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Gewinner und Verlierer des Sommers

Nicht alle heimischen Tiere und Pflanzen freuen sich über das Regenwetter

Der Sommer 2021 ist bislang eine ziemlich regnerische Angelegenheit. Viele trösten sich damit, dass der Regen für Pflanzen und Tiere ja immerhin eine gute Sache sei. Der Knackpunkt: Das stimmt für manche Arten - aber längst nicht für alle.

Feldhase im Regen
Ein Feldhase im Regen. Die Hasen gehören zu den Verlierern im Dauerregen - weil viele Jungtiere erfrieren. Foto: Franz Lechner

„Der Natur tut es gut“ oder „die Natur braucht es“, diesen Satz hörte man immer wieder, wenn sich jemand über den verregneten Sommer 2021 beschwerte. Zumindest bis es zu den Hochwasserkatastrophen in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen kam. Aber bis dahin hörte man wohl beim Wetterbericht im Fernsehapparat keinen Satz so häufig wie „Die Natur braucht den vielen Regen“.

Aber stimmt das wirklich? Profitiert die gesamte Natur von einem verregneten Sommer? Oder ist es nicht vor allem der Förster, der Landwirt und der Gärtner, die den Regen gebraucht haben?

„Klar, neben den Waldbäumen und den meisten Nutzpflanzen haben tatsächlich auch viele wilde Tier- und Pflanzenarten vom vielen Regen profitiert“, sagt Peter Zimmermann. Er schränkt ein: „Man muss aber schon differenzieren, längst nicht für alle unserer Tier- und Pflanzenarten ist ein verregneter Sommer positiv.“

Zimmermann kennt sich in diesen Fragen aus, weil er als Landschaftsökologe beim Regierungspräsidium Karlsruhe arbeitet.

Blauflügelige Ödlandschrecke
Die Blauflügelige Ödlandschrecke mag es trocken. Foto: Franz Lechner

Trockenheitsliebende Arten schadet der verregnete Sommer nämlich eher. So kann man beispielsweise viele Heuschrecken in trockenheits- und feuchtigkeitsliebende Arten aufteilen. Während die einen wie beispielsweise die Sumpfschrecken vom Regen profitieren, ist für andere wie beispielsweise die trockenheitsliebende Blauflügelige Ödlandschrecke der aktuelle Sommer keineswegs ein Grund zur Freude. Eigentlich kann man fast die gesamte Natur so wie die Heuschrecken in Verlierer und Gewinner eines verregneten Sommers aufteilen.

Viele Orchideen mögen es trocken

Die meisten der bedrohten und seltenen Orchideenarten beispielsweise profitieren von trockenen Bedingungen, mehrere verregnete und kühle Sommer hintereinander würden sie wahrscheinlich regional aussterben lassen.

Doch es gibt auch wenige heimische Orchideen, zum Beispiel das Knabenkraut, die in Feuchtwiesen zu Hause sind. Für diese ist ein Jahr mit vielen Niederschlägen ein Segen. So wie auch Amphibien. Frösche, Kröten, Molche und Unken, die wegen ihrer besonderen Haut auch auf eine hohe Luftfeuchtigkeit angewiesen sind.

Feldhasen und Vögel sind die Verlierer des Regenwetters

Feldhasen dagegen gehören im aktuellen Jahr eher zu den Verlierern. „Junge Feldhasen werden nicht wie andere Tiere von der Mutter vor Regen geschützt, deshalb unterkühlen sie schnell, wenn sie dauernd dem Regen ausgesetzt sind“, erklärt der Gondelsheimer Jagdpächter und Leiter des Forstbezirks Unterland, Christian Feldmann, warum in niederschlagsreichen Jahren viele Jungtiere die ersten Lebenswochen oft nicht überstehen.

Rauchschwalbenest
Ein Rauchschwalbenest. Vögel, die ihren Nachwuchs mit Insekten füttern, haben in feuchten Jahren oft Probleme. Foto: Franz Lechner

Auch Vogelarten, die ihren Nachwuchs mit Insekten füttern, haben in diesem Jahr sicher Probleme ihre Jungvögel ausreichend mit Nahrung zu versorgen. „Das gilt auch für die Küken von Fasanen und Rebhühnern, aber ganz besonders für verschiedene Schwalbenarten und für Mauersegler“, sagt Feldmann. Er weiß. dass viel Regen zwar dem Wald, aber nicht der gesamten Natur nutzt.

Pilze sprießen, wenn es feucht ist

Und dann gibt es noch ein ganz spezielles Problem, das die vielen feuchten Tage der letzten Monate mit sich bringt: Pilze. Die profitieren nämlich vom Klima, und zwar nicht nur die essbaren Speisepilze, sondern die vielen krankheitsverursachende Pilzarten.

„Ich habe in diesem Jahr schon ungewöhnlich häufig Heuschrecken entdeckt, die reglos an Grashalmen hingen“, berichtet Zimmermann und erklärt dann „erst bei näherem Betrachten konnte ich dann die Pilzfäden sehen, die aus den Heuschrecken herauswachsen“. Und dieses „Zombie-Schicksal“ erleiden in feuchten Jahren nicht nur Heuschrecken, sondern auch viele andere Insekten.

„Die Natur braucht es“, wie uns die Fernseh- und Radiometeorologen beim Ankündigen neuer Regenfälle bis vor einigen Wochen immer wieder erzählten, gilt also weder für im Regen sterbende Junghasen, noch für Singvögel, die bei dem Wetter Schwierigkeiten haben zu verhindern, dass ihre Jungen verhungern.

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