
So viel Einmütigkeit gab es schon lange nicht mehr. Ohne Gegenstimme hat der Oberderdinger Gemeinderat den Haushalt 2023 verabschiedet. Und dies so spät wie nie, geschuldet der prekären Personalsituation in der Finanzverwaltung der Gemeinde, in der aktuell krankheitsbedingt vier Stellen nicht besetzt sind.
Die Aufstellung des Haushalts war allein deshalb schon eine Herkulesaufgabe für Kämmerer Dieter Motzer und sein Team, was im Ratsgremium ausdrücklich gewürdigt wurde.
Kämmerer präsentiert ausgeglichenen 30-Millionen-Haushalt
Motzer präsentierte einen ausgeglichenen Haushalt mit Erträgen von gut 30 Millionen Euro und Aufwendungen von knapp 29,8 Millionen Euro, bei dem noch 240.000 Euro Überschuss erwirtschaftet wurde.
Auf der Einnahmenseite sind der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer mit 6,5 Millionen Euro, die Gewerbesteuer mit 5,5 Millionen und die Schlüsselzuweisungen des Landes mit 5,6 Millionen die größten Posten, bei den Ausgaben rangieren die Personalkosten mit 9,4 Millionen an vorderster Stelle.
Sie machen fast ein Drittel der Ausgaben aus und werden laut Bürgermeister Thomas Nowitzki (CDU) im kommenden Jahr sogar noch um eine Million steigen. Mit knapp 4,7 Millionen Euro schlägt die Kreisumlage zu Buche, die FAG-Umlage noch einmal mit knapp 3,8 Millionen.
Oberderdingen macht keine neuen Schulden
Eine Neuverschuldung ist laut Motzer nicht geplant, zum Jahresende hat Oberderdingen noch Schulden in Höhe von 10,9 Millionen Euro. Der Schwerpunkt des Haushalts liegt bei der Fortführung bereits laufender Maßnahmen, neue Projekte werden nicht begonnen, sondern nur geplant.
So sollen die Digitalisierung der Schulen, die städtebaulichen Sanierungen und das Straßenbauprogramm fortgeführt werden, Kinderbetreuungsplätze geschaffen und der Hochwasserschutz verbessert werden. Die Steuersätze bleiben unverändert.
Wir stecken in verschiedenen Transformationsprozessen.Thomas Nowitzki
Bürgermeister von Oberderdingen
„Wir stecken in verschiedenen Transformationsprozessen, die der Gemeinderat angestoßen hat und die nun bearbeitet werden müssen“, erklärte Bürgermeister Nowitzki und verwies auf den Prozess zum Energy Award, die Biotopverbundplanung, den Fair-Trade-Prozess und die Planungen zur Energiewende mit Windkraft und Photovoltaikanlagen auf öffentlichen Gebäuden. Zu Letzterem will die Gemeinde dem Gremium in absehbarer Zeit eine Aufstellung des Bestands präsentieren und einen Vorschlag machen, wo weitere PV-Anlagen installiert werden könnte.
Auch die kommunale Wärmeplanung soll in nächster Zeit beraten werden. Doch zuerst müsse die große Politik sagen, was sie denn überhaupt will. „Wir tun deshalb gut daran, begonnene Maßnahmen fertigzustellen und abgeschlossene Planungen umzusetzen und dabei die wirtschaftliche Entwicklung sorgfältig zu beobachten“, meinte der Schultes.

Für die Freien Wähler, die SPD und die CDU hielt die Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten, Brigitte Harms-Janssen, eine gemeinsame Haushaltsrede, die mit einer Hommage an Oberderdingen begann: eine Gemeinde, in der er sich gut leben und arbeiten lasse.
Es folgten viele Fragen: Wie sollen Hausbesitzer und Mieter künftig ihre Heizung bezahlen? Wie kann die Gemeinde dafür sorgen, dass es künftig noch bezahlbaren Wohnraum gibt? Wie gelingt die Integration von Geflüchteten? Und wie kann die Gemeinde dem Fach- und Arbeitskräftemangel gegensteuern?
Insbesondere angesichts der arbeitsintensiven Aufgaben, die auf die Gemeinde etwa im Blick auf die kommunale Wärmeplanung oder die Digitalisierung warten. In diesem Zusammenhang schlug Harms-Janssen vor, einen Ausschuss für die Fachkräftesicherung ins Leben zu rufen.
Ein Vorschlag, den der Bürgermeister zwar für wichtig hielt, aber nicht unbedingt in einem eigenen Gremium behandeln will. „Im Blick auf die Flüchtlinge sind wir in Oberderdingen in einer guten Situation, viele sind in privaten Wohnungen untergebracht“, bekundete Nowitzki zudem. Die Zahlen für 2023 seien im grünen Bereich, gerade miete man ein Gebäude an, das mit bis zu 24 Ukrainern belegt werden könne.
Weitere Maßnahmen für Energiewende nötig
Für die Grünen wies Julian Breitschwerdt darauf hin, dass für die Energiewende die Umstellung der Straßenbeleuchtung und ein Nahwärmenetz in zwölf Jahren wohl nicht reichen werden. Weitere Maßnahmen müssten hinzukommen wie die aktive Bestückung der Oberderdinger Dächer mit PV-Anlagen, die Förderung von Balkonkraftwerken oder Verbesserungen im Mobilitätsbereich.
„Die Investitionen in Parkierungsflächen stehen in einem Missverhältnis zu Investitionen in den ÖPNV“, erklärte der Grünen-Sprecher. Man werde auch nicht darum herumkommen, explizit Personal für Umwelt- und Klimafragen einzustellen, um das Bauamt zu entlasten. Auch Breitschwerdt regte an, zeitnah Konzepte für die Personalgewinnung und die Personalbindung anzugehen. Angesichts der aktuellen Herausforderung sei der Haushalt 2023 ein gutes Ergebnis.