Das Bild spricht Bände: Die Äste dürr, die Krone ausgedünnt, die Blätter herbstlich. Nur dass das Foto vom Juli und nicht vom goldenen Oktober stammt und einen Baum mit gravierenden Trockenschäden zeigt. „Dem Wald in Baden-Württemberg geht es überhaupt nicht gut“, sagt Kreisförster Simon Boden, der auch für Oberderdingen zuständig ist.
Fast die Hälfte aller Bäume wiesen bereits deutliche Kronenschäden auf, die Ampel stehe auf Rot, bekundete er beim Forstbericht im Oberderdinger Gemeinderat. Die Nadelhölzer hätten alle Probleme, auch bei der Buche gäbe es gravierende Schäden, am stabilsten sei noch die Eiche, die im Oberderdinger Wald den größten Teil des Baumbestands ausmacht.
Dem Oberderdinger Gemeindewald geht es noch relativ gut.Simon Boden, Kreisförster
Darum fiel die Beurteilung hier besser aus: „Dem Oberderdinger Gemeindewald geht es noch relativ gut“, bekundete Boden. Auch wenn die „Zufällige Nutzung“ - sprich der Anteil der Bäume, die wegen Dürre, Sturm und Käferbefall ungeplant hatten gefällt werden müssen - den geplanten Einschlag habe in die Höhe schnellen lassen.
Das Problem dabei: Weil zu viel Schadholz auf dem Markt ist, gehen die Preise in den Keller. Gleichzeitig werden die Forstarbeiten teurer, weil man für das Fällen von absterbenden Bäumen Mehrkosten für Sicherungsmaßnahmen in Kauf nehmen müsse.
Darum wird das Forstwirtschaftsjahr 2021 voraussichtlich mit einem Minus von 52.000 Euro abschließen: Einnahmen von 146.000 Euro stehen Ausgaben von 198.000 Euro gegenüber. Dennoch dürfe man die Jungholzpflege nicht vernachlässigen, betonte Boden, denn darin liege die Zukunftsvorsorge. Rund 35.000 Euro an Fördergeldern wurden beantragt und könnten die Bilanz merklich aufhübschen.
Fichte besonders stark geschädigt
Michael Deschner, vormals Gemeindeförster und nun in Diensten des Landkreises für das neue Revier „Sickinger Hügelland“ zuständig, zu dem auch Kürnbach, Sulzfeld und Zaisenhausen zählen, stellte dem Ratsgremium den Tätigkeitsbericht für 2020 vor.
4.700 Festmeter werde die Holzernte bis Jahresende betragen, wegen Borkenkäferbefall und Dürreschäden deutlich mehr als geplant. Mit rund 2.000 Festmetern bezifferte er die Schadholzmenge, gut die Hälfte davon betraf die Fichte.
Auf rund 160 Hektar Fläche habe man seit März Käfermonitoring betrieben, um befallenes Schadholz und Reisig möglichst schnell aus dem Wald zu schaffen und den Käferbefall klein zuhalten, berichtete der Forstmann. Weit weg vom Wald wurde ein Trockenlager errichtet. 11.320 Bäume seien aufgeforstet worden - bis Jahresende sollen es 14.000 sein, auf rund 13 Hektar Fläche wurde Kultursicherung betrieben.
Daneben galt es, 45 Kilometer Waldwege in Schuss zu halten, im kommenden Jahr sollen weitere 50 Kilometer saniert werden. Für 2021 ist laut Deschner eine Holzernte von 2.700 Festmetern geplant, mehr als 6.000 Bäume sollen als Kulturen angelegt werden. Kulturvorbereitung, Kultursicherung und Jungbestandspflege sind weitere Arbeitsschwerpunkte.
Artenschutz immer im Blick
Bei allen Maßnahmen im Wald müsse der Forst immer die drei Aspekte Ökonomie, Ökologie und die soziale Funktion es Waldes im Blick haben, betonte Boden. Das gelte auch für absterbende Bäume, die ein ganz wichtiger Lebensraum für Käfer, Spinnen und Insekten seien. „Ein Viertel aller dieser Arten, die im Wald vorkommen, brauchen genau solche Bäume“, erklärte der Forstexperte. Und auch Bäume mit Spechthöhlen oder Fledermausbesatz, die für den Holzmarkt nicht die attraktivsten sind, lasse man gerne stehen.
Für genau diese Maßnahmen soll nun ein Alt- und Totholzkonzept erarbeitet werden. Für Bäume, die aus der Nutzung herausgenommen werden und stehen bleiben, soll es einen finanziellen Ausgleich geben, erklärte Boden. In nächster Zeit soll deshalb das Potenzial dafür im Gemeindewald untersucht und ermittelt werden, ob es auch größere Flächen gibt, die man sich selbst überlassen kann.
Mit diesen Daten soll dann ein Umsetzungskonzept erstellt werden. Der Gemeinderat billigte den Hiebs- und Kulturplan für 2021 und bekundete Zustimmung für das Totholzkonzept.