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„Zeozweifrei“ und private Anbieter

Steigende Spritpreise: Carsharing ist rund um Bruchsal auf Expansionskurs

Carsharing-Ideen verzeichnen seit Jahren steigende Nutzerzahlen. Hohe Benzinpreise wirken überzeugend. Auch in den Rathäusern macht man sich Gedanken.

Carsharing: Stadtmobil bietet in Bruchsal 13 Autos für Nutzer an wie hier beim Bahnhof. Die gute ÖPNV-Anbindung ist dort ein Vorteil. Auf dem Land hat sich das kommunale Carsharing-Projekt „Zeozweifrei unterwegs“ etabliert.
Carsharing: Stadtmobil bietet in Bruchsal 13 Autos für Nutzer an wie hier beim Bahnhof. Die gute ÖPNV-Anbindung ist dort ein Vorteil. Auf dem Land hat sich das kommunale Carsharing-Projekt „Zeozweifrei unterwegs“ etabliert. Foto: Martin Heintzen

130 Bauplätze gibt es im Hambrückener Baugebiet „Brühl“: „Vor allem junge Familien ziehen dorthin, sie stehen dem Thema Klimaschutz aufgeschlossen gegenüber“, sagt Bürgermeister Marc Wagner (CDU).

Oder sie können oder wollen sich einen Zweitwagen nicht leisten. Schon bei der Planung wurde deshalb über Carsharing-Modelle nachgedacht.

Da gibt es mehrere Optionen. Und nicht nur in Hambrücken ist das Teilen von Autos, um Benzin und Anschaffungs- und Unterhaltskosten zu sparen, ein Thema.

Je kleiner und je ländlicher, desto schwieriger ist es, Carsharing wirtschaftlich zu betreiben
Anja Orth, Stadtmobil-Geschäftsführerin

Platzhirsch ist der Anbieter Stadtmobil mit 21.000 Nutzern im Stadt- und Landkreis Karlsruhe, deren Autos aber vor allem in der Stadt Karlsruhe unterwegs sind. „Je kleiner die Gemeinde und je ländlicher, desto schwieriger ist es, Carsharing wirtschaftlich zu betreiben“, erklärt Stadtmobil-Geschäftsführerin Anja Orth.

Kommunen als wichtige Carsharing-Nutzer

Vor 25 Jahren gegründet, verzeichnet die privat-wirtschaftliche Unternehmensgruppe jährliche Zuwachsraten von zehn Prozent an Teilnehmern und Fahrzeugen. Vor allem in den Städten.

In Bruchsal beispielsweise leben 156 Nutzer. Ihnen stehen zwölf Fahrzeuge zur Verfügung. „Um rentabel zu laufen, muss eine Gemeine das Angebot selber nutzen“, so Orth. Firmen vor Ort als Anker-Nutzer und Stellplätze in attraktiver Lage seien weitere Pluspunkte. Bruchsal hat den Vorteil, gut an den ÖPNV angebunden zu sein. Für die täglichen Wege kann man das Auto stehen lassen. Ein Zweitwagen ist oft nicht nötig.

In anderen Gemeinden im Einzugsgebiet der Bruchsaler Rundschau ist Stadtmobil deshalb nicht vertreten. In die Lücke ist 2016 das kommunale Carsharing-Projekt „Zeozweifrei unterwegs“ gestoßen, auch Firmen sind mit im Boot. Es wird von der EU und dem Land gefördert. 49 E-Autos stehen in der Region Bruchsal.

Carsharing als Standortfaktor

1,84 Millionen Kilometer wurden seit 2016 von den 2.450 Nutzern gefahren, erzählt Stefan Huber, Geschäftsführer der Regionalen Wirtschaftsförderung, neben der Umwelt- und Energieagentur Kreis Karlsruhe und den Stadtwerken Bruchsal einer der Koordinatoren. Als „Standortfaktor“ sieht Huber das Carsharing-Angebot – zumal in Zeiten steigender Rohstoffpreise.

„Ich habe damit schon viel Geld gespart“, erzählt Nicole Hartmann. Seit dem Umzug von Untergrombach nach Bruchsal nutzt sie vor allem abends oder an den Wochenenden einen Zeo. Tagsüber seien viele E-Autos von der Verwaltung oder Firmen geblockt – auch an Feiertagen oder in den Schulferien. Das sei etwas ärgerlich. „Wenn die Autos auch tagsüber verfügbar wären, wäre die Akzeptanz bestimmt größer“, so Hartmanns Vermutung.

