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Wieder mehr OPs geplant

RKH-Kliniken in Bruchsal und Bretten suchen nach Exit-Strategie aus dem Corona-Modus

Die Infektionszahlen sind rückläufig, die Kosten steigen. Aus diesem Dilemma suchen die RKH-Kliniken in Bruchsal und Bretten einen Ausweg. Nun soll die Zahl der Operationen langsam wieder hochgefahren werden. Aber nur langsam, um bei Bedarf wieder auf den Corona-Modus umzusteigen.

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Hohe Sicherheitsvorkehrungen: Im Covid-Zentrum Bruchsal, zu dem auch die Klinik in Bretten zählt, wurden bisher 96 Covid-19-Patienten behandelt. Die Infektionszahlen sinken, dafür steigen angesichts des Bettenleerstands die Kosten. Foto: dpa

Der Spagat ist nicht einfach, der gegenwärtig in den Kliniken praktiziert wird: Angesichts einer drohenden Corona-Pandemie wurden seit März mit großem Aufwand Intensivplätze für die Beatmung von Covid-19 Patienten eingerichtet. Isolierstationen wurden geschaffen, planbare Operationen verschoben, Schutzausrüstungen organisiert. Das alles kostet richtig Geld. Wie viel, ist noch offen.

Die Lockerungen können jederzeit wieder zu einem Anstieg der Infektionszahlen führen
Alexander Tsongas

Zuletzt waren die offiziellen Infektionszahlen bundesweit wieder leicht rückläufig. Bei den RKH-Kliniken, die auch die Fürst-Stirum-Klinik in Bruchsal und die Rechbergklinik in Bretten betreiben, arbeitet man deshalb an einer Exit-Strategie. Damit soll die Zahl der planbaren Operationen wieder hochgefahren werden. Wohl wissend: „Die Lockerungen können jederzeit wieder zu einem Anstieg der Infektionszahlen führen“, so Pressesprecher Alexander Tsongas.

Kompromiss für Kreißsaal

„Nur durch solche manchmal unpopulären Entscheidungen und die sehr gute Zusammenarbeit aller an der Patientenversorgung beteiligten Akteure in den Landkreisen konnte die Coronakrise bisher so gut bewältigt werden“, zieht RKH-Kliniken-Geschäftsführer Professor Jörg Martin eine erste Bilanz.

Der nach wie vor geltende Besucherstopp zur Eindämmung der Infektionsgefahr hatte auch in der Bruchsaler Geburtsklinik für großen Diskussionsbedarf gesorgt. Mit dem Kompromiss: Werdende Mütter dürfen die Väter mit in den Kreißsaal bringen, solange sie nicht infiziert ist.

96 Covid-19 Patienten behandelt

Innerhalb der RKH-Kliniken wurde die Versorgung der stationären Covid-19-Patienten in zwei Zentren gebündelt – neben Ludwigsburg ist das die Fürst-Stirum-Klinik in Bruchsal. Das Zentrum West in Bruchsal ist damit auch für Patienten aus den Kliniken in Bretten, Mühlacker und Neuenbürg zuständig. „Eine adäquate Versorgung von Covid-19-Patienten erfordert eine geeignete Ausstattung und Erfahrung.

Dies konnten wir nur durch die Konzentration der Beatmungskapazitäten und des fachlichen Wissens an zwei Orten sicherstellen“, weiß Martin, selbst ein erfahrener Anästhesist. Patienten, die zunächst in den kleinen Krankenhäusern behandelt wurde, werden bei Problemen mit der Beatmung in ein Covid-Zentrum verlegt. In Bruchsal wurden bisher 96 bestätigte Fälle behandelt.

Bisher zwölf Todesfälle

„Davon konnten 55 geheilt entlassen konnten“, erzählt Professor Martin Schuster. Der ärztliche Direktor hat das Covid-Zentrum in Bruchsal aufgebaut. Aber auch Todesfälle gab es zu beklagen, neun in der Klinik in Bruchsal und drei in Bretten.

