Skip to main content

Mehr SPD- als CDU-Bürgermeister

In den Rathäusern rund um Bruchsal hat die SPD jetzt die Nase vorn

Seit in Kraichtal ein SPD-Mann am Ruder ist, gibt es neuerdings mehr SPD- als CDU-Bürgermeister im traditionell so schwarzen alten Landkreis Bruchsal. Woran liegt das? Und warum haben externe Kandidaten oft einen Vorteil?

Rathaus Oberhausen Playmobilmännchen
Kampf um die Rathäuser: Als nächstes werden Kandidaten für den Bürgermeisterposten in Oberhausen-Rheinhausen gesucht. Die Parteien sondieren im Hintergrund die Lage. Foto: Martin Heintzen

Mit der Wahl von Tobias Borho in Kraichtal gibt es nun im Verbreitungsgebiet der Bruchsaler Rundschau mehr Bürgermeister mit SPD- als mit CDU-Parteibuch. Und das ist einem traditionell schwarzen Landkreis. Zufall? Oder steckt Methode dahinter? Es ist immerhin Superwahljahr.

Gewählt wird oder wurde nämlich nicht nur auf Landes- und Bundesebene, es werden auch neue Bürgermeister gesucht. Neben Kraichtal und Philippsburg sind das die Gemeinden Oberhausen-Rheinhausen und Gondelsheim.

Die Gemeinden sind also auf der Suche nach Kandidaten, doch nicht nur sie. Auch die Parteien, zumindest die beiden großen oder einstmals großen Volksparteien haben immer ein Auge auf freiwerdende Posten. „Ja, wir haben das Ziel, den Wählern mehr SPD-Bürgermeister anbieten zu können“, erklärt Christian Holzer unumwunden.

Christian Holzer hat selbst als Bürgermeister in Forst kandidiert

Er ist nicht nur SPD-Kreisvorsitzender, sondern hat selbst schon den Versuch auf den Bürgermeisterstuhl gewagt, in seiner Heimat Forst. Erfolglos. Gezielt halte man Ausschau nach potenziellen Kandidaten, so Holzer. „Das hat zuletzt in Kraichtal und auch in Walzbachtal gut funktioniert“, freut sich der SPD-Mann.

Der CDU-Kreisvorsitzende und EU-Abgeordnete Daniel Caspary sehe hingegen die Verantwortung in erster Linie bei den Ortsverbänden seiner Partei. „Sie wissen, was die Bürger vor Ort bewegt. Wenn sie es wollen, unterstützen wir sie bei der Suche.“

Man könne den Kontakt zu geeigneten Kandidaten herstellen. „Das müssen aber nicht zwangsweise CDU-Mitglieder sein“, relativiert Caspary. Die SPD gehe da viel eher nach Parteibuch vor, so sein Eindruck. Offenbar mit Erfolg, was zumindest den alten Wahlkreis Bruchsal angeht. Eine Momentaufnahme freilich und auch nicht repräsentativ.

Ebenfalls interessant: Die Grünen, in Bund und Land auf ungeahnten Höhenflügen unterwegs, stellen weit und breit keinen einzigen Bürgermeister. Die Kandidatin in Kraichtal, Susanne Lindacker, ist zuletzt krachend gescheitert.

Auffallend bei allen Wahlen, vor allem in kleineren Gemeinden, ist, dass die Kandidaten zwar mitunter ein Parteibuch haben, aber stets betonen, unabhängig anzutreten.

„Parteipolitik hat auf Gemeindeebene nichts verloren“, findet jedenfalls Tony Löffler. Er ist CDU-Mitglied und seit 2010 Bürgermeister von Ubstadt-Weiher. „Ein Bürgermeister braucht das Vertrauen seiner Bürger. Nur dann kann er etwas bewegen. Ich fühle mich mehr als Moderator.“ Aber benötigt man nicht wenigstens im Wahlkampf die Unterstützung eines Ortsverbandes? Jemand, der Plakate klebt, Klinken putzt? Und vielleicht einige Euro lockermacht?

Tony Löffler versteht sich mit seinen Kollegen gut

Das spiele in größeren Orten eher eine Rolle, erklärt Löffler. Er sei stolz, stets unabhängig agiert zu haben. Eine Parteikarriere stand für ihn nie zur Debatte. Und auch im Kreise der Kollegen zähle das Parteibuch wenig, so Löfflers Erfahrung.

Zwar sitzen die meisten Bürgermeister für eine Fraktion im Kreistag. Bei Bürgermeister-Treffen allerdings gebe es einen sehr kollegialen Austausch. „Da macht man aus seinem Herzen keine Mördergrube.“ Alle hätten die selben Probleme, etwa wenn es um die Auseinandersetzung mit dem Land ginge. „Da kennt man keine Verwandtschaft“, sagt Löffler. Da kann auch ein CDU-Bürgermeister offen den eigenen CDU-Innenminister kritisieren. Bei Bürgermeisterwahlen stehe eben die Person im Vordergrund und weniger die Partei, so sein Fazit.

Das Parteibuch schadet sogar häufig.
Daniel Caspary, Europaabgeordneter der CDU

Caspary geht noch weiter: „Das Parteibuch schadet sogar häufig“, hat der Kreisvorsitzende festgestellt. Viel wichtiger sei, ob ein Kandidat zu einem Ort passt oder nicht. „Und das ist in jeder Gemeinde anders.“

Externe Kandidaten oft im Vorteil?

Der Ortsverband müsse prüfen, wie die Stimmung ist, was die Bürger von ihrem Bürgermeister erwarten und schauen, ob es geeignete Kandidaten gibt. Dabei sei für ihn offensichtlich: „Wir wollen nicht aus Prinzip jemanden aufstellen. Wir gehen da entspannter ran.“ Dass eine Kandidatin oder ein Kandidat aus der Gemeinde kommt, sei im Übrigen ebenfalls meist ein Nachteil, insbesondere dann, wenn es externe Kandidaten gibt, hat Caspary festgestellt.

Die Landeszentrale für politische Bildung bestätigt das: „Wählerinnen und Wähler gehen davon aus, dass auswärtige Bewerber um das Amt weniger lokale Abhängigkeiten haben.“ Eine gewisse Tendenz ist erkennbar, dass dies in Baden etwas anders aussieht als in Württemberg. Im Badischen seien Bürgermeister eher keine gelernten Verwaltungsfachleute, eher ortsansässig und eher Mitglied einer Partei.

Potenzielle Bürgermeister sollten Überzeugungskraft, neue Ideen und Kompetenz mitbringen, auch gerne Verwaltungs- und Führungserfahrung.
Christian Holzer, SPD-Kreisvorsitzender

Dass er aus dem Ort kam, hat womöglich auch Holzers Sieg in Forst mit verhindert. Er findet: „Potenzielle Bürgermeister sollten Überzeugungskraft, neue Ideen und Kompetenz mitbringen, auch gerne Verwaltungs- und Führungserfahrung. Wenn der Kandidat dann noch bereit ist, sozialdemokratische Themen umzusetzen, umso besser“. Gezielt halte man nach solchen Leuten Ausschau und fördere sie in eigenen Akademien. Ob er es selbst noch mal wagt? Holzer arbeitet als Controller bei der AWO. „Ich möchte es nicht ausschließen. Es ist eine tolle Aufgabe.“

nach oben Zurück zum Seitenanfang