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Kritik an neuen Plänen

Bauprojekt Melanchthon-Tower: In Bretten könnte energieautarkes Wohnhochhaus entstehen

60 Meter hoch mit Platz für 100 Wohnungen: In Bretten könnte das erste energieautarke Wohnhochhaus in Deutschland entstehen. Und dies an besonders exponierter Stelle. Doch es gibt auch Kritik am geplanten Melanchthon-Tower.

Grünes Dreieck am Brettener Ortseingang: Beim Alexanderplatz soll ein Wohnquartier mit elf Wohnkomplexen für 400 bis 500 Bewohner entstehen. Im Gemeinderat wurden die Vorplanung präsentiert.
Grünes Dreieck am Brettener Ortseingang: Beim Alexanderplatz soll ein Wohnquartier mit elf Wohnkomplexen für 400 bis 500 Bewohner entstehen. Im Gemeinderat wurden die Vorplanung präsentiert. Foto: BVA Wohn- und Gewerbebau GmbH & Co. KG, Stuttgart und Bad Wildbad (Illustration)

Weithin sichtbar soll am Ortseingang von Bretten beim Alexanderplatz ein 60 Meter hoher Wohnturm die Stadt überragen – als Landmarke und Erkennungszeichen für die Stadt.

Der Turm ist das Herzstück einer Planung, die auf dem rund 8.000 Quadratmeter großen Areal zwischen B35, B294/Melanchthonstraße und dem Wohngebiet Brunnenstube elf weitere mehrgeschossige Wohngebäude errichten möchte. Dafür ist ein eigener Bebauungsplan notwendig, für den der Gemeinderat in seiner Sitzung am Dienstagabend mehrheitlich grünes Licht gab.

Doch es gab auch eine Reihe von kritischen Stimmen. Bereits in der Fragestunde äußerten sich Anwohner der Brunnenstraße, die zahlreich erschienen waren, skeptisch gegenüber dem Vorhaben.

Melanchthon-Tower Bretten
Melanchthon-Tower Bretten Foto: BVA Wohn- und Gewerbebau GmbH & Co. KG, Stuttgart und Bad Wildbad

Bauherr des Gebäudekomplexes ist eine Investorengruppe, die mit einem besonders nachhaltigen Konzept punkten will. Zu ihr gehört die BVA Immobilien GmbH, die das Grundstück gekauft und bereits vor drei Jahren erste Vorentwürfe präsentiert hatte.

Mittlerweile sind auch der Fonds-Spezialist Catella und das Ingenieurbüro Elithis mit an Bord. Entstehen soll am Alexanderplatz ein Wohnturm, der in ähnlicher Form 2018 in Straßburg gebaut wurde. Energieeffizienz spielt dabei eine wichtige Rolle, wie Volker Gairing, der geschäftsführende Gesellschafter der BVA Immobilien, in der Sitzung ausführte.

Gebäude soll aerodynamisch gebaut werden

Das Gebäude soll aerodynamisch gebaut werden und über eine hochisolierende Photovoltaik-Fassade verfügen. Sowohl das Dach wie auch die nach Süden ausgerichtete Fassade sind mit einer gut 1.200 Quadratmeter großen Photovoltaikanlage ausgestattet. Dabei wird mehr Strom produziert, als das komplette Areal benötigt. Besondere Thermowände, große Erker und die Ausrichtung zum Licht sollen für ein gutes Bioklima im und um das Haus sorgen. Dazu kann die Flächenheizung im Sommer auch für die nötige Kühlung sorgen.

In Frankreich sollen insgesamt 50 dieser „Energie+-Wohntürme“ gebaut werden, ebenso viele seien außerhalb Frankreichs geplant, fünf davon in Deutschland. „In Bretten könnte das erste energieautarke Wohnhochhaus in Deutschland entstehen“, erklärte Gairing.

Solche Gebäude zu errichten, sei die besondere Herausforderung der Zukunft, um nicht auf Öl oder Gas angewiesen zu sein. Besonderen Wert soll auf nachhaltiges Bauen gelegt werden: geringer Ressourcenverbrauch, keine Verwendung von fossilen Energien, bewusstes Energiemanagement, maximale Nutzung der Sonnenenergie und natürliche Gebäudeklimatisierung sind dafür die Stichworte. Laut Gairing liegen die Energiekosten für die Mieter nahezu bei null, ein Smart-Home-System erfasst und reguliert den Energieverbrauch.

Wohnraum für 400 bis 500 Menschen im Melanchthon-Tower

Sparsam will man auch mit dem Grund und Boden umgehen und auf kleiner Fläche Wohnraum für 400 bis 500 Menschen schaffen. Im Wohnturm und zwei direkt angrenzenden fünfgeschossigen Gebäuden sollen rund 100 Miet- und Sozialwohnungen entstehen.

Hinzu kommen weiter neun Gebäude mit vier und fünf Geschossen mit Mietwohnungen, Eigentumswohnungen, Betreutem Wohnen, Pflegewohnungen und Büros. In der Mitte des dreieckigen Grundstücks ist ein dreigeschossiges Gebäude für Nahversorger, etwa Bäckerei, Cafe, Apotheke, Friseur oder Kiosk sowie ein Indoor-Spielplatz angedacht.

Unter dem Gebäudekomplex soll eine Tiefgarage mit einem Stellplatz pro Wohnung plus Besucher- und Mitarbeiterstellplätzen, Fahrradabstellplätzen mit E-Bike-Ladestationen und Wallboxen für Elektroautos.

Für die CDU signalisierte Fraktionssprecher Martin Knecht Zustimmung zu diesem Vorhaben. Man habe allerdings innerhalb der Fraktion durchaus kontrovers diskutiert. „Doch hier werden genau die ökologischen Notwendigkeiten realisiert, die heutzutage von allen erwartet werden: Energieeffizienz, Bioklima, Nullstromrechnungen, sparsamer Umgang mit Grund und Boden, kreislauffähige Baumaterialien, Nachhaltigkeit und leichter Zugang zum ÖPNV“, erklärte Knecht.

Wie wird der Verkehr am größten Verkehrsknoten von Bretten geführt?

Doch es blieben Fragen, die geklärt werden müssten. Dazu zähle die Verkehrsführung am größten Verkehrsknoten der Stadt, die auch während der Bauphase gut gelöst werden müsse. Darüber hinaus dürfe der Wohnturm nicht als Klotz in der Landschaft wirken. Und ob auf diesem kleinen Grundstücke wirklich weitere neun Gebäude platziert werden müssen, sei noch zu diskutieren.

Otto Mandörfer von den Grünen überzeugt die ökologische Ausrichtung des Vorhabens. Jörg Biermann von den Aktiven kritisiert den Indoor-Spielplatz. „Kinder brauchen Grün“, sagte der Fraktionssprecher und forderte eine entsprechende Umplanung.

Markus Gerweck von den Freien Wählern äußerte Bedenken, ob nicht während der Bauzeit mit Beeinträchtigungen beim Verkehr zu rechnen sei. Er wollte wissen, wie die Fußgänger über die Melanchthonstraße kommen und was die Stadt das ganze Vorhaben kostet. „Nur den Personalaufwand für die Aufstellung des Bebauungsplans müssen wir bezahlen“, erwiderte OB Martin Wolff (Freie Wähler).

Edgar Schlotterbeck (SPD) äußerte sich sehr zufrieden mit der vorgestellten Planung. „Wir bekommen ein sehr schönes Wohnquartier, müssen aber auch die Anregungen der Bürger ernst nehmen“, sagte er.

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