Seit Mai 2020 demonstrieren sie Sonntag für Sonntag in Bretten mit einer „Meditation für Freiheit“ gegen die Corona-Auflagen. Jetzt hat das Amtsgericht Bretten den Veranstalter und vormaligen Leiter der „Meditationen“, Günther S., zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen a 30 Euro verurteilt.
Der Grund: Er hatte zum wiederholten Mal die Auflagen des Ordnungsamtes missachtet, die dem Versammlungsleiter und den Ordnern vorschreiben, während der Veranstaltung einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen.
Das Ordnungsamt und die Polizei in Bretten hatten vier Vorfälle in Bretten im November und Dezember 2020 sowie im Januar 2021 angezeigt, die Staatsanwalt Thomas Röber zur Anklage brachte. Er hielt dem 66-jährigen Brettener vor, gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben. Als Versammlungsleiter trage er eine besondere Verantwortung für die Einhaltung der Vorschriften.
Richter muss Verteidiger zwei Mal auffordern, Maske über die Nase zu ziehen
Verteidiger Sebastian Kägebein, den der Richter in der Verhandlung zweimal bat, den Mund-Nasen-Schutz über die Nase zu ziehen, räumte ein, dass sein Mandant in diesen vier Fällen zeitweise keine Maske getragen habe. Er sei aber aus gesundheitlichen Gründen von der Maskenpflicht befreit und davon ausgegangen, dass er keine Maske tragen müsse.
Zu keinem Zeitpunkt habe es zudem von Seiten der Behörden klare Hinweise gegeben, dass sein Mandant den Mund-Nasen-Schutz trotzdem tragen müsse, behauptete der Verteidiger, man habe ihn bewusst „ins Messer laufen lassen“.
Dem widerspricht Simon Bolg sehr deutlich. Der Leiter des Brettener Ordnungsamtes war zwar als Zeuge geladen, wurde aber in der Verhandlung nicht gehört, weil sich Richter, Staatsanwalt und Verteidigung auf ein Verfahren geeinigt hatten, das keine Beweisaufnahme mehr nötig machte.
„Der Veranstalter der Meditation für Freiheit bekam vor jeder der mittlerweile mehr als 60 Versammlungen bei einem Kooperationsgespräch vorab die Auflagen überreicht und wurde jedes Mal auf die Pflicht zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes hingewiesen“, erklärte Bolg auf Nachfrage.
Verteidiger hält pauschale Maskenpflicht für rechtswidrig
Der Verteidiger behauptete dagegen, sein Mandant habe im guten Glauben gehandelt, mit dem ärztlichen Attest in der Tasche nichts falsch zu machen. Im übrigen halte er die Auflagen der Stadt für rechtswidrig, weil die pauschale Verordnung von Masken ohne Ausnahmeregelung unverhältnismäßig sei.
Auf dieses juristische Glatteis wollte sich Richter Fabian Weise allerdings nicht locken lassen. Selbst wenn die Anordnung rechtswidrig gewesen wäre, hätte sie befolgt werden müssen, stellte er fest, für einen Widerspruch hätte der Rechtsweg beschritten werden müssen. Doch Weisse hielt die Anordnung keineswegs für rechtswidrig. Und weil die Verteidigung die Vorwürfe nicht bestritt, konnte sich das Gericht die Befragung der vorgesehenen sechs Zeugen ersparen und sich nur noch mit den Rechtsfolgen beschäftigen.
Staatsanwalt Röber hielt eine Geldstrafe von 1.500 Euro für angemessen, Verteidiger Kägebein forderte Freispruch. Amtsrichter Weisse hielt dem Angeklagten seine weiße Weste, eine gewisse Einsicht und den Umstand, dass es keine konkrete Gefährdung gegeben habe, zugute und beließ es bei 30 Tagessätzen a 30 Euro. Das Versammlungsrecht sei ein hohes Verfassungsgut, doch das Ordnungsamt sei berechtigt, Auflagen zu erlassen, um das gleichfalls hohe Gut der Gesundheit vieler zu schützen, betonte der Richter.