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Branche kämpft ums Überleben

Reisebüros in der Region Bretten leben im Lockdown von der Hoffnung

Die Situation ist frustrierend: Reisebüros im Raum Bretten kommen mit Kurzarbeit oder Hilfsgeldern gerade so hin. Und das obwohl Reiselust durchaus vorhanden sei. Doch die Lust trifft selten mit einer Buchung zusammen.

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch in einem Reisebüro.
Allein im Reisebüro: Wolfgang Lübeck, Inhaber des TUI-Reisecenters in Bretten, hat am Vormittag geöffnet. An diesem Nachmittag ist er hier alleine, fürs Foto. Sein Büro ist immer erreichbar, sagt er, auf allen Kanälen. Foto: Irmeli Thienes

Es ist dunkel in seinem Laden und „dunkel in der Zukunft“ , sagt Zülfikar Göktas. Er hat den Betrieb seines Brettener Reisebüros zu Beginn des Jahres eingestellt, vorübergehend, wie er trotz allem hofft. Und er hofft auch, „dass diese Katastrophe bald vorbei ist“.

Auch für Wolfgang Lübeck, Inhaber des TUI-Reisecenters in Bretten, „ist es sehr schwierig“ aktuell. Und Jürgen Bergsmann vom gleichnamigen Reisebüro aus Sulzfeld vermeldet: „Ja, es gibt uns noch.“ Die Formulierungen sprechen für sich.

Während die Chefetage beim Anbieter Reiseland für eine Auskunft nicht zur Verfügung steht, schildert Bergsmann: „Die Touristik folgt eigenen Regeln, die leider bis heute nicht im Bewusstsein der Öffentlichkeit und der politischen Entscheider angekommen sind.“

Denn Zahlung erfolge ja erst bei Abreise oder Rückkehr. Serviceleistungen, wie die sich aktuell häufenden Umbuchungen, Stornos und Rückerstattungen, erbringen Reisebüros oft kostenlos.

Airlines zahlen oft keine Provisionen mehr

Laut Pressestelle des Deutschen Reiseverbands (DRV) können diese für den Service aber Entgelte erheben. „Teilweise geschieht das“, so Kerstin Heinen vom DRV, beispielsweise bei reinen Linienflügen.

Airlines zahlten für diese oft keine Provisionen mehr an Reisebüros. Aber sie sehe natürlich die Probleme im Wettbewerb vor Ort.

Heinen nimmt eine „große Angst der Reisebüros wahr, durchs Raster zu fallen“, zumal bislang beim Überbrückungsgeld ausgefallene Provisionen nicht hätten geltend gemacht werden können. Das Überbrückungsgeld III soll das ändern.

Es geht mittlerweile sehr an die finanzielle Substanz.
Jürgen Bergsmann, Reisefachmann aus Sulzfeld

„Reisebüros haben faktisch seit Ende 2019 ohne nennenswerte Einnahmen gearbeitet“, schildert Bergsmann. Natürlich funktioniere ohne diesen Service die Branche nicht zur Zufriedenheit der Kunden. Aber „es geht mittlerweile doch sehr an die finanzielle Substanz“, so Bergsmann.

Das bestätigt Lübeck. Als Selbstständiger sorgt auch er für die eigene Rente vor. Nun musste er schon auf die Rücklagen zugreifen, bis Hilfsgelder kamen. „Wir kommen gerade so hin“, sagt er.

Buchungen von Fernreisen, die gerade jetzt Saison hätten, nach Asien oder Afrika? „Komplettausfall“, sagt Lübeck, und wo die Grenzen offen wären, wirken Quarantäne-Regeln faktisch wie Schließungen.

Auch seien Corona-Tests, die für ein junges Paar noch bezahlbar seien, bei einer vier- oder fünfköpfigen Familie zudem eine Kostenfrage, zumal sie oft auf Hin- und Rückreise anfallen. Lübeck empfiehlt Kunden, einen Corona-Schutz in die Reiseversicherung aufzunehmen.

Reiselustigen werden derzeit Pauschalreisen empfohlen

Dennoch: Bergsmann und Lübeck erleben durchaus Reiselust bei ihren Kunden. Es gebe Buchungen, aber Kreuzfahrten beispielsweise erst für 2022, so Lübeck.

„Die Leute sehnen sich nach monatelangen Einschränkungen nach Bewegungsfreiheit und sozialen Kontakten“, sagt Bergsmann.

In den Firmen würden derzeit die Jahresurlaube eingetaktet, auch nicht einfach bei sich dauernd ändernden Rahmenbedingungen, so Bergsmann.

Falls darum aber ein Verschieben nötig würde, kämen die Reiseveranstalter durch spezielle Umbuchungs- oder Stornoregelungen den Kunden „weit entgegen“, sagt Bergsmann.

Das gelte vor allem für Pauschalreisen. Zu diesen raten die Reisebüroinhaber ohnehin. Und es spreche nichts dagegen, aktuelle Vorteile – etwa preislicher Art – zu nutzen, sagt Lübeck.

Umbuchen geht immer noch

Falls die coronabedingte Lage sich im Laufe des Jahres nicht bessere, könne man ja bis 14 Tage vor Reiseantritt immer noch auf die dann günstigere umbuchen. Bergsmann glaubt, „dass auch 2021 kein ,Last-Minute-Jahr` wird, vergleichbar 2020.“ Weder Impfungen noch Mutationen spielten momentan faktisch irgendeine Rolle, erläutert Lübeck.

Im Trend liegen so vor allem deutsche Klassiker wie Nord- und Ostsee, Allgäu, Bayern oder der Bodensee. „Wünschenswert wäre, dass die Menschen auch das Saarland, die fränkische Schweiz, Spessart, Hunsrück, Eifel, Elbsandsteingebirge und anderes entdecken“, sagt Bergsmann. Neben Wander- und Radreisen könnten Segelkurse, Kajaktouren oder andere Wünsche in Zusammenarbeit umgesetzt werden.

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