichende Arbeitszeiten erforderten sorgfältige Planung und Absprache mit dem Polier oder Bauleiter, so Harschs Marketing-Chefin Bojke. Längere Pausen seien aber ebenfalls möglich, nach Bedarf.
Auf Baustellen und Feldern ist es laut Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Bezirksverband Nordbaden schwierig, mehrstündige Siesta zu halten. „Ein Mittagsschlaf in einem Container ist doch keine echte Erholung“, sagt etwa der IG Bau-Bezirksvorsitzende Wolfgang Kreis.
Bei Harsch werden mehrere kurze Pausen gemacht, „insbesondere bei physisch besonders anspruchsvollen Tätigkeiten“, so Bojke. Erfahrene Mitarbeiter ruhen bei belastenden Arbeiten nach Bedarf.
Gewerkschaft schlägt Ausfallgelder vor
Da Hitze auch zu wetterbedingten Ausfällen führen kann, regt man bei Harsch an, über eine Ausdehnung des Schlechtwetter-Zeitraums auf die Sommermonate nachzudenken. Zu beachten sei aber, dass dies mit Lohneinbußen einhergehe. „Darum wird das nur in einem gewissen Rahmen realisierbar sein“, gibt Marketing-Chefin Bojke zu bedenken.
Ähnliches verlautet seitens der IG Bau. „Wenn das Thermometer die 40 Grad-Grenze schrammt, gibt es nur eines: runter vom Bau oder vom Feld. Für die fehlende Arbeitszeit sollte mit staatlichen Hilfen Ausfallgeld bezahlt werden“, so der IG Bau-Bezirksvorsitzende Kreis.
Als Selbstständige sehen es Gärtner Mohr und Bio-Landwirt Heiko Leis so: Wer sich bei Hitze mit schweren Arbeiten „draußen quält, ist selber schuld“, so Mohr. Wie Leis meiden Mohr und sein Team die Hitze, indem sie bei Höchsttemperaturen Arbeiten im Schatten oder drinnen vorziehen.
Sommer gab es schon immer.Markus Mohr
Garten- und Landschaftsbauer aus Gondelsheim
Leis mäht das Gras um die Zäune seiner Hühner am Morgen. Mohr arbeitet an Pflasterflächen im Schatten oder macht mit Team um 15 Uhr Feierabend. „Da wir in der Regel täglich achteinhalb Stunden arbeiten, können wir auch mal um 14 Uhr Schluss machen, wenn die Hitze drückt“, sagt Mohr. „Aber dieses Jahr hatten wir erst ein paar Tage über 35 Grad.“
Zudem erleichterten viele Geräte heute die Arbeit. Sein Traktor sei klimatisiert, sagt Leis. Mohr meint: „Sommer gab es schon immer.“ Eine Regelung über eine Siesta wäre für ihn „das Schlimmste“, sagt Mohr und winkt ab.