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Grande Finale

Bruchsaler Schlossfestival: Bei Alex Christensen tanzt das Publikum auf Stühlen

„Du hast den schönsten Arsch der Welt“: Mit diesem Titel hatte Alex Christensen einst einen Hit. Nach Bruchsal brachte er zum Ende des Schlossfestivals ein ganzes Orchester mit.

DJ Alex Christensen
Auf der Bühne vor dem Bruchsaler Schloss sorgt DJ Alex Christensen zusammen mit dem Berlin Orchestra für Partystimmung zum Abschluss des Schlossfestivals. Foto: David Heger

Es sollte noch einmal alles anders werden: Dass die Veranstalter des Schlossfestivals mit Alex Christensen zum Abschluss der Festwoche dafür den Richtigen engagiert haben, wurde spätestens dann deutlich, als vor der barocken Kulisse erst ein einzelnes Cello in getragener Langsamkeit die Melodie des Party-Schlagers „Du hast den schönsten Arsch der Welt“ anstimmt.

Einen Moment später singen dann 2.800 Zuschauer gemeinsam die titelgebende Zeile, die Alex Christensen in den 2000ern zum Durchbruch verhalf. Die Idee des Sitzplatzkonzerts ist da schon längst verworfen. Das Publikum steht ausnahmslos.

Dabei sah es zunächst anders aus, als um Punkt 20 Uhr das ganz in weiß gekleidete „Berlin Orchestra“ mit einem orchestralen Auftakt überrascht. Erst da betritt der bisweilen als „King of Kirmes-Techno“ beschriebene Christensen die Schlossbühne und nimmt seinen Platz am DJ-Pult – bestehend aus seinen übergroßen Initialen – ein.

Es folgt, was Christensen selbst als „Classical Dance“ beschreibt. Ein musikalisches Revival jener Musik, die in den 90er-Jahren Tanzböden zum Beben brachte.

Technobeats über Orchester-Klängen

„Das Schöne an den 90ern: Es sind Melodien, die alle mitsingen können“, konstatiert Christensen gleich zu Beginn. Damit ist der Sound des Abends gesetzt: Für das Orchester, das im Rücken des DJs auf der Bühne Platz findet, hat Christensen die Melodien der Disco-Hits so originalgetreu arrangiert, dass dem Publikums-Chor der Text gleich nach dem ersten Takt in Erinnerung kommt.

Darüber legt der 55-Jährige Beats zwischen Eurodance und Techno. Dass das Ergebnis mit den gängigen Genrekonventionen nur schwer zu greifen, in seiner Tanzbarkeit aber zumindest über jeden Zweifel erhaben ist, ist zugleich größte Stärke und Schwäche des Abends.

Gut, dass Bruchsal jetzt seinen eigenen Fernsehgarten hat.
Punkrocker „Zig“, der sich das Finale angeschaut hat

„Gut, dass Bruchsal jetzt seinen eigenen Fernsehgarten hat“, kommentiert ein Zuschauer – für den Punkrocker, der sich „Zig“ nennt, kommt die Musik ungewohnt. Der Show und der Schloss-Kulisse kann er jedoch einiges abgewinnen.

Vor dieser präsentiert sich Christensen – um im Bild des Fernsehgartens zu bleiben – vielmehr als Gastgeber einer publikumswirksamen Party, bei der Mitklatschen nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist.

Statt eines U-Bootes gab es nur einen Glitzerhelm

Den Platz vor seinem DJ-Pult überlässt er zumeist anderen: Die Sängerinnen Asja Ahatovic, Buket, Nica und der Rapper Ski leihen den 90ern eindrucksvoll klanggewaltig ihre Stimmen – immer im Wechsel mit den launigen Moderationen Christensens.

Der spricht etwa darüber, dass für die Bühnenshow eigentlich ein Zwölf-Meter langes U-Boot als Kulisse vorgesehen war. Bekommen habe er stattdessen einen silber-glitzernden Mopedhelm, der ihm die Optik einer menschlichen Discokugel verleiht.

Solche, oft selbstironischen Zwischenspiele wollen nicht ganz recht dazu passen, dass der DJ sein Publikum zwar konsequent als „Raver“ anspricht, zwischen den Stücken anstelle der techno-typischen Übergänge aber auf sketchhafte Moderationen setzt.

Mit der untergehenden Sonne geben die Künstler nochmal richtig Gas

Darunter krankt die während der Lieder aufkommende Party-Stimmung in der ersten Halbzeit ein wenig. „Da geht noch mehr“, sagt Steffen Wagner, nach eigenen Angaben Fan der ersten Stunde, in der Pause.

Und er sollte recht behalten: Mit der untergehenden Sonne und dem Anklingen von „Das Boot“, jenem Remix, der für Christensen den Durchbruch bedeutete, ging der vollends in der Rolle des DJs auf.

Furiose Cover von DJ Bobo und Prince Ital Joe

Er präsentiert sich vor einem spielfreudigen Orchester als sympathischer Zeremonienmeister einer rasanten Show, die sich neben einigen Abstechern in die 80er vor allem vor dem Jahrzehnt von Tattoo-Halsbändern, Wiedervereinigung und Eurodance und seinen musikalischen Größen verneigt: DJ Bobo („Somebody dance with me“) und Prince Ital Joe („United“) werden furios gecovert, musikalische Weggefährten wie Felix Räuber, Polarkreis 18-Frontmann, gleich selbst auf die Bühne geholt.

Dazwischen ruft Christensen – und es klingt wie eine Randbemerkung – den vielleicht wichtigsten Satz des Abends, der manches erklärt: „Danke, dass ihr Spaß versteht!“ Im Publikum wird da schon auf den Stühlen getanzt.

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