Die vorgesehenen Parkplätze seien auch oft besetzt, von Autofahrern, die entweder das Carsharing Schild nicht kennen oder mal „eben schnell was besorgen müssen“. Trotzdem möchte sie das Zeo-Angebot nicht missen.

Zeozweifrei weitet Angebot aus

Blinde Flecke sind noch Philippsburg, Waghäusel und Oberhausen-Rheinhausen. Aber auch das soll sich jetzt ändern. Die Anfragen von „Zeozweifrei“ laufen bis zum Frühsommer. Gemeinsam will man nach geeigneten Standorten suchen. In den 14 Städten und Gemeinden mit einem bereits bestehenden Angebot soll mit weiteren Stationen nachverdichtet werden.

Im Februar hat der Gemeinderat Ubstadt-Weiher grünes Licht für die Beschaffung von weiteren drei Fahrzeugen gegeben. Ein Sieben-Sitzer soll beim Schulzentrum Ubstadt und ein Fahrzeug mit Doppelladesäule im Eingangsbereich zum Hardtsee stationiert werden.

Private Initiative in Waghäusel als Vorbild

Im Gegensatz zu Stadtmobil, wo der Nutzer eine Aufnahme- und jährliche Grundgebühr zahlen muss, werden bei Zeozweifrei die E-Autos von Kommunen, Unternehmen oder Vereinen mit Fördermitteln erworben. Nach Feierabend, an Wochenenden und Feiertagen stehen sie allen Bürgern zur Verfügung.

In Hambrücken, wo derzeit zwei E-Autos von Zeo unterwegs sind, ist noch nicht entschieden, wie es im neuen Baugebiet weitergeht. Mit Vandalismusschäden und deren Reparatur, mit Versicherungen und Steuern muss sich das Rathaus auch befassen. Mit Interesse verfolgt Bürgermeister Wagner private Initiativen wie das Carsharing-Angebot von Andreas Bohnstedt in der Nachbargemeinde Waghäusel.

Von 24 Stunden steht ein Auto im Schnitt 23 nur herum.
Andrea Bohnstedt, privater Anbieter aus Waghäusel

Bohnstedt, seit dem OB-Wahlkampf in Waghäusel auch überregional als Verfechter des Auto-Teilens bekannt, muss mittlerweile Absagen erteilen: „Die Nachfrage ist groß, ich überlege ein zweites Auto anzuschaffen.“ Seit einem Jahr bietet er das Familien-Auto gegen eine Nutzungsgebühr auch anderen an. „Von 24 Stunden steht ein Auto im Schnitt 23 nur herum“, sagt Bohnstedt, der das Angebot mit viel Leidenschaft betreibt. Der Zweitwagen der Familie wurde deshalb längst abgeschafft.

Über Vermittlungsplattformen wie Snappcar und Getaround oder seine private Webseite hat er mittlerweile 33 permanente Nutzer. Seinen E-Roller nutzen drei Fahrer aus der Nachbarschaft mit. Ein knappes Dutzend Fahrer aus der Nachbarschaft haben mittlerweile auch eine erste, kostenlose Schnupperfahrt absolviert.

Private Initiative sucht Mitstreiter in Philippsburg

Einer seiner Mehrfach-Nutzer ist Andres Rhiem-Strammer. Mit dem Rad fährt der Pfarrer aus Philippsburg die knapp neun Kilometer, um in Kirrlach ins Auto zu steigen. Seit das eigene Auto kaputtgegangen ist, hat die Familie außerdem die Möglichkeit, in Graben-Neudorf oder Bruchsal ein Stadtmobil zu nutzen.

Echt „sinnvoll“ findet er die Idee des Auto-Teilens. Um auch den sozialen Aspekt zu fördern, will er in Philippsburg eine genossenschaftlich organisierte Carsharing-Möglichkeit initiieren. „Am besten in jedem Stadtteil eine Station“, so Rhiem-Strammer. Dafür sucht er noch Mitstreiter oder Unterstützung aus dem Rathaus. Bisher gibt es nämlich in Philippsburg noch kein entsprechendes Angebot.

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