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Im Julius-Itzel-Haus

Die „Barber Angels“ frisieren in Bruchsal gratis Bedürftige

Die „Barber Angels“ frisieren Obdachlose in ganz Deutschland. Nun haben sie einen Termin in Bruchsal, im Julius-Itzel-Haus der Caritas. Wir waren vor Ort und haben mit den Wohnungslosen und den Friseurinnen gesprochen.

Der Iro sitzt. Noch schnell die Schläfen ausrasiert. Die „Barber Angels“ aus Baden-Württemberg und der Pfalz sind in Bruchsal bei dem sozialen Event in ihrem Element.
Der Iro sitzt: Die „Barber Angels“ aus Baden-Württemberg und der Pfalz sind in Bruchsal bei dem sozialen Event in ihrem Element. Foto: Volker Knopf

Schneiden, Legen, Trocknen mal anders. Im Saal des Bruchsaler Julius-Itzel-Hauses arbeiten sich Friseurinnen an den Häuptern von rund zwölf Kunden ab. Die Frauen tragen lässige Lederkluft, aus den Lautsprechern knallt ein Song der britischen Indie-Pop-Band „Blur“: Die „Barber Angels“ sind am Sonntag zu Gast in Bruchsal und frisieren ehrenamtlich Bedürftige und wohnungslose Menschen in der Caritas-Einrichtung.

Ein wenig erinnern Aufmachung und die Organisation in Chapter an die Motorrad-Gang „Hells Angels“. Aber damit haben die „helfenden Scherenhände“ wenig am Hut. „Es geht darum, Berührungsängste abzubauen“, sagt Bärbel Söhner aus der Region Calw, Gebietsleiterin für die „Barber Angels“ in der Region. „Wenn wir jetzt alle im Kostüm dastehen würden, wäre das nicht so passend.“

Die „Barber Angels“ erinnern in ihrer Kluft an Rocker – das baut Berührungsängste ab

Vor allem aus Nordbaden, aber auch aus der Pfalz sind Coiffeurinnen im Gratis-Einsatz. „Wir möchten den Menschen etwas Gutes tun. Die Dankbarkeit, die man hierfür zurückbekommt, schlägt alles“, sagt Bärbel Söhner.

Kundin Steffi ist von ihrer neuen Frisur, einem klassischen Bob, absolut angetan. Wann sie das letzte Mal bei einem professionellen Friseur war? „Das muss Anfang 2020 gewesen sein. Ich genieße das hier in vollen Zügen. Es geht auch um Zuwendung, um Berührung. Das ist Balsam für die Seele“, sagt die Frau, die nach einer verbüßten Haftstrafe wieder auf die Beine kommen will, wie sie im Gespräch sagt. Erfreut über Ergebnis und das große Lob für die neue Frisur auch Susi Gündel von den „Barbers Angels“ in Rheinland-Pfalz.

Das Frisieren hilft der Seele, aber auch ganz praktisch bei Vorstellungsgesprächen

Wie die Meisten, die hier zur Schere greifen, hat sie einen Friseur-Salon in ihrer Heimatgemeinde, in diesem Fall in Landau. Während sie bei Steffi noch letzte Hand anlegt, sagt sie: „Das ist pure Leidenschaft für den Beruf, verbunden mit dem Wunsch, anderen zu helfen. Man schenkt ja auch Zeit. Es geht letztlich um die Menschen.“

Auch Sozialarbeiterin Nina Baumgärtner vom Itzel-Haus ist angetan. „Das hebt das Selbstwertgefühl unserer Bewohner und Bewohnerinnen, die oft stigmatisiert werden. Sie können sich hier ganz entspannen und bekommen natürlich auch ein schönes Ergebnis.“ Rund 30 Personen leben in der Caritas-Einrichtung, etwa 40 werden von dem 20-köpfigen Team der Caritas ambulant betreut.

Am Ende jeden Haarschnitts wird der obligatorische Spiegel gereicht. Das Ergebnis überrascht so Manchen. „Auch für ein Bewerbungsgespräch ist so ein gepflegtes Erscheinungsbild natürlich absolut förderlich“, merkt Baumgärtner an.

In ihrem Element ist auch Stephanie Jilg. Die Friseurin aus Neureut rasiert gerade David die Schläfen zu einer aktuell angesagten Frisur. „Es macht Riesenspaß, die Leute glücklich zu machen und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern“, sagt die Badenerin. Und, trifft das zu? David strahlt. „Klar, das fühlt sich jetzt wieder vernünftig an“, sagt der Hausbewohner zufrieden.

Jeder bekommt noch ein „Goody Bag“ mit Kosmetik- und Hygieneartikeln

Ein Dutzend „Barber Angels“ sind in Bruchsal im Einsatz. Zehn zum Frisieren, zwei sind für die Organisation zuständig. Denn für jeden, der Platz nimmt, gibt es auch noch ein „Goody Bag“ mit Kosmetik- und Hygiene-Artikeln. Kaffee und Kuchen gibt es im Caritas-Haus obendrein.

Gutgelaunt verlässt auch Selina den Frisierstuhl. „Bei mir wurden nur ein bisschen Spitze und Pony geschnitten. Aber das Ergebnis gefällt mir. Ich finde das Angebot toll“, sagt sie.

Das ganze Jahr über stehen Termine der „Barber Angels“ an, die mittlerweile weltweit organisiert sind. Die Badener und Pfälzer Hair-Stylistinnen waren schon oft in der Region aktiv. Unter anderem beim Tagestreff für Wohnungslose in Karlsruhe. Und demnächst werden sicher wieder irgendwo anders die helfenden „Scherenhände“ bei Bedürftigen im Einsatz sein.

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