Doch. Die Lust, auf ein Konzert zu gehen, die sei schon noch da. Marcel Büttner verliert die Hoffnung nicht. „Innerhalb von einer Woche war das Pur-Konzert im Bruchsaler Schlossgarten ausverkauft.“ Aber klar: Im „Abenteuerland“ befindet sich die gesamte Branche nach wie vor.
Die Agentur Provinztour, für die Büttner Marketing macht, hat Pur für Samstag, 20. August, nach Bruchsal geholt. „Open Airs werden schon noch gut verkauft“, gibt er einen Einblick. Hier fühlten sich die Besucher einigermaßen sicher. Dementsprechend wird das Kulturjahr 2022 auch in Bruchsal nicht ganz öde. Im Gegenteil. Das große Schlossspektakel zum 300-Jährigen wirft bereits seine Schatten voraus.
So viel kann man schon sagen: Viele Veranstaltungen werden sich im Frühjahr und Sommer ballen. Während im Angesicht der Omikron-Welle gerade reihenweise Termine abgesagt werden, hoffen Veranstalter und Besucher wenigstens auf einen guten Sommer. Vor wenigen Tagen etwa hätte der bekannte Mannheimer Comedian Bülent Ceylan in Bruchsal auftreten sollen. Abgesagt.
„Ich bin guten Mutes für Frühling und Sommer“, gibt jedenfalls Thomas Adam an. Für Bruchsals Kulturchef im Rathaus dreht sich vieles, aber nicht alles um das Schlossjubiläum. „Wir erarbeiten über die beiden großen Veranstaltungen im Mai und im Juli hinaus ein Jahresprogramm mit vielen Akteuren“, gibt er einen Einblick. „Du und dein Schloss“ etwa heißt ein künstlerischer Schülerwettbewerb.
Zudem hat der Künstler Carlos Trujillo Mendez den Auftrag, die Stadtgeschichte von der Steinzeit bis zur Gegenwart zu vertonen. Unter dem Motto „Klänge einer Stadt“ sollen hiesige Musiker das Ganze dann uraufführen. „Solche Jubiläen sind immer Kristallisationspunkte, an dem unterschiedlichste Akteure zusammenkommen“, sagt Adam. Mehrere tausend Besucher werden allein zum Open-Air ab dem 28. Juli im Schlossgarten erwartet, wenn einer der Top-Acts, Till Brönner, auftritt.
Heidelsheim wird 1252 Jahre alt und will endlich groß feiern
Wieder zusammen feiern, das wollen auch die Heidelsheimer – endlich – wenn vom 15. bis 18. Juli das 1.250-Jährige nachgeholt werden soll. Zwei Jahre nach dem eigentlichen Jubiläumsjahr. „Für die große Ortschronik haben wir schon 600 Vorbestellungen“, sagt Adam erfreut.
Er verweist auch auf viele kleine Veranstaltungen. „Gerade legen unsere neuen Stadtführer ihre Abschlussprüfung ab. Wir hoffen, dass durch die Jubiläen das kulturelle Leben in Gang kommt.“ Ob der kleine Kultursommer im Atrium hinter dem Bürgerzentrum eine Neuauflage erfährt, sei noch offen. Schließlich war die Reihe eigentlich „nur“ ein Corona-Trostpflaster.
Es drängt sich regelrecht in diesem Sommer, Veranstaltungen aus drei Jahren bündeln sich: Deswegen hat Provinztour den Schlossgarten für zwei Blöcke im Juni und im August gebucht. Und prominente Namen im Gepäck: Neben Pur tritt Sarah Connor gleich zweimal auf. Am 18. und 19. August. Hubert von Goisern (18. Juni), Lea (17. Juni), Foreigner (16. Juni) oder SWR1-Pop-und-Poesie (19. Juni) haben sich angekündigt.
Es gibt eine große Sehnsucht, wieder rauszugehen, Musik live zu hören, ohne große Regeln.Marcel Büttner, arbeitet für Provinztour
„Viele Kunden haben Verständnis“, berichtet Büttner von Provinztour. Auch für die Gutschein-Regelung, die der Gesetzgeber erlassen hat. „Die hat nicht nur die Agenturen vor einer Insolvenz geschützt, sondern letztlich auch die Endkunden“, ist er sich sicher. „Es gibt eine große Sehnsucht, wieder rauszugehen, Musik live zu hören, ohne große Regeln“, stellt Büttner fest.
Ticketpreise für Kulturveranstaltungen werden steigen
Und während die großen Künstler meist gut über die Runden gekommen sind, stünden weniger bekannte Solokünstler oft kurz vor der Aufgabe. „Die staatlichen Hilfen kamen einfach sehr spät“, bemängelt Büttner. Aber auch die Veranstalter hat es hart getroffen. Mittlerweile steigen überall die Preise: Security, Dienstleiter wie Roadies, Lkw-Fahrer – „alles wird teurer“, stellt man bei Provinztour fest. „Das wird sich auf die Ticketpreise auswirken.“
Doch die meisten Tickets für die kommenden Festivals wurden bereits vor langer Zeit verkauft. Für den Waghäuseler Veranstalter Jürgen Vogel waren die vergangenen Corona-Jahre ein einziger Verschiebebahnhof. 2019 hat er das ambitionierte Festival an der Eremitage „Zucker, Wag und Häusel“, aus dem Boden gestampft. 2020 dann die erste Absage, mit Verschiebung in den September 2020. Dann wieder die Absage, Verschiebung ins Jahr 2021. Wieder abgesagt.
Im Mai 2022 soll es nun soweit sein. Am 25. Mai eröffnet Nico Santos das Spektakel, es folgen die Spider Murphy Gang, Max Mutzke, Moop Mama und JBO.
„Über das Stadium der Verzweiflung bin ich schon hinaus“, sagt Vogel im BNN-Interview und lacht. Mit „Waghäusel TV“ und Filmdienstleistungen etwa für Firmen hat Vogel sein Unternehmen über Wasser gehalten. Seine Autokino-Bühne an der Eremitage kam zwar bei den Zuschauern gut an. „Aber wirtschaftlich hatte ich da keinen Spaß dran“, räumt Vogel unumwunden ein. Eine Neuauflage scheint daher nicht in Sicht.
Für das Mai-Festival ist er aber optimistisch. „Wir können das Zelt vergrößern. Wenn wir die Seitenwände weglassen, läuft das ganze unter Open Air. Und auch das Rahmenprogramm ist noch variabel.“ Wenn Vogel in den vergangenen Jahren etwas gelernt hat, dann flexibel zu bleiben.