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Firma wird abgewickelt

Entsetzen über Bruchsaler Cynora-Aus: Alle Mitarbeiter des Start-ups werden entlassen

Etwa 120 Fachkräfte entwickelten in Bruchsal innovative blaue Minipartikel für Smartphone-Displays. Doch nun ist damit Schluss. „Wir sind schockiert“, sagt Bruchsals OB Petzold-Schick über das Aus von Cynora.

CYNORA Eröffnung Reinraumgebäude
Politiker feierten im Oktober 2019 die Eröffnung eines millionenteuren Reinraums im Bruchsaler Triwo-Technopark. Mit dabei OB Cornelia Petzold-Schick, Bundestagsabgeordneter Olav Gutting, die damalige Staatssekretärin Katrin Schütz, Cynora-Chef Adam Kablanian und der damalige Bundestagsabgeordnete und heutige Finanzminister Danyal Bayaz (von links). Foto: Martin Heintzen

Die Minipartikel aus Bruchsal sollten irgendwann in Millionen Handys in aller Welt eingebaut werden. Doch daraus wird nun nichts mehr. Überraschend kam das Aus für das gefeierte Start-up aus Bruchsal namens Cynora.

120 meist exzellent ausgebildete Fachkräfte verlieren wohl ihren Job.

„Wir sind entsetzt, schockiert“, meldet sich Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (parteilos) zu Wort. Dass das Unternehmen, das seit nicht ganz zehn Jahren in Bruchsal seine Produkte entwickelt, angeblich von Samsung aufgekauft und dann zerschlagen wird, das hatte niemand in der Stadt auf dem Zettel.

Dass Samsung nur die Technologie, aber wohl keinen der Mitarbeiter übernimmt, meldete zuerst die Nachrichtenagentur Bloomberg. Bestätigt hatte das zunächst niemand aus der Geschäftsleitung.

Mittlerweile zumindest so viel: „Ja, wir müssen alle Mitarbeiter entlassen“, erklärt Gründer Michael Bächle gegenüber den BNN. Dass Samsung Cynora gekauft habe, stimme nicht. Man habe lediglich das Patent-Portfolio veräußert, so Bächle. An wen und zu welchem Preis, bleibt aber offen.

Cynora-Geschäftsführer äußern sich nicht auf Anfrage

Bruchsals OB Petzold-Schick ist nach wie vor von der Innovationskraft Cynoras überzeugt. Sie sieht einen Grund für die Zerschlagung in den aktuellen, weltweiten Lieferketten-Problemen. „Die Geldgeber wollten Erfolge sehen“, mutmaßt sie.

Ich bin sehr enttäuscht über dieses Haifischbecken der Großindustrie.
Cornelia Petzold-Schick, Bruchsaler Oberbürgermeisterin

Bereits vor einigen Jahren war sowohl der Tech-Gigant LG als auch sein Konkurrent Samsung mit millionenschweren Investitionen in Cynora eingestiegen. Verloren sie nun die Geduld? Im Bruchsaler Triwo-Technopark wurden Minipartikel für ultraflache, sogenannte OLED-Displays entwickelt. Die neuartigen blauen Teilchen sollten auch mithelfen, den Stromverbrauch der Displays zu reduzieren. Innovativ war zudem, dass dafür keine seltenen Erden eingesetzt werden mussten.

Es sei tragisch, dass man über zehn Jahre tolle Arbeit gemacht hat, und dass es jetzt so endet, kurz vor einem Markterfolg, so die OB. „Ich bin sehr enttäuscht über dieses Haifischbecken der Großindustrie.“ Sie sei aber gewiss, dass die 120 Mitarbeiter schnell eine neue Arbeit fänden.

Tschira-Presiträger Dr. Daniel Volz bei der cynora GmbH in Bruchsal am 4.8.2015 forscht an OLEDs mit Kupferkomplexen.
Es ging ums Blau: Bei Cynora in Bruchsal entwickelte man organisch emittierenden Materialien für sehr flache, sogenannte OLED-Displays. Foto: Wolfram Scheible

Cynora galt als Innovations-Leuchturm

Was war man stolz in Bruchsal. Auf den „Innovations-Leuchtturm“ Cynora. Noch bevor nur ein einziges Partikelchen aus Bruchsal je in einem Display verbaut war, hatte das Start-up einstiger Karlsruher Studenten schon 25 Millionen Euro eingesammelt, von den ganz Großen. Baden-Württembergs damalige Wirtschaftsstaatssekretärin Katrin Schütz (CDU) sagte: „Cynora hat das Potenzial, den Display-Bereich zu revolutionieren.“

Stefan Huber, Chef der regionalen Wirtschaftsförderung, hat den Werdegang des Aufsteigers begleitet. „Das war wirklich Pionierarbeit, was Cynora hier geleistet hat“, schwärmt er noch heute. In Bruchsal wurde über Jahre Hochtechnologie entwickelt, lobt er. Das habe auch Magnetwirkung für andere innovative Firmen gehabt, ist er sich sicher.

„Ich bedauere das Aus außerordentlich“, sagt Huber. Er stünde mit der Geschäftsleitung in Kontakt. „Die haben hier viel bewegt. Tolle Erfolge gefeiert.“ Fach- und Führungskräfte aus aller Welt seien mit Cynora nach Bruchsal geholt worden. Er will daher auch nicht von einem Scheitern sprechen.

Früher wurde an den Werkbänken von Nokia-Siemens schon an Handys geschraubt

Danyal Bayaz (Grüne) war bei seinem Besuch 2019 im Triwo-Technopark noch Bundestagsabgeordneter für den Wahlkreis Bruchsal/Schwetzingen. Was er sagte, passt auch heute irgendwie: „Hier sehen wir den Strukturwandel im Brennglas.“ Er bezog sich allerdings auf die Werkbänke von Nokia-Siemens, wo noch vor einigen Jahren Telefontechnik zusammengeschraubt und dann mit Cynora modernste Smartphone-Technik Einzug hielt.

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