„Was ist Exotik?“, fragt die Sonderausstellung der Lebenshilfe Speyer-Schifferstadt im Schloss Bruchsal, die ab sofort ihre Türen für Besucher öffnet. Die leuchtenden Bilder – mal abstrakt, mal gegenständlich, aber immer besonders bunt – in den Räumen der Zwischenetage des Bruchsaler Barockschlosses wollen hierauf keine abschließende Antwort geben – aber sie bergen einen Hinweis auf die facettenreiche Vielfalt von Exotik.
Für die Ausstellung, die im Bruchsaler Schloss den Auftakt zum Themenjahr „Exotik“ bildet, kooperiert die Schlossverwaltung mit dem inklusiven Kunst-Projekt „Molemol“ der Lebenshilfe in Speyer.
Dort ist der Name, hinter dem sich die Pfälzer Dialektform der Aufforderung „Mal‘ einmal!“ verbirgt, Programm: Über 70 Menschen mit Beeinträchtigungen aus Wohneinrichtungen der Lebenshilfe in Speyer und Schifferstadt lassen im Atelier mit Pinsel und Farben unter der Leitung von Karin Bury, Kuratorin der Sonderausstellung, ihrer Fantasie freien Lauf.
Ausstellung ist das Ergebnis einer Kooperation
Ihre Ergebnisse präsentieren 17 von ihnen nun vor barocker Kulisse. „Kunst ist immer Therapie – für unsere Künstler, aber immer auch für die Betrachter“, erklärt Martin Zimmer, Geschäftsführer der Lebenshilfe Speyer-Schifferstadt, bei der Eröffnung der Werkschau.
„Die Ausstellung soll ein aktiver Beitrag zur Inklusion sein. Unser kulturelles Erbe gehört allen gemeinsam“, betont Michael Hörmann, Geschäftsführer der staatlichen Schlösser und Gärten in Baden-Württemberg. „Wir wollen die Schauplätze unserer Geschichte möglichst allen zugänglich machen“, erläutert er die Intention hinter der Kooperation, die eingebettet ist in ein neues, inklusives Besucherkonzept am Schloss Bruchsal, das während der Schließzeit konzipiert wurde.
Rundgänge für Menschen mit Behinderung
Unter dem Stichwort „Viel(falt) (er)leben“ werden im Schloss künftig spezielle Rundgänge für Menschen mit Beeinträchtigungen angeboten. Eine für Blinde konzipierte Führung nähert sich dem Barockerbe vor allem über dem Tastsinn, für Hörgeschädigte werden Führungen in Gebärdensprache bereitgestellt.
Mit Liedern, Gedichten und dem Anregen der biographischen Erinnerung richtet sich ein weiteres Erkundungs-Angebot speziell an demenzkranke Menschen und ihre Angehörige.
Derweil zeigen in den Schönbornsälen des Barockschlosses die fantasievollen Gemälde der Künstlerinnen und Künstler deren ganz persönliche Sicht auf Exotik und das Besondere: Die ästhetische Bandbreite reicht von fremden Tier- und Lebenswelten über die Darstellung von Menschen aus fernen Ländern bis hin zu großformatigen, abstrakten Farbfeuerwerken.
Immer wieder werden dabei Alltagserfahrungen verarbeitet, gleich mehrere Bilder zeigen als Motiv die giftgrünen Papageien, die inzwischen vor allem im Rhein-Neckar-Raum heimisch sind.
Perspektive des Malers auf einer Begleittafel
Zu jedem Bild findet sich eine Begleittafel, welche neben einer Vorstellung des Malers auch dessen persönliche Perspektive auf das Exotische wiedergibt. Es ist eine sensible und respektvolle Art, mit der sich die gesamte Ausstellung der Geschichte ihrer ausstellenden Künstler nähert: Nie liegt der Fokus auf ihrer Beeinträchtigung selbst, stattdessen wird die Leinwand zum Schlüssel in eine Welt, in der die Kategorie „Behinderung“ ihre Bedeutung verliert und in der Sehnsüchte, die jeder kennt und nachvollziehen kann, an ihren Platz rücken.
„Kunst unterscheidet nicht“, fasst Martin Zimmer zusammen. „Malerei ist bisweilen Therapie, doch das Ergebnis ist Kunst. Denn jedes ausgestellte Bild hat den Anspruch, etwas zu sagen“, resümiert Michael Hörmann die Sonderausstellung.
Service
Noch bis zum 12. September werden die Bilder der Künstler um das Förderatelier „Molemol“ in den Räumen des Schlosses zu bestaunen sei. Einzelne Arbeiten stehen auch zum Verkauf.