Wie sicher ist Bruchsal? Um diese Frage geht es bei der Vorstellung der Kriminalitätsstatistik der Polizei. Die gute Nachricht vorweg: Die Stadt wird seit Jahren immer sicherer.
Doch bilden die jährlich im Gemeinderat vorgestellten Zahlen überhaupt die Wirklichkeit ab? Und wie steht es um die „gefühlte Sicherheit“?
Christina Zäpfel hat dazu Fragen und Antworten zusammengestellt.
Wie haben sich die Zahlen von Straftaten, Verbrechen und Unfällen 2021 entwickelt?
Darüber gibt traditionell der Bruchsaler Revierleiter dem Gemeinderat Auskunft. Nach dem Weggang von Wolfgang Ams hat Jürgen Conrad die Zahlen erstmals vorgestellt. Der Trend hält an: Bruchsal verzeichnet 2021 erneut weniger Kriminalität als im Vorjahr. Die Polizei erfasste 2.703 Fälle. Das sind 9,2 Prozent weniger als 2020. Die Aufklärungsquote liege bei 66,2 Prozent. Rückläufig mit minus sieben Prozent sind die Straftaten auch im Landkreis. „Ich bin schon ein bisschen stolz auf meine Mitarbeiter“, sagte Conrad. Seit 2018 gingen die Zahlen der Straftaten und Unfälle stetig zurück. „Das wird langfristig schwer zu halten sein“, prophezeite der Neue allerdings.
Wie erklärt sich der starke Rückgang? Liegt’s womöglich am neuen Revierleiter?
Nein. Auch unter Conrads Vorgänger sah man zuletzt eine erfreuliche Entwicklung. Hauptursache vermutlich: Corona. Die Leute waren vermehrt zu Hause. Die Gastronomie war eine Zeit lang geschlossen. Es gab Ausgangssperren. Auch können Zahlen aufgrund polizeilicher Aktivität schwanken. Verstärkt die Polizei den Fokus auf Drogenkonsum und Verkauf, steigen die Zahlen schnell an. Lässt sie es, bleiben viele Fälle unbekannt oder unaufgeklärt.
Bildet die Statistik dann überhaupt das echte kriminelle Geschehen in Bruchsal ab?
Es gibt immer ein Hell- und ein Dunkelfeld. Die Polizeistatistik führt nur die Straftaten auf, die registriert wurden. Zudem gibt es auch so etwas wie„gefühlte“ Kriminalität. Etwa, wenn sich Menschen im Bahnhofsumfeld unsicher fühlen. Bei Einbrüchen aber kann man davon ausgehen, dass die Statistik mit den tatsächlichen Fällen einigermaßen übereinstimmt, weil Einbrüche meist angezeigt werden. Erfreulich hier: Nach Jahren steigender Zahlen und der Reaktion der Polizei gab es 2021 nur noch insgesamt elf Taten von vollendeten oder versuchten Einbrüchen in ganz Bruchsal. Ein Minus von 56 Prozent. Corona, Lockdown, Homeoffice und verstärkte Polizeikontrollen werden hier als Gründe angeführt.
Bei anderen Straftaten, häusliche Gewalt etwa oder Internetbetrug, wird die Dunkelziffer höher sein. „Das Anzeigeverhalten der Bürger variiert“, weiß Conrad. Wird in den Medien etwa über Enkeltricks berichtet, steigen die angezeigten Fälle. Schwankungen können auch durch Gesetzesänderungen auftreten. Ein Plus von 150 Prozent etwa meldet Conrad bei der Verbreitung pornografischer Schriften. Das kann schon das Verschicken von Nacktbildern unter Jugendlichen sein, was früher nicht strafbar war oder nicht angezeigt wurde.
Gibt es weitere Auffälligkeiten in den Zahlen?
Gleichgeblieben ist die Anzahl sogenannter Rohheitsdelikte, etwa Körperverletzungen. Sie lag bei 365. Genau eine pro Tag, im Schnitt. Dagegen vermeldet Conrad einen Rückgang der Diebstähle um 30,8 Prozent. Auch die Zahl der Verkehrsunfälle ging zurück: 1.273. Das ist ein Minus von 20 Prozent. Es gab zwei Todesopfer, genauso wie ein Jahr davor. Die Zahl Schwerverletzter aber sank um knapp 40 Prozent. Um fast 50 Prozent gestiegen seien hingegen Sachbeschädigungen. Verkratzte Autos etwa. Schon im vergangenen Jahr thematisierte Wolfgang Ams die große Zahl an Graffiti-Schmierereien in der Stadt.
Wie ist die Polizei in Bruchsal aufgestellt?
Die Arbeitsbelastung seiner Leute sei nach wie vor sehr hoch, führte Conrad aus. Gerade in Urlaubszeiten fahre man von einem Einsatz zum nächsten. „Das ist eine Zerreißprobe“, beschrieb es Conrad. Für Kontrollen außer der Reihe, sei da keine Kapazität mehr. Die anfänglich nicht angemeldeten montäglichen Corona-Demos belasteten die Beamten zudem. „Das war eine schwierige Zeit.“ Zwischenzeitlich habe man aber ein meist konstruktives Verhältnis zu den Veranstaltern entwickelt, erklärte er. In Bruchsal wird zudem nicht mehr demonstriert.
Das Radfahren boomt. Der Ausbau von Radwegen kommt in Bruchsal voran. Die Stadträte wollten wissen: Wie haben sich die Radunfälle entwickelt?
Auch hier gab es laut Conrad einen Rückgang. Registriert wurden 42 verletzte und ein toter Radfahrer. Gemutmaßt wurde, dass viele Unfälle nicht registriert werden.
Gefragt wurde auch nach Einsätzen mit psychisch kranken Menschen. Seit mehreren Vorfällen von Polizeieinsätzen, unter anderem ein tödlicher in Mannheim, ist das Thema heiß diskutiert. Die Polizei steht in der Kritik. Wie ist es in Bruchsal?
Definitiv sei da ein Anstieg zu verzeichnen, führte Conrad aus. Diese Einsätze seien meist sehr schwierig, oft auch mit Gewalt verbunden. „Unkalkulierbar“, so Conrad. „Aber dafür sind wir auch da.“
Werden die Fallzahlen nach Corona wieder steigen?
Um diese Frage zu beantworten, müsste man Hellseher sein. Vielleicht gibt es eine neue Normalität, so Conrad. Corona hatte wiederum für neue Straftaten gesorgt. „Es gab viele gefälschte Impfpässe“, berichtete der Revierleiter. „Hier haben wir rigoros durchgegriffen.“ Meist mit Durchsuchungsbeschluss.