Es soll ein großer Wurf werden, mit dem Arbeitstitel „Denkort Fundamente“. Es geht um die künftige Bebauung und Nutzung des alten Feuerwehrareals in der Bruchsaler Innenstadt. Nachdem es ruhig um das Bürgerbeteiligungsverfahren wurde, stellte Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick nun ihre Idee vor.
Ihr und ihrer Verwaltung schwebt ein Dreiklang vor: Dort wo einst die jüdische Synagoge stand - und später das Feuerwehrhaus - könnte, so der Tenor, etwas wahrlich Denkwürdiges entstehen. Eine Kombination aus einer erweiterten Handelslehranstalt, einem Ort jüdischen Lebens und Gedenkens und einer Art Bildungszentrum in Ergänzung zur Landesfeuerwehrschule.
Bruchsaler Feuerwehr hat brennende Synagoge nicht gelöscht
„Wir waren uns einig, auch im Gemeinderat, dass wir kein Holocaustmahnmal, keine reine Gedenkstätte oder ein Museum an dieser Stelle errichten möchten“, erläuterte Petzold-Schick. Vielmehr soll die lebendige jüdische Kultur eine Rolle spielen und zugleich aktuelle Fragen erörtert werden, wie man etwa mit wieder aufkeimendem Rassismus und Antisemitismus umgeht.
„Es soll um Zivilcourage gehen. Wir möchten sensibel, kritisch, wütend und nicht beschönigend zurückblicken.“ Ziemlich einmalig sei der Ort in zentraler Lage Bruchsals, verdeutlichte Petzold-Schick. Hier stand nicht nur bis zur Reichspogromnacht eine prächtige jüdische Synagoge als äußeres Zeichen eines einst lebendigen jüdischen Lebens in Bruchsal.
Nein, die Bruchsaler Feuerwehr hat das brennende Gotteshaus 1938 auch nicht gelöscht, und in der Nachkriegszeit hat man just auf dieses Gelände dann ein Feuerwehrhaus gestellt. Auch auf Anregung des Antisemitismus-Beauftragten des Landes, Michael Blume, habe man diese einzigartige unrühmliche Kombination nun in die Idee eines Bildungszentrums einfließen lassen.
Feuerwehr und Polizei anfällig für rechte Tendenzen
„Am Ort des einstigen Versagens“, so drückte es Hauptamtsleiter Wolfgang Müller aus“, könnte ein Ort der staatsbürgerlichen Bildung entstehen. Hierarchisch strukturierte Institutionen wie Feuerwehr oder Polizei seien anfällig für rechte Tendenzen, erklärte Müller.
Sie nicht nur in Fragen von Löschen, Retten, Bergen, Schützen auszubilden, sondern sozial und staatsbürgerlich, die sei auch ein Wunsch der Verantwortlichen der Landesfeuerwehrschule, ergänzte Petzold-Schick. Sie hat bereits ihre Fühler ausgestreckt, dem Innenminister ihre Idee vorgestellt, aber auch dem Landrat und Vertretern jüdischer Institutionen in Baden. „Der Ort könnte landes- oder bundesweit zu einem Magneten werden“, so die Vision.
Städtebaulich sei das Gelände so zentral, es könnte zum zweiten Anziehungspunkt neben dem Bruchsaler Schloss werden, erklärte Stadtbaumeister Harmut Ayrle. Frequenzbringer wie die Handelslehranstalt oder die Landesfeuerwehrschule sorgten für Leben in der Innenstadt.
Wir wollen hier nicht nur nichts falsch machen, sondern das Richtige tun.Cornelia Petzold-Schick, Oberbürgermeisterin der Stadt Bruchsal
Handlungsleitend, so betonte die OB, sei für sie, an diesem besonderen Ort, „nicht nur nichts falsch zu machen, sondern das Richtige zu tun.“ Eine profane Bebauung, so wird klar, mit einem Einkaufszentrum oder Wohnungen, komme für die OB an diesem Ort nicht wirklich in Frage. Man will klotzen und nicht kleckern, so war zwischen den Zeilen zu vernehmen.
Finanzierungsfragen seien dabei noch nicht geklärt. Fördergeld etwa vom Land ist denkbar, Spenden, Sponsoren, Mäzene. Sollte die Handelslehranstalt ihre Fläche erweitern, wird sich der Landkreis finanziell einbringen. Vor wenigen Tagen ist der Gemeinderat zum ersten Mal mit der Idee konfrontiert worden, im Juni soll es eine Klausurtagung dazu geben. Das letzte Wort haben die gewählten Vertreter.
Bürgervorschläge und Ideenwettbewerb sind eingeflossen
Die jetzige Vision entspringt, zumindest in Teilen, den knapp 50 Bürgervorschlägen für das Gelände sowie einem Ideenwettbewerb. Wiewohl es in Bruchsal heutzutage kaum mehr jüdisches Leben gibt, gebe es doch Signale aus anderen jüdischen Gemeinden, die die Idee für gut befinden, erklärt die OB. Einen Begegnungsort zu schaffen, mit experimentellen Möglichkeiten, der die Bedeutung der jüdischen Kultur in Baden hervorhebt.
Mit der Vorstellung bei einer Pressekonferenz sei die Idee erstmals in der Öffentlichkeit. Nun gelte es, weitere Gespräche zu führen, Kontakte zu anderen Institutionen aufzubauen, die gewählten Abgeordneten einzubinden. Einiges wird wohl davon abhängen, mit welcher Landesregierung es man nach den aktuell laufenden Sondierungsgesprächen zu tun hat.