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Behelfsbrücken für Fußgänger

Bruchsaler Bahnübergänge sind wohl schon ab Ende Februar dicht

Die geplante Vollsperrung der Bahnübergänge in Bruchsal und Bretten kommt früher als gedacht. Und sie sorgt dafür, dass manch einer lange Umwege fahren muss. Ein betroffener Landwirt aus Helmsheim wirft der Bahn gar vor, mit falschen Zahlen zu argumentieren. Bnn.de hat nachgefragt.

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„DORT OBEN ZIEHT ES WIE HECHTSUPPE.“ Wie hier bei Rastatt an der Tunnelbaustelle bekommen auch die Bahnübergänge zwischen Bruchsal und Bretten während ihrer Komplettsperrung hohe Behelfsbrücken. Sie sind nicht barrierefrei und werden bereits Ende Februar aufgebaut. Foto: Collet

Die geplante Vollsperrung der Bahnübergänge in Bruchsal und Bretten kommt früher als gedacht. Und sie sorgt dafür, dass mancher lange Umwege fahren muss. Ein betroffener Landwirt wirft der Bahn gar vor, mit falschen Zahlen zu argumentieren. Bnn.de hat nachgefragt.

Langsam macht sich bei Gunther Schwedes Fatalismus breit. Der Helmsheimer Landwirt vom Leiselbacher Hof blickt mit Sorgen ins nächste halbe Jahr. Denn ein Drittel seiner Ackerflächen ist dann quasi abgekoppelt, nur noch über lange Umwege etwa durch Heidelsheim zu erreichen. Und das ausgerechnet in der Haupt- Aussaat- und Erntesaison. Der Grund: Die geplante, monatelange Vollsperrung aller Bahnübergänge entlang der Strecke Bruchsal – Bretten.

Lange Umwege mit schweren Maschinen

Eigentlich müsste Schwedes zu bestimmten Zeiten täglich in seinem Wengert sein, doch der liegt westlich der Bahnlinie, jenseits des gesperrten Helmsheimer Bahnübergangs. Und steht erst mal die Getreide-Ernte an, muss der Haupterwerbslandwirt seine schweren Maschinen und Hänger gar über Bruchsal bugsieren, weil die eigentliche Umleitungsstrecke über Heidelsheim für seine tonnenschweren Fahrzeuge nicht ausgelegt ist. „Das geht ans Eingemachte“, erklärt Schwedes der Rundschau. Auch sein Hofladen könnte abgehängt werden, fürchtet er.

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DIE SCHRANKEN in Heidelsheim gehen zwischen Februar und Oktober nicht mehr auf. Autos müssen Umleitung fahren. Foto: Heintzen

ICEs durch Heidelsheim und Helmsheim

Nur noch wenige Wochen, dann rauschen stündlich ICE durchs beschauliche Heidelsheim und durchs ruhige Helmsheim. Sie düsen durch Gondelsheim und Diedelsheim. Nein, die Kraichgau-Dörfer werden nicht an die großen Metropolen angeschlossen. Im Gegenteil, über ein halbes Jahr lang herrscht dort ziemlicher Stillstand. Weil die Schnellbahnstrecke der Bahn zwischen Mannheim und Stuttgart saniert und damit voll gesperrt wird, werden viele Züge über Bruchsal und Bretten gen Landeshauptstadt umgeleitet. Mit massiven Auswirkungen nicht nur für Schwedes.

Schranken bleiben unten

„Die Maschinerie läuft“, beschreibt Bruchsals Bürgermeister Andreas Glaser die aufwendigen Abstimmungen. Fest steht: Die Bahnübergänge bleiben wohl die gesamte Zeit über dicht. Die Bahn hatte berechnet, dass aufgrund der vielen Züge auf der Strecke die Schranken ohnehin in Stoßzeiten nur noch drei bis vier Minuten pro Stunde offen sein werden. Bruchsal, Gondelsheim und Bretten haben daraufhin beschlossen: Dann lassen wir die Schranken lieber gleich ganz unten und leiten den Autoverkehr großflächig um – was nicht zuletzt in Gondelsheim wegen seiner Lage zu einem riesen Problem anwachsen könnte.

Hohe Behelfsbrücken für die Fußgänger

Für Bahnfahrer und Fußgänger, die die Gleise überqueren wollen, werden jetzt an allen Bahnübergängen riesige Behelfsbrücken aufgestellt. Bis zu acht Metern Höhe muss überwunden werden, damit die Oberleitungen sicher überquert werden können. „Auf diesen Brücken zieht es wie Hechtsuppe, das ist keine angenehme Angelegenheit“, berichtet ein erfahrener Rastatter, wo es eine ähnliche Konstruktion an der dortigen Tunnelbaustelle gibt.

Keine Chance für Rollstuhlfahrer oder Kinderwagen

Bürgermeister Glaser räumt ein, dass an Barrierefreiheit nicht zu denken sei. „Wer kräftig und tapfer genug ist, kann über die steile Rampe sein Fahrrad nach oben schieben.“ Für Kinderwagen, Rollatoren geschweige denn Rollstuhlfahrer – keine Chance. Immerhin: Die Bahn übernimmt die Kosten und stellt die Brücken auf. Die Vermessungen laufen. „Diese Bauwerke nehmen so viel Platz in Anspruch, dass sie im Grunde nur auf der Straße vor dem Bahnübergang aufgestellt werden können“, erklärt Glaser.

Deswegen beginnt die Vollsperrung der Bahnübergänge auch nicht erst am 10. April mit Beginn der Bauarbeiten zwischen Mannheim und Stuttgart, sondern bereits Ende Februar. Dauer: Mindestens bis 31. Oktober.

Operiert die Bahn mit falschen Zahlen?

Schwedes hofft noch immer darauf, dass der Helmsheimer Bahnübergang offen bleibt. Er wirft der Bahn vor, mit falschen Zahlen zu operieren. Die realen Schließzeiten würden mit den berechneten nicht übereinstimmen, ist er sich nach seiner Recherche sicher. Ein Bahnsprecher, von den BNN damit konfrontiert, entgegnet: „So wie angegeben, wird es kommen.“ Die Zeiten seien sehr genau berechnet. Nah-, Fern- und Güterzüge seien sehr eng getaktet. Auch ein weiterer befragter Bahnexperte hält die Zeiten für realistisch. An diesen betroffenen, sogenannten signalabhängigen Bahnübergängen in Helmsheim etwa, sind die Schließzeiten generell einfach länger. Die Schranken gehen aus Sicherheitsgründen schon runter, wenn der Zug noch ein Kilometer vom Bahnübergang entfernt ist. Bahner nennen solche Bahnübergänge denn auch Glück-Auf-Schranken. Weil die Schranken eben nur mit viel Glück offen sind. Autofahrer kennen dieses System auch vom Bruchsaler Bahnübergang Holzindustrie.

Hinweis : Bahn und Stadt planen in den nächsten Wochen eine Bürgerinfo voraussichtlich in Heidelsheim. Der Termin werde noch bekanntgegeben.

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