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Lkw-Geschäft ist "knallhart"

Autobahnpolizei kontrolliert Lkw-Fahrer: „Da ist nix mehr mit Trucker-Romantik“

Bei einer Kontrolle auf zwei Rastplätzen bei Forst hat die Autobahnpolizei rund 150 Lkw-Fahrer kontrolliert. Einsatzleiter Batschauer und sein Team wollen Präsenz zeigen. Gleichzeitig gehe es aber auch um Prävention. „Wir wollen Verständnis schaffen und das Gespräch mit den Fahrern suchen“, sagt er. Im Lkw-Geschäft habe es zwar immer schon Druck gegeben. „Jetzt aber ist es knallhart.“

Einsatzbesprechung: Lothar Batschauer (hinten in der Mitte) und einige seiner Kollegen ziehen eine erste Zwischenbilanz. Dann wird das weitere Vorgehen bei der Lkw-Kontrolle abgeklärt.
Einsatzbesprechung: Lothar Batschauer (hinten in der Mitte) und einige seiner Kollegen ziehen eine erste Zwischenbilanz. Dann wird das weitere Vorgehen bei der Lkw-Kontrolle abgeklärt. Foto: Töngi

Es dauert nach dem Klopfen einige Sekunden. Dann wird der dunkle Vorhang im Fahrerhaus plötzlich aufgerissen. Der Mann drinnen trägt nur kurze Hosen. Langsam kurbelt er die Scheibe runter. Mit seiner rechten Hand reibt er sich den Schlaf aus den Augen. Draußen warten zwei Polizisten.

„Verstehen Sie Deutsch oder Englisch?“, fragt einer der Beamten. Der Lkw-Fahrer schüttelt den Kopf und zieht sich ein T-Shirt über. Das internationale Zeichen für Alkohol – Daumen und kleiner Finger werden gespreizt und an den Mund gehalten – kennt er aber. Der junge Mann springt aus dem 40-Tonner. Dann schlüpft er in abgetragene Plastik-Pantoletten. Seine Augen wirken müde.

Dem Nummernschild nach kommt der Lastwagen aus Polen. Nun parkt der Koloss an der Raststätte Bruchsal Ost auf der A5. Zwangspause wegen des Sonntagsfahrverbots. Es ist kurz nach 19 Uhr. Der Lkw-Fahrer atmet tief ein und pustet dann in den Atem-Alkoholtester. Es piept: 0,0 Promille. Die Polizisten nicken und kleben einen schwarzen Sticker neben die Fahrertür. So wissen die Beamten später bei der Abfahrtskontrolle um 22 Uhr, dass alles in Ordnung war. Der Fahrer klettert zurück in seinen Lkw und zieht den Vorhang wieder zu.

Ein schwarzer Sticker wird am Lkw dieses Mannes angebracht. Dadurch wissen die Polizisten, dass alles in Ordnung war.
Ein schwarzer Sticker wird am Lkw dieses Mannes angebracht. Dadurch wissen die Polizisten, dass alles in Ordnung war. Foto: Töngi

"Manche kommen auf dumme Gedanken"

Die Polizisten klopfen bereits am nächsten Wagen. Am Ende werden es rund 150 sein. Der „Spitzenreiter“ unter den Fahrern hat knapp 1,9 Promille. Während Fahrer aus Deutschland den freien Sonntag meist bei ihren Familien daheim verbringen, lohnt sich die weite Fahrt für ausländische Trucker nicht, weiß Lothar Batschauer. „Die müssen sich dann auf Rastplätzen irgendwie die Zeit um die Ohren schlagen“, sagt der Leiter des Autobahnpolizeireviers Karlsruhe. „Manche kommen dabei auf dumme Gedanken.“

Der 56-Jährige meint das Trinken. Der Großteil der Lkw-Fahrer sei aber gewissenhaft, betont Batschauer. Ein paar schwarze Schafe gebe es eben überall. Und genau die suchen die 23 Beamten nun auf den beiden Rastplätzen bei Forst. Einsatzleiter Batschauer und sein Team wollen Präsenz zeigen. Gleichzeitig gehe es aber auch um Prävention. „Wir wollen Verständnis schaffen und das Gespräch mit den Fahrern suchen“, betont Batschauer, der bereits seit 1984 bei der Autobahnpolizei ist. In dieser Zeit habe sich einiges auf den Straßen geändert. „Da ist nix mehr mit Trucker-Romantik“, sagt er. Im Lkw-Geschäft habe es zwar immer schon Druck gegeben. „Jetzt aber ist es knallhart.“