Beatmungsbetten zur Hälfte belegt

Um eine optimale Versorgung zu gewährleisten, wurden in der Fürst-Stirum-Klinik zwei Normalstationen mit ursprünglich 80 Betten für Covid-Patienten frei gemacht. Wegen der Infektionsgefahr sind die Stationen nur zur Hälfte belegt. Auf der Intensivstation in Bruchsal gibt es 16 Beatmungsbetten. „Davon waren in der Spitze acht mit Covid-19-Patienten belegt, aktuell sind es fünf“, teilt Martin Schuster mit. In Bretten wurden vereinzelt im Isolierbereich der Station 2B sowie der Intensivstation Verdachtsfälle und Covid-19-Patienten behandelt. Sobald sie beatmet werden mussten, wurden sie nach Bruchsal verlegt.

50 Prozent der Betten unbelegt

Die Verschiebung von Operationen und Einrichtung von Isolierstationen hat dazu geführt, dass die Betten-Belegung insgesamt bei 50 bis 60 Prozent liegt. Bruchsal und Bretten zusammen haben in Normalzeiten 515 Planbetten. In Kurzarbeit mussten die Beschäftigen deshalb aber nicht gehen, so RKH-Geschäftsführer Martin: „Doch in manchen Fachabteilungen haben Mitarbeiter durch das reduzierte Behandlungs- und Operationsprogramm Überstunden abbauen können.“

Finanzielle Folgen noch völlig offen

Zu den finanziellen Auswirkungen wollten die RKH-Kliniken und der Landkreis Karlsruhe, der im Aufsichtsrat sitzt und mit der Kliniken des Landkreis Karlsruhe gGmbH 22 Prozent der Gesellschaft hält, derzeit keine Stellung nehmen. „Die finanziellen Folgen, die wir durch den Ausfall von Erlösen und gleichzeitiger, teils immenser Kostensteigerung bei Schutzmaterialien zu tragen haben, ist noch nicht abschließend bezifferbar“, sagt Jörg Martin. So müsse abgewartet werden, wie sich der von der Bundesregierung angekündigte Rettungsschirm auswirke.

Operationsprogramm wird hochgefahren

Aktuell ist die Zahl der stationären Covid-19-Patienten rückläufig. Die Frage wird vordringlicher, wie die finanziellen Folgen geschultert werden können. „Die RKH-Kliniken des Landkreises Karlsruhe werden nun langsam und schrittweise das Behandlungs- und Operationsprogramm geplanter Patienten in allen medizinischen Fachabteilungen wieder hochfahren, immer mit der Möglichkeit, schnell wieder für eine ausreichende Versorgung von Covid-19-Patienten zurückzufahren“, so der Geschäftsführer.

Nur vereinzelt habe die Absage von planbaren OPs Patienten verunsichert. Aus Angst vor einer Ansteckung haben sich nur „gefühlt“ weniger Notfälle in die Zentralen Notaufnahmen getraut. „Nach Auswertung unserer Zahlen mussten wir feststellen, dass wir genauso viele Notfälle behandelt haben wie im Vorjahr“, so Martin. Auch die Stimmung unter der Belegschaft sei nach wie vor gut.

Bisher 1.200 Tests in Abstrichstelle

Von zurückgehenden Zahlen berichtet auch Dieter Hassler. Der Infektiologe im Ruhestand organisiert mit Kollegen seit 16. März die Abstrichstelle bei der Fürst-Stirum-Klinik. Sie wird in Kooperation von Klinik und Kassenärztlicher Vereinigung Baden-Württemberg betrieben. Bisher wurden nach seinen Angaben 1.200 Abstriche vorgenommen. Etwa drei Prozent seien positiv auf Covid-19 getestet worden. „Anfangs war es wegen der zurückgekehrten Skifahrer aus Österreich mehr“, so Hassler.

Andrang wird weniger

Mittlerweile ist auch der Andrang im Drive-In geringer geworden. Nach Auskunft der Kassenärztlichen Vereinigung waren es zuletzt 30 Abstriche täglich. Die Abstrichstelle, die Termine über die Hausärzte vergibt, ist deshalb mittlerweile tageweise geschlossen. Die Zahlen in der Corona-Ambulanz, die zur Entlastung der niedergelassenen Hausärzte seit 3. April in Karlsdorf-Neuthard Patienten mit Verdacht auf eine Corona-Infektion ärztlich versorgt, sind ebenfalls rückläufig.

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