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Beziehungen und Sex sind häufigste Themen

Schulsozialarbeiterinnen in Bretten haben immer ein offenes Ohr

Die Schulsozialarbeit nimmt eine immer wichtigere Rolle an den Schulen ein. Für Fragen rund um die Themen Identität, Beziehungen und Sexualität sind die Schulsozialarbeiterinnen oft die erste Adresse.

Einer Meinung: Die Schulsozialarbeit ist ein überaus wichtiges Angebot in Bretten finden nicht nur die beiden Schulsozialarbeiterinnen Romy Gruner (links) und Silke Alb (rechts) sondern auch Schulleiter Wolfgang Halbeis und die Schülerinnen Johanna (15) und Viki (10) von der Hebelschule.
Die beiden Schulsozialarbeiterinnen Romy Gruner (links) und Silke Alb (rechts) sondern auch Schulleiter Wolfgang Halbeis und die Schülerinnen Johanna (15) und Viki (10) von der Hebelschule. Foto: Hansjörg Ebert

Es klopft an der Tür, ein aufgeregtes Mädchen steht im Flur. „Frau Gruner, ich muss unbedingt mit Ihnen reden“, sprudelt es aus ihr hervor. Romy Gruner, Schulsozialarbeiterin an der Brettener Hebelschule, bittet die Schülerin herein, nimmt sich Zeit und hört zu.

Was jetzt zur Sprache kommt, ist und bleibt vertraulich. Und Alltag bei der Schulsozialarbeit in Bretten. Sechs Frauen und zwei Männer kümmern sich darum. Wie die Arbeit funktioniert, darüber haben wir mit Verantwortlichen gesprochen und auch Schülerinnen befragt.

Vertrauensverhältnis ist besonders wichtig für Sozialarbeit

„Wenn wir irgendein Problem haben, können wir einfach bei Frau Gruner einen Termin ausmachen und sprechen. Mir hilft das immer sehr, ich kann alles ansprechen, egal ob es Probleme in der Schule sind oder mehr Privates, und brauche keine Angst zu haben, dass irgendetwas weitergesagt wird“, berichtet die 15-jährige Johanna aus Bretten. Die Schulsozialarbeiterin habe auch immer einen guten Rat und zeige Lösungswege auf.

Auch wenn es Konflikte in der Klasse gebe oder wenn sie Angst vor einer Prüfung habe, könne sie das aussprechen. „Bei Frau Gruner fühle ich mich gut aufgehoben“, beschreibt die Zehntklässlerin das Vertrauensverhältnis und führt auch die Sozialtrainings in den Klassen an, die ihr schon sehr geholfen hätten. Für sie sei die Schulsozialarbeiterin wie eine Freundin, meint die Teenagerin.

Die zehnjährige Viki sieht das nicht anders. „Bei vielen Themen ist es sogar leichter und besser, mit Frau Gruner zu sprechen als mit Freundinnen“, sagt sie. Die Fünftklässlerin erzählt von einer schwierigen Konstellation mit zwei Freundinnen, bei der es immer Streit und Eifersüchteleien gegeben habe. Gemeinsam habe man dann mit der Schulsozialarbeiterin eine gute Lösung erarbeitet. Auch für sie sei das Vertrauensverhältnis besonders wichtig.

Zu Aufgaben der Sozialarbeiter gehören Einzelgespräche und Prävention

Total wichtig sei diese Arbeit, sagt Rektor Wolfgang Halbeis, weil die Schulsozialarbeiterinnen an der Schule eine ganz andere Rolle hätten. Lehrer blieben Lehrer und Schulleiter Schulleiter und seien für Unterricht, Noten und Zeugnisse verantwortlich.

Da sei es genial, dass man eine erwachsene Person mit sozialpädagogischer Kompetenz im bewertungsfreien Raum habe, bekundet er. Schließlich gebe es viele Themen, die eine Schülerin nicht mit einem Lehrer besprechen wolle.

Neben Einzelgesprächen, Sozialtrainings und Präventionsangeboten gehöre auch der offene Schülertreff zum Aufgabenbereich der Schulsozialarbeiterin, die zudem bei Elterngesprächen dabei sei. „Für die Schulleitung ist die Schulsozialarbeit eine extrem wichtige Ergänzung und Entlastung“, unterstreicht Halbeis, insbesondere, wenn Sanktionen nötig sind.

Da wisse man, dass da jemand ist, der die Geschichte auch beratend und betreuend auffängt, nach den Ursachen von auffälligem Verhalten fragt und auch bei Elterngesprächen mit dabei ist.

