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Diskussion um Mensaessen

„Familien möchten Flexibilität“: Bruchsaler Schulamtsleiter spricht über Betreuung in Grundschulen

Beim Essen können alle mitreden. Diese Erfahrung macht der Bruchsaler Schulamtsleiter Jahr für Jahr. Als Schulträger kümmert sich die Stadt auch um die Betreuung vor und nach der Schule.

BNN-Interview Rainer Rapp Schulamtsleiter Bruchsal
Seit 30 Jahren sind Schule und Sport die Schwerpunktthemen von Schulamtsleiter Rainer Rapp, als Vater von fünf Kinder kennt er auch die Elternsicht sehr gut. Foto: Martin Heintzen

Die Kultusminister kamen und gingen, die Schulleitungen wechselten. Nur einer blieb: Rainer Rapp. In seinem 48. Jahr arbeitet er inzwischen bