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I hätt do mol e Frog

Warum kauft die Stadt Bretten Marketingartikel für die Gartenschau „made in Bosnien”?

Warum nicht in Deutschland kaufen, bestellen oder beschäftigen? Im großen EU-Kontext war und ist dies in Tagen der Milliarden-Hilfen für Mitgliedsländer ebenso Thema wie in Bretten. BNN-Leserin Dagmar Pfefferle hatte die Gelegenheit, Antworten auf diese häufige Frage zu bekommen.

Lächeln nach dem Diskurs: Dagmar Pfefferle stellte den BNN aus Bretten eine Frage und erhielt Antworten auch von Firmeninhaber Rüdiger Zuber. Er lud sie sogar in die Räume seines Unternehmens in Gölshausen ein.
Lächeln nach dem Diskurs: Dagmar Pfefferle stellte den BNN aus Bretten eine Frage und erhielt Antworten auch von Firmeninhaber Rüdiger Zuber. Er lud sie sogar in die Räume seines Unternehmens in Gölshausen ein. Foto: Irmeli Thienes

„Zum Thema Gartenschau in Bretten verschenkten die Verantwortlichen Mund-Masken ,made in Bosnien’. Warum nicht ,made in Germany’? So lautete die Frage von BNN-Leserin Dagmar Pfefferle aus Bretten. Zum einen ergab sich, dass sowohl die Stadt Bretten als auch die Firma, die von ihr beauftragt wurde, Masken zu beschaffen, schnell handeln mussten. Denn im Frühjahr waren Masken rares Gut und die Sorge wegen der Pandemie spitzte sich sehr zu.

Sowohl Oberbürgermeister Martin Wolff als auch Rüdiger Zuber, Inhaber der Gölshausener Firma Zuber, die den Beschaffungsauftrag erhielt, gaben Antwort. „Das Thema, bezüglich des Einkaufs im Auftrag der Stadt Vorgaben zu machen, hat der Gemeinderat noch nicht beraten“, so der OB, der diese Anregung „aber gern entgegennimmt“.

Immerhin in der EU eingekauft
Brettens Oberbürgermeister Martin Wolff

Er gibt allerdings auch zu bedenken, dass zum einen inzwischen ein globaler Markt existiere und der Einkaufsort der Firma Zuber zumindest in der EU liege. Man habe den Auftrag an eine Brettener Firma vergeben und deren Einkaufsort als Stadt nicht überprüft. Das sei „aber auch nicht bei jedem Kugelschreiber zu leisten, zumal nicht in diesen Zeiten“, so Wolff, wo ganz anderes dringlich sei.

Viele Fragen: Rüdiger Zuber, Inhaber der gleichnamigen Firma aus Gölshausen, erläutert auf Fragen von BNN-Leserin Dagmar Pfefferle, wie seine Stick-Maschinen gesteuert werden.
Viele Fragen: Rüdiger Zuber, Inhaber der gleichnamigen Firma aus Gölshausen, erläutert auf Fragen von BNN-Leserin Dagmar Pfefferle, wie seine Stick-Maschinen gesteuert werden. Foto: Irmeli Thienes

Die Firma Zuber bestickt und bedruckt Kleidung, ist unter anderem Händler für Jako-Sportbekleidung sowie für Berufskleidung. Der Chef, Rüdiger Zuber schildert den BNN: „Meine Firma und mit ihr zehn Mitarbeiter, wir alle standen Mitte März plötzlich vor dem Nichts. Da kann schon Panik aufkommen, wenn man Anfang April nicht weiß, wie man Ende April überleben soll. Wir hatten da noch Aufträge für zwei Wochen und danach klaffte ein tiefes Loch.“

Tatsächlich haben die Masken unsere Firma gerettet
Rüdiger Zuber, Inhaber der Firma Zuber in Bretten-Gölshausen

Zu Dagmar Pfefferle, die sich freut, eine Einladung in dessen Firma zu erhalten, sagt er: „Ich habe über Nacht ein Prospekt gefertigt und es an alle meine Kunden geschickt, in der Hoffnung, dass darunter einige sind, die Masken kaufen. Und tatsächlich haben die Masken unsere Firma gerettet. Andere Aufträge kommen erst seit Kurzem vermehrt wieder rein.“

Dagmar Pfefferle nickt, hakt aber nach: „Die Arbeit hätte man doch auch an Näherinnen aus Bretten geben können. Da gibt es einige, die ohne Aufträge waren zu Beginn des Lockdowns.“ Zuber, der nochmals seine eigenen Mitarbeiter erwähnt, fügt dann an: „Und es ist auch gut, wenn Menschen in Bosnien Arbeit erhalten.“

Es tat uns weh, das Etikett zu lesen
Dagmar Pfefferle aus Bretten

Zudem hätten die Näherinnen ihn jederzeit gern kontaktieren können. Und er habe sehr schnell sein müssen. Zuber stellt in Frage, ob die örtlichen Näherinnen binnen Tagesfrist 1.000 Stück hätten liefern können. Das weiß Dagmar Pfefferle nicht und kann es auch nicht wissen. Aus Bosnien bestellte die Firma Zuber 20.000 auf einen Sitz.

Seines Wissens seien zudem nicht alle Masken aus Deutschland für jede Familie erschwinglich. „Manche verlangen fast 15 Euro je Stück.“ Das gebe es bei ihm nicht. Obwohl es sich nach Corona anfühle, wie ein kompletter Neustart für die Firma.

Lebhaft und hartnäckig: Ein offenes Ohr beweist Rüdiger Zuber für die Fragen von Dagmar Pfefferle. Und die ehemalige Unternehmerin zeigt am Ende ebenfalls Verständnis für die besondere Situation zum beginn der Pandemie.
Lebhaft und hartnäckig: Ein offenes Ohr beweist Rüdiger Zuber für die Fragen von Dagmar Pfefferle. Und die ehemalige Unternehmerin zeigt am Ende ebenfalls Verständnis für die besondere Situation zum beginn der Pandemie. Foto: Irmeli Thienes

„Das Thema hat in unserer Frauenrunde wirklich Kreise gezogen. Es tat uns weh, den Aufdruck Bosnien zu sehen auf dem Etikett“, so Dagmar Pfefferle. Sie habe das Tütchen mit der Maske deshalb noch nicht einmal geöffnet, sagt sie und zieht es aus der Tasche. Dennoch zeigt sie Verständnis zeigt als ehemalige Unternehmerin für schwere Anfänge beim Geschäft.

Noch einen Auftrag zum versöhnlichen Schluss

Zuber nickt, dies zur Kenntnis nehmend: „Ich verstehe Sie ja auch. Ich ärgere mich auch, wenn Brettener Firmen Berufskleidung in Mannheim ordern anstatt bei mir, aber so ist das manchmal.“ Er zuckt die Schultern und lächelt dann, auch wenn man ihm ansieht, dass er etwas auf Kohlen sitzt, jetzt, wo der Laden wieder läuft und jede Hand im Betrieb gebraucht wird.

Dagmar Pfefferle beweist Gespür für die Situation und beendet den Besuch mit einem Auftrag: Waschlappen, Hand- und Badetuch in hellblauem Bio-Frottee möchte sie gern bestickt haben mit den Daten ihres Patenkindes. „Und bald vielleicht noch mehr“, fügt sie an. Beide lächeln noch fürs Foto und trennen sich freundlich, wenn auch ohne Handschlag, allerdings nur coronabedingt.

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