Schwieriges Thema ist Gewalt in den Familien

Was sind die Problemfelder? „Schwierige Themen sind Gewalt in den Familien oder das Problem Sucht oder auch Vernachlässigung“, sagt Romy Gruner – Themen, die es in allen Schulformen und allen Altersgruppen gebe.

Mitunter kämen Schüler mit solchen Problemen direkt auf sie zu, mitunter bemerkten Mitschüler oder Lehrer auffälliges Verhalten und sprächen sie an. Dann müsse man sondieren, was zu tun ist. Reicht ein Elterngespräch oder muss – bei Verdacht auf Jugendwohlgefährdung – das Jugendamt eingeschaltet werden? Mindestens zwei oder drei solcher Fälle gäbe es Jahr für Jahr.

Silke Alb, die die Schulsozialarbeit der Stadt koordiniert und selbst als Schulsozialarbeiterin an der Pestalozzischule arbeitet, berichtet von einem aktuellen Fall mit einem 13-jährigen Mädchen, das mit Bisswunden und Messerschnitten in die Schule kam. Ein anderes Mädchen hatte blaue Flecken am Kopf. „Papa hat mich geschlagen“, klagte die Schülerin, so Alb.

„Wir hatten auch schon ausgedrückte Zigaretten auf dem Arm“, erzählt die Schulsozialarbeiterin weiter, während der Pandemie sei das Thema Gewalt merklich angestiegen. Schwierig seien auch hochstrittige Eltern, unter denen die Kinder zu leiden haben, die Trennung der Eltern oder verhaltensauffällige Kinder, bei denen die Ursachen – ADS, ADHS oder Autismus – zu klären sind.

Transgender-Themen nehmen zunehmends zu

Drogen, Beziehung und Sexualität seien häufige Themen in den Gesprächen mit den Jugendlichen berichten die Schulsozialarbeiterinnen weiter. Daneben verstärkt auch Fragen der Identitätsfindung, und in jüngster Zeit bereits mehrfach auch das Thema Transsexualität und Transgender.

„Eigentlich die ganze Breite von LGBTQ“, sagt Gruner. „Neulich hatte ich zu diesem Thema einen Fünftklässer mit seiner Mama in der Beratung“, ergänzt Alb, Kollegin Gruner berichtet von der Beratung eines muslimischen Schülers zum gleichen Thema.

Leistungsdruck bei Schülern ist durch Pandemie gewachsen

Zugenommen hätte auch der Leistungsdruck, das sei insbesondere an den Gymnasien ein Thema. „Da kommen die Erwartungen der Eltern und die eigenen Erwartungen zusammen, verstärkt durch die Lücken, die durch die Pandemie entstanden sind, dazu die Angst vor Prüfungen“, bekundet Alb. „Bei uns an der Gemeinschaftsschule ist das Problem eher, dass die Schüler sich ihrer Stärken nicht bewusst sind“, sagt Gruner.

Schulschwänzen, Absentismus sowie psychische Auffälligkeiten sind weitere Dauerthemen, depressive Verstimmungen bis hin zu Depressionen hätten stark zugenommen. Mangelnde Konfliktlösungsstrategien, fehlende Frustrationstoleranz, schwierige Elternhäuser – die Liste der Probleme lässt sich mühelos fortsetzen. Bei allen Problemen ist das Ziel der Arbeit jedoch das gleiche.

Unser Hauptanliegen ist es, Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen abzubauen.
Romy Gruner, Schulsozialarbeiterin

„Unser Hauptanliegen ist es, Benachteiligungen von Kindern und Jugendlichen abzubauen, ihre Ressourcen zu erfassen und nutzbar zu machen sowie professionell Beratung und Unterstützung bei schulischen, familiären und persönlichen Problemen anzubieten“, sagt Diplom-Sozialpädagogin Alb. Die Arbeit habe sich im Lauf der Jahre mehr als bewährt. Doch man stoße angesichts der Vielzahl der Probleme immer häufiger an Grenzen. Je früher man eingreifen könne, umso besser sei die Prognose.

Drei Wünsche frei? Bei diesem Gedankenspiel müssen die beiden Schulsozialarbeiterinnen nicht lange überlegen. „Dass alle Erwachsene die Kinder ernst nehmen und ihnen zuhören“, sagt Gruner.

Mehr Hortplätze und ein Familienzentrum in der Stadt mit einem multiprofessionellen Team, bekundet Alb. Und Therapeuten direkt an der Schule, sagen beide. Dann müsste man bei schwierigen Fällen nicht monatelang warten, bis man einen Termin beim Psychologen oder Psychotherapeuten bekommt.

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