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Homeschooling

Berufsschülern in Bruchsal fehlt im Lockdown der praktische Unterricht

Beim Homeschooling an den Berufsschulen wird der theoretische Unterricht notgedrungen vorgezogen. Um den Schülern auch praktisch zu zeigen, wie man fräst, bohrt oder Locken legt, sind die Lehrer kreativ geworden.

Ein Metallteil wird gefeilt.
Virtuelle Vorführung: Wie ein Metallteil gefeilt wird, kann im praktischen Werkstattunterricht in den Berufsschulen im Moment nicht gezeigt werden. Die Lehrer filmen die Handgriffe beim Bohren, Fräsen oder Sägen. Foto: Patrick Seeger / dpa

Azubis lernen viel von erfahrenen Kollegen, allein vom Zuschauen. Sägen, bohren, fräsen, schweißen – die Grundlagen werden auch im praktischen Unterricht der Berufsschulen vermittelt. Die sind allerdings seit Mitte Dezember im zweiten Lockdown.

Jan Eißner und Viktor Kanz, Technische Lehrer an der Balthasar-Neumann-Schule I im Gewerblichen Bildungszentrum Bruchsal, drehen deshalb derzeit viele Filme in der Schulwerkstatt.

„Wie man ein Gewindeteil schneidet oder lötet, kann man in einem Video vormachen“, erzählt Eißner, Meister für Anlagetechnik. Nach den Erfahrungen während des ersten Lockdowns sei solch eine Demonstration nicht viel schlechter als real auf der Baustelle.

Man lernt nur durch das eigene Tun richtig gut.
Frank Heusch, Rektor der Balthasar-Neumann-Schule I

Mittlerweile handhaben viele Berufsschullehrer die Handykamera routiniert wie mancher YouTuber: Da wird im Video gezeigt, wie Friseur-Azubis am Übungskopf Haare waschen und Lockenwickler legen können.

Auch die richtigen Handgriffe lassen sich Pflegeschüler per Video zeigen. Den Schülern gefällt es. Wenn auch manche Zwischenfrage unbeantwortet bleibt, weil es eben keine Live-Übertragung ist. Es können nicht eben mal schnell zwei Schrauben gelöst werden, um hinter ein Bauteil zu schauen.

Auch der Austausch untereinander am Montage-Wagen fällt weg. Die Video-Demonstration funktioniert deshalb nicht immer und nicht in jedem Ausbildungsberuf. „Für das Schweißen braucht man viel Gefühl, sonst brennt man ein Loch in das Werkstück“, so Eißner.

Der virtuelle Unterricht für die 1.200 Schüler könne den Praxisunterricht in den Holz-, Farb-, Metallklassen oder für angehende Augenoptiker nicht ersetzen, so Frank Heusch, Rektor der Bruchsaler Balthasar-Neumann-Schule I: „Man lernt nur durch das eigene Tun richtig gut.“

Theorieunterricht wird vorgezogen

Die Berufsschulen machen aus der Not eine Tugend: Vielerorts wird der Theorie-Unterricht vorgezogen. „Eigentlich wäre dabei eine Vertiefung der Handlungskompetenzen im praktischen Unterricht nötig“, erklärt etwa Andreas Beisecker, stellvertretender Schulleiter an der Balthasar-Neumann-Schule II.

Mangels Maschinen und Werkzeuge im Online-Unterricht muss das ausfallen. Die Folgen für die duale Ausbildung seien noch nicht absehbar. Er glaubt nicht, dass alle 700 Berufsschüler die ausgefallenen Inhalte nachholen – dazu fehle die Zeit und die passenden Maschinen.

Die Schere zwischen den leistungsstarken Schülern und den anderen Schülern, die vielleicht nicht so motiviert seien, werde immer weiter auseinandergehen. Er hofft deshalb, dass die Politik möglichst bald die Schulen wieder öffnet.

Leistungsschere geht auseinander

Helmut Dörr, stellvertretender Rektor der Käthe-Kollwitz-Schule, setzt darauf, dass Pflegefachschüler und angehende Erzieherinnen fehlende praktische Unterrichtseinheiten in ihrem Berufsalltag erhalten, in dem sie derzeit stark gefordert seien.

Auch in der Schreinerei Leicht in Karlsdorf-Neuthard legt man Wert auf die Praxis. „Unser Meister klärt, was im praktischen Unterricht gefehlt hat, und dann kann der Azubi das nachholen“, sagt Thorsten Leicht, gleichzeitig Obermeister der Schreiner-Innung Bruchsal.

Ausbildungsbetriebe müssen es richten

Keine Probleme mit dem fehlenden Praxisunterricht gibt es an der Handelslehranstalt Bruchsal, da es dort ohnehin keine Werkstätten gibt. Aber auch dort wurde der Theorieunterricht im Bereich Informatik oder Schreibtechnik für die 1.100 Schüler vorgezogen.

„In den vergangenen zwei Wochen waren nur wenige Klassen im Haus, um Klassenarbeiten zu schreiben“, sagt Schulleiter Gerold Greil. Schließlich müssen trotzdem die Noten für das Halbjahreszeugnis gemacht werden. Das soll dann nach den Faschingsferien verteilt werden.

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