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Diese Parkkralle kommt nur in ganz harten Fällen zum Einsatz und verhindert die Weiterfahrt. Foto: Töngi

Manche trinken nach der Kontrolle weiter

Dicht getaktete Aufträge bei Mini-Gehältern seien meist die Regel. „Vor kurzem habe ich mit einem Fahrer aus Litauen gesprochen“, erzählt Batschauer. „Der hat 500 Euro im Monat bekommen und ist ständig unterwegs.“ Jetzt stehen die Lkw aber erstmal. Deshalb könne man die Fahrer auch nicht zu einer Alkoholkontrolle zwingen, sagt Batschauer. Wenn sie allerdings um 22 Uhr weiterfahren, gelten andere Regeln. Dann nehmen sie aktiv am Straßenverkehr teil.

Bei einem Fahrer, der einer Kontrolle zugestimmt hat, werden 0,92 Promille Alkohol gemessen. Die Polizei zieht deshalb vorübergehend Frachtpapiere und Führerschein ein. „Um sieben Uhr morgens werden alle, die auffällig waren, nochmal kontrolliert“, erklärt Batschauer. Denn: Manche trinken noch weiter. „Wir hatten Mal einen Fahrer mit 0,8 Promille erwischt“, erzählt er. Morgens seien es dann 1,2 Promille gewesen. Hinterm Steuer von Lastwagen gelte die 0,5-Promille-Grenze, bei Gefahrgut sind es 0,0.

Höchstwert bei Kontrolle: 4,04 Promille

Die Gewerkschaft der Polizei sprach sich jüngst allerdings für ein striktes Alkoholverbot am Steuer aus, das für alle Lastwagentransporte zu gelten habe. Bei einer landesweiten Kontrolle Anfang Juni wurden insgesamt 1 764 Lkw-Fahrer kontrolliert. Davon hatten 187 Alkohol getrunken. Der Höchstwert lag nach Angaben des Stuttgarter Innenministeriums bei 4,04 Promille.

Mittlerweile ist es dunkel. An den Ecken springen die Laternen an. Batschauer und sein Kollege Thomas Ackermann (26) fahren auf die andere Seite des Rasthofes, um die Lage mit den Kollegen zu besprechen. Im Polizeiwagen kommen immer wieder neue Funksprüche rein. „Wir überprüfen auch, ob die Fahrer zur Fahndung ausgeschrieben sind“, erklärt Ackermann. Knapp zwei Wochen lang hat er den Einsatz vorbereitet. Jetzt kurvt er durch den Lkw-Dschungel.

Unter einem Baum sitzen fünf Fahrer, auf dem Tisch stehen Bierflaschen. Mit dem Reporter will niemand sprechen. Auch eine andere Gruppe winkt ab. Ein Fahrer, der gerade durchs TV-Programm zappt, scheint hingegen froh zu sein, sich mit jemandem unterhalten zu können. Freunde? Hat er hier nicht, meint der Ukrainer. Alkohol? Er schüttelt den Kopf. „Nur fernsehen und schlafen.“ Um sieben Uhr geht es für ihn weiter. Dann zieht er den Vorhang wieder zu.

Wochenendfahrverbot

An Sonn- und Feiertagen gilt auf deutschen Straßen in der Zeit von Mitternacht bis 22 Uhr ein Fahrverbot für gewerblich genutzte Lastwagen über 7,5 Tonnen sowie Anhänger hinter Lkw. Dies wurde bereits im Jahr 1956 eingeführt. Es gibt jedoch einige Ausnahmen – zum Beispiel für die Beförderung von verderblicher Ware. Das Fahrverbot soll vor allem der Sonntagsruhe dienen. Zudem wird es auch mit dem Lärm- und Umweltschutz sowie der höheren Verkehrsbelastung am Wochenende begründet.

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