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Nahezu einhellige Zustimmung

Stadt Bretten klinkt sich ins Nahwärmenetz ein

Bretten will mitmachen: Fast einhellig stimmte der Gemeinderat dafür, dass die Stadt die nächsten Schritte unternimmt, um sich ans regionale Nahwärmenetz anzudocken.

Bohrturm
Wärme aus der Tiefe: In Graben Neudorf baut die Deutsche Erdwärme ein Tiefengeothermie-Kraftwerk. Die Trasse mit heißem Wasser soll bis nach Bretten geführt werden. Foto: Ron Zippelius

Die Stadt Bretten will an das regionale Wärmenetz des Landkreises andocken und peilt deshalb eine Beteiligung an der Projektentwicklungsgesellschaft an, die das Vorhaben umsetzen soll.

Der Gemeinderat gab dafür in der Sitzung am Dienstagabend bei einer Gegenstimme der AfD grünes Licht. Hintergrund der Maßnahme ist das Klimaschutzkonzept, mit dem der Landkreis bis 2035 klimaneutral werden möchte.

Eines der vier vordringlichen Handlungsfelder ist dabei neben dem nachhaltigen Bauen und Sanieren, dem Ausbau der Photovoltaik und der nachhaltigen Mobilität der Regionale Wärmeausbau.

Wärmepotenzial reicht für kompletten Landkreis

Wie die Regionale Wärmestrategie des Landkreises aussieht, erläuterte Birgit Schwegle, die Geschäftsführerin der Umwelt- und Energieagentur (UEA) des Landkreises, im Ratsgremium. Ausgangspunkt aller Überlegungen: Das Wärmepotenzial aus Erneuerbaren Energien reicht aus, um den kompletten Landkreis zu versorgen.

Einziges Handicap: Die Wärmequellen sind sehr unterschiedlich im Landkreis verteilt. Gut ist die Lage im Westen, deutlich schlechter im nordöstlichen Kraichgau. Etwa die Hälfte des gesamten Wärmebedarfs ist über Wärmenetze erschließbar.

„Dafür ist eine kommunale Wärmeverteilung notwendig“, erklärt Schwegle und betont, dass das Wärmepotenzial aus Tiefengeothermie das bei Weitem größte darstellt.

Eine einzige Tiefengeothermieanlage könnte bereits den kompletten Wärmebedarf der Stadt Bretten decken. Aber auch andere Energiequellen wie Pyrolyse, Biomasse und Sonnenenergie sollen genutzt werden. Mit der Umstellung der Wärmeerzeugung im Landkreis auf Erneuerbare Energien könnten laut Energieagentur jährlich rund 1,7 Millionen Tonnen CO2 eingespart werden.

Kooperationsvertrag war erster Schritt

„Ein regionaler Wärmenetzausbau ermöglicht allen Kommunen des Landkreises die bestmögliche Ausnutzung der erneuerbaren Wärmepotenziale“, erklärt die UEA-Chefin.

Die Gemeinden und die lokalen Netzbetreiber hätten die Möglichkeit, sich an der Betreibergesellschaft für das regionale Wärmenetz finanziell zu beteiligen. Darüber hinaus könnten sie den innerstädtischen Netzausbau mit lokalen Partnern wie den Stadtwerken oder Bürgerenergiegenossenschaften selbst organisieren.

Einen ersten Schritt dahin hatten die Stadtwerke der großen Kreisstädte Bruchsal, Ettlingen und Bretten bereits Mitte November mit einem Kooperationsvertrag gemacht.

Bretten kann die Häfte des Heizungsbedarfs decken

Für Bretten bedeutet die Beteiligung, dass die Stadt etwa die Hälfte ihres gesamten Heizungsbedarfs aus dem Wärmenetz beziehen kann. Die andere Hälfte muss über dezentrale Wärmeversorgung, vorzugsweise über Wärmepumpen, laufen.

Doch Wärmepumpen benötigen eine Gebäudesanierung und erhöhen den Stromverbrauch. Eine maximale Überdeckung des Strombedarfs sei auch deshalb angestrebt, betonte Schwegle. Dazu seien auch Windkraft und Sonnenenergie nötig.

Weil der Photovoltaik-Ausbau auf den Dächern nur langsam vorankomme, sollten auch Freiflächen-PV-Anlagen vorangetrieben werden. Unterm Strich verfüge man aber über genug Tiefengeothermie-Potenzial in der Region, um dieses auch für die Stromerzeugung zu nutzen.

Etwa die Hälfte des Stadtgebiets in der Kernstadt kann laut einer Karte über Ausbaupozenzialgebiete komplett mit Nahwärme versorgt werden, ein Viertel der Fläche ist als Mischgebiet ausgewiesen. Das letzte Viertel – überwiegend städtische Randgebiete – muss sich anderer Lösungen bedienen.

Trasse soll 2027 in Bretten ankommen

Noch im ersten Quartal 2023 soll die Projektentwicklungsgesellschaft (PEG) gegründet werden, die das Vorhaben umsetzen soll. Der Brettener Gemeinderat muss dann den Beitritt zu PEG förmlich beschließen.

Im zweiten Quartal sollen dann die Wärmebezugsverträge bis zu den Endkunden abgeschlossen werden. Bis Mai 2023 soll auch das Ergebnis des Langzeit-Produktionstests der Deutschen Erdwärme GmbH vorliegen, der klären soll, ob es ausreichend heißes Wasser zu wirtschaftlichen Konditionen gibt.

Bis Ende des dritten Quartals 2023 bestehen noch Ausstiegsoptionen. Anfang 2024 soll die Wärmelieferung für Graben-Neudorf beginnen. In Bretten soll die Wärmetrasse 2027 ankommen.

Nur der AfD-Vertreter dagegen

Für die CDU signalisierte Martin Knecht Zustimmung, der Ausbau eines regionalen Wärmenetzes sei auch angesichts der aktuellen Klima- und Energiekrise „notwendend“. Er wollte wissen, wie es um Fördermittel bestellt sei und ob es langfristige Erfahrungen mit der Geothermie gebe.

Fördertöpfe gibt es sehr atraktive.
Birgit Schwegle Umwelt- und Energie-Agentur Kreis Karlsruhe

„Fördertöpfe gibt es sehr attraktive“, bekundete Birgit Schwegle, es winkten bis zu 40 Prozent Zuschuss. Und auch Bürger könnten mit 30 Prozent Zuschuss rechnen, wenn sie ihr Haus ans Wärmenetz anschließen. Für die langfristigen Erfahrungen verwies sie auf Experten unter anderem des Karlsruher Instituts für Technologie, die Auskunft geben könnten.

Otto Mansdörfer von den Grünen bewertete das Vorhaben als Klimaschutzprojekt erster Güte, die Geothermievorkommen im Rheingraben seien ein Glücksfall für die Region. Nicht anders sah das Bernd Diernberger (FWV), der es sogar für verantwortungslos hielt, wenn die Stadt sich nicht beteilige.

Auch Edgar Schlotterbeck (SPD) bekundete die Zustimmung seiner Fraktion, man sei mit diesem Projekt auf dem richtigen Weg. Dagegen hatte Andreas Laitenberger große Bedenken und viele Fragen. Er war der einzige, der das Vorhaben ablehnte: gefährlich, zu teuer für den Steuerzahler, zu große Verluste auf der Strecke, lauteten seine Einwände.

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