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Welt-Vegan-Tag

„Es herrschen viele Vorurteile“: Wie eine Bruchsalerin als Veganerin lebt

Am 1. November ist Welt-Vegan-Tag. Wir sprechen mit einer Veganerin aus der Region Bruchsal. Gibt es Probleme im Alltag? Kann man mal „cheaten“? Wir haben nachgefragt.

Die Bruchsalerin Julie-May Otto ernährt sich seit drei Jahren vegan.
Die Bruchsalerin Julie-May Otto ernährt sich seit drei Jahren vegan. Foto: Kristin Laske

Julie-May Otto (27) aus Bruchsal ist seit drei Jahren Veganerin. Anlässlich des Welt-Vegan-Tags am 1. November spricht sie über ihre Erfahrungen.

Was hat Sie dazu veranlasst, Veganerin zu werden?
Otto

Tierwohl. Ich bin pescetarisch erzogen worden, meine Eltern sind beide Vegetarier. Dadurch hatte ich schon immer das Wissen, dass der Fleischkonsum nicht so gut ist. Als ich verschiedene Dokumentationen gesehen habe – „What the Health“ und „Cowspiracy“, über „Dominion“ brauchen wir erst gar nicht zu sprechen – wurde mir klar, dass Milchkonsum auch nicht so gut ist. Ich sehe viel Handlungsbedarf in der Erziehung. Kinder haben die Intuition, keine Tiere töten zu wollen, wenn sie erfahren, woher ihr Essen kommt. Die meisten Kinder wollen, dann von sich aus keine Tiere mehr essen. Man muss die Kinder aufklären, aber auch die Eltern. Es herrschen noch immer viele Vorurteile bezüglich Veganismus in der Schwangerschaft oder Stillzeit. Ich selber hätte keine Bedenken, mein Kind vegan zu ernähren. Draußen dürfte es essen, was es will, aber zuhause käme nur Veganes auf den Tisch. Wir müssen bewusster mit dem Fleischkonsum umgehen und uns Gedanken über die Umweltwirkungen machen. Wir Menschen haben in der Hand, wie sich die Welt entwickelt. Diesen Aspekt darf man nicht außer Acht lassen.

Ist Ihnen die Ernährungsumstellung schwergefallen?
Otto

Der Umstieg ist mir gar nicht schwergefallen, weil ich sehr gut kochen kann und auch schon früher gerne gekocht habe. Ich wusste schon, wie ich das machen muss. Als Kind hatte ich immer mal wieder vegane Monate. Mit dem Einstieg ins Vegane folgst du anderen Leuten, das Wissen kommt dann nach und nach. Mittlerweile habe ich einen intuitiven Sinn dafür, was ich essen muss und ob ich alle meine Nährstoffe zusammenbekomme. Am schwierigsten war für mich der Verzicht auf Käse. Da habe ich dann auch oft Ausnahmen gemacht. Aber es gibt ja mittlerweile eine große Auswahl an Ersatzprodukten. Ich konsumiere viel Frischkäse- und Käseersatz. Schade ist, dass es in Bruchsal schwierig ist, etwas Veganes zu finden.

Wie hat Ihr Umfeld auf Ihre Ernährungsumstellung reagiert?
Otto

Meine Eltern haben das verstanden, aber es gab mal eine große Explosion im Familienchat, wo ich dachte, ich hätte die Familie gespalten. Das Problem ist immer, wenn andere denken, man drückt ihnen seine Meinung auf. Das Angegriffen-Fühlen bringt Abwehrreaktionen hervor. Aber meistens fühlt man sich angegriffen, wenn die eigenen Glaubenssätze brüchig werden. Mittlerweile hat uns das zusammengebracht. Es ist schön, wenn der 80-jährige Opa mir ein Sojageschnetzeltes kocht. Es hat zwar nicht so gut geschmeckt, weil er nicht wusste, wie er das zubereiten soll, aber er hat sich Gedanken gemacht. Oder als die Frau von meinem Onkel – sie ist Iranerin – mir an Weihnachten ein iranisches Gericht veganisiert hat. Sie hat sich total viel Mühe gegeben. Das stärkt den Zusammenhalt. Reaktionen, die ich sonst häufig bekomme, wenn die Leute erfahren, dass ich Veganerin bin, sind entweder „Was?“, „Könnte ich nicht“ oder „Ich auch“.



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