In diesem ungewöhnlichen Jahr ist das Normale ja schon eine Nachricht. Und so lässt es aufhorchen, wenn Filialleiter Michael Zeibig von Mode Jost in Bruchsal am Samstagabend bilanziert: „Es war ein fast normaler erster Advent.“ Das Haus war voll, das Geschäft lief gut. „Für Corona-Zeiten lief es sogar hervorragend“, sagt Zeibig mit Ladenschluss um 18 Uhr.
Der lange Einkaufssamstag hat sich hier also bezahlt gemacht. Zeibig ist auch stellvertretender Sprecher des Branchenbunds Bruchsal. Als solcher werde er zwar erst am Montag etwas Verbindliches sagen können, meint er. Seiner Wahrnehmung zufolge war die Fußgängerzone am Samstag wie auch schon am Tag davor, dem sogenannten Black Friday, gut frequentiert.
Rabatte locken in die Geschäfte
Das scheinen ermutigende Zeichen zu sein, zumal Steffen Jost, der Betreiber des Modehauses und zugleich Präsident des BTE Handelsverbands Textil, erst vor wenigen Tagen gegenüber dieser Redaktion gewarnt hatte: „Wenn jetzt alle Kunden nur noch bei Amazon oder Zalando einkaufen, werden in vielen Geschäften für immer die Lichter ausgehen und Geisterstädte zurücklassen.“ Insofern werde das diesjährige Weihnachtsgeschäft maßgeblich darüber entscheiden, wie künftig die Innenstädte aussehen werden.
Mittendrin im Shopping ist an diesem Samstag Familie Hertel aus der Bruchsaler Innenstadt. Vater, Mutter und zwei Kinder kaufen für den Eigenbedarf ein, der lange Samstag macht es entspannter möglich. Über dem Arm von Vater Julian hängt eine Jacke, die es 20 Prozent billiger gab. Viele Läden haben auch am Samstag nach dem Black Friday noch Rabatte.
Passantin enttäuscht von fehlenden Lichtern
Familie Hertel steht beim großen Weihnachtsbaum auf dem Marktplatz. Es ist halb fünf, es wird dunkel, der Nebel drückt in die Stadt. Doch nur vereinzelt ist schon etwas von der Festbeleuchtung in der Stadt zu sehen.
Bruchsal leuchtet noch nicht so recht, wie auch Bekannte der Familie Hertel feststellen, die eben noch einkaufen waren. Sie sind eigentlich extra wegen der Beleuchtung gekommen. „Wir suchen die Lichter. Die Stadt hat es doch gerade erst so beworben“, sagt die andere Mutter neben ihren beiden Töchtern etwas konsterniert. „Ich bin enttäuscht.“
Fünf Minuten später gehen die Lichter am Baum an, auch die Deko über den Wegen erstrahlt, und die illuminierten Fassaden von Stadtkirche und Rathaus sowie der in Grün getauchte Marktplatzbrunnen kommen jetzt mehr zur Geltung. Was sich an den vier Samstagen vor Weihnachten Christmas Shopping nennt, bekommt zumindest diesmal erst gut eine Stunde vor verlängertem Ladenschluss die weihnachtliche Beleuchtung.
Der Weihnachtsbaum wird gleich zum beliebten Selfie-Motiv. Die Beleuchtung ist Teil der „Bruchsaler Weihnachtsstadt“, mit der Menschen in die Innenstadt und in die Geschäfte gelockt werden sollen, wie Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick vorab erklärt hatte.
Geschenke in den vollen Einkaufstaschen
Der 50. Weihnachtsmarkt fällt bekanntlich aus. Statt Glühweinpyramide, Karussell und Budenstadt soll es ab diesem Montag an mehreren vorweihnachtlich dekorierten Imbissständen Essen und Trinken zum Mitnehmen geben. In der Kaiserstraße stehen die Menschen aber auch am Samstag schon an für gebrannte Mandeln und gebratene Würstchen.
In den Geschäften in der City hat derweil Julia Doninger aus Kraichtal zugeschlagen. Die junge Frau hat einige Geschenke gekauft. Parfum, Bodylotion, Raumduft, Kinderspielzeug und ein Gesellschaftsspiel, zählt sie mit Blick in ihre Einkaufstaschen auf. Sie ist mit ihrer Freundin unterwegs, die ihr geraten hat, den langen Samstag fürs ausgedehnte Einkaufen auszunutzen. Für sich selbst, sagt sie, war sie außerdem bei H&M.
Der Tag ist nicht das Problem. Das Problem ist das ganze Jahr.Faleem Khan, Inhaber K.M Mode
Am Rand der Fußgängerzone läuft es weniger rund. Weniger festliches Licht, weniger geöffnete Läden, weniger kauffreudige Leute. Oder wie Inhaber Faleem Khan von K.M Mode sagt: „Null, null, null.“ Vom Christmas Shopping am ersten Adventssamstag kommt bei ihm nach eigener Aussage nichts mehr an.
„Der Tag ist aber nicht das Problem“, stellt er klar. „Das würden wir verkraften. Das Problem ist das ganze Jahr.“ Nur dass es bei ihm, anders als am anderen Ende der Fußgängerzone bei Jost, nun eben keinen Stimmungsaufheller vor Weihnachten gibt. Immerhin ein Pärchen kommt um Viertel vor sechs noch zu Khan in den Laden.
Ist da nun vergleichsweise viel los in der Innenstadt oder nicht? Die Beobachter sind sich selbst nicht einig. Die Angst vor dem Virus oder die Unlust, eine Maske beim Einkaufen zu tragen, halte doch manchen davon ab, in die Geschäfte zu gehen, heißt es von Passanten hier und da.
Bei Jost sieht man dagegen in der Tat viele Menschen, die nach Jacken, Schals und Socken stöbern. Noch einmal Filialleiter Zeibig: „Das Black Weekend lief gut. Überraschend gut. Es wäre ein richtig positiver Start in den Advent, wenn es so weitergehen würde.“