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Winzergenossenschaft Zeutern

Weinlese im Kraichgau hat begonnen: Wenn der Vollernter an der Rebe rüttelt

Bei der Weinlese im Kraichgau kommt schweres Gerät zum Einsatz. In Zeutern, Langenbrücken, Odenheim und Elsenz ist Jochen Kunz mit dem Vollernter unterwegs. Wir haben ihn begleitet.

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Mit großem Gerät ran an die zarten Trauben: Mit einem Vollernter nimmt Jochen Kunz die Weinreben in die Mangel. Foto: Nicole Jannarelli

Die Reben wackeln, die Weinblätter zittern, ehe sie im dröhnenden Bauch der Maschine verschwinden.

Der Vollernter von Jochen Kunz ist ein eindrucksvolles Gefährt. Hoch und laut, aber auch wendig und schnell.

Seit die Weinlese im Kraichgau begonnen hat, ist Kunz mit der Landmaschine unterwegs. Reihe um Reihe, Weinberg um Weinberg fährt er hoch und wieder runter. In Zeutern und Langenbrücken, in Odenheim und Elsenz.

Die reifen Trauben fallen durch das Vibrieren ab

Der 33-Jährige sitzt in rund zwei Metern Höhe über den Reben und lenkt den Vollernter sicher von einer Reihe zur anderen in der Rebanlage Goldberg bei Langenbrücken. „Mit Regent haben wir angefangen, jetzt ist Müller-Thurgau dran. Das sind die frühen Sorten“, ruft er ins Dröhnen der Maschine hinein. Der Glasboden in der Fahrerkabine gibt den Blick nach unten frei.

So prüft er, ob die Reben an der richtigen Stelle sind. Denn ein Zurück gibt es mit der Maschine nicht. Die Schuppenbahn unten, durch die die Rebstöcke geführt werden, kennt nur eine Richtung: nämlich vorwärts.

Rainer Weidemann, Weinlese Kraichgau
Von der Maschine in den Anhänger: Schnell nach der Ernte bringt Rainer Weidemann die Trauben in seinen Keller. Dort baut der Selbstvermarkter seine Weine selbst aus. Foto: Nicole Jannarelli

Dass es oben bei ihm rüttelt und rumpelt, das lässt Kunz völlig kalt. Das Schlagen und Vibrieren unten sorgt dafür, dass die reifen Trauben abfallen und im Bauch des Vollernters landen. Die Rispen bleiben am Weinstock hängen, einzelne Blätter werden vom Förderband geblasen. Ist der Traubentank voll, öffnet Kunz seitlich eine Klappe und kippt die Beeren in große grüne Wannen, die auf einem Traktoranhänger bereit stehen.

Hochbetrieb für den Vollernter

Ungefähr zweieinhalb Tonnen sind es, die einige Minuten später bereit sind zum Abtransport. Und für Jochen Kunz geht es weiter zum nächsten Weinberg. Der Start der Weinlese sei gut, sagt er, die Öchslegrade hoch. Die Winzergenossenschaft (WG) Zeutern hat ihren Leseplan für die nächsten Tage festgelegt, da wartet einiges an Arbeit auf den jungen Landwirt, der für die örtliche Maschinengemeinschaft den Vollernter bedient. Dazu kommen noch Winzer, die ihre Reben selbst ausbauen.

So einer ist Rainer Weidemann aus Langenbrücken. Er ruft Kunz zu, wann er am Wochenende seine Hilfe brauchen könnte. Der nickt und fährt los. Weidemann ist Nebenerwerbswinzer und hat 1989 seinen ersten Jahrgang ausgebaut. Seine Weine vertreibt er als Direktvermarkter. Die Trauben seines Vaters gehen an die WG Zeutern.

Mit dem Vollernter kann ich just in Time lesen.
Rainer Weidemann, Winzer aus Langenbrücken

Und die hat Kunz gerade geerntet, 24 lange Reihen. „Mit dem Vollernter braucht der Jochen pro Reihe eine Minute“, sagt Weidemann. Für die Lese per Hand hätte der 52-Jährige ungefähr 15 Helfer gebraucht, die vier Stunden beschäftigt gewesen wären. „Natürlich ist das schön, mal ein paar Stunden zu Herbsten und danach beieinander zu sitzen.“

Doch die Realität sieht so aus: Weidemann, der im Hauptberuf bei der Gemeinde Bad Schönborn arbeitet, bewirtschaftet 2,5 Hektar Weinberge. Sind seine Trauben reif, muss er schnell reagieren können. „Mit dem Vollernter kann ich just in Time lesen“, sagt er. Auch bei der Weiterverarbeitung spart er Kräfte, denn die Trauben sind schon vom Henkel gezogen. Abgebeert, nennen Winzer das.

Das Herbsten bringt auch immer Nervenkitzel

Das Herbsten, es bedeutet immer auch ein bisschen Nervenkitzel, sagt der Langenbrücker. Das Wochenende soll nass werden. Wie stark wird es regnen? Was kriegt man vorher noch gelesen? „So kurz vor dem Ziel will man seine Trauben gut in den Keller bringen“, sagt Winzer Weidemann.

Bei mir klingelt im Moment ständig das Handy.
Jochen Kunz, Landwirt

Und Jochen Kunz auf seinem Vollernter plant schon eine Nachtschicht. Mit Andreas Schlicht hat er sich darüber ausgetauscht. Der ist Vorsitzender der WG Zeutern und jongliert dieser Tage mit Einsatzplänen und seiner Zeit. „Bei mir klingelt im Moment ständig das Handy“, sagt er und wirft sicherheitshalber einen Blick darauf.

Drei Tage Müller-Thurgau sind in Zeutern angesetzt. Die Termine zur Lese wurden mit der Weinkellerei in Wiesloch abgestimmt. Die „Winzer von Baden“ machen aus dem Traubensaft Zeuterner Mannaberg. Am Donnerstag stehen die Genossenschaftsmitglieder Schlange beim Kelterhaus: Zwölf Winzer haben sich angemeldet.

Gut gekühlt wird ihr Saft in die Kellerei gebracht. „Dann dauert es nochmal ein halbes Jahr, bis der Wein in die Flasche kommt“, sagt Schlicht. Noch ein kurzes Gespräch bei der Anlieferung, dann steigt er auf den Traktor und ist wieder unterwegs. Auf ihn warten neben den Trauben auch noch die Äpfel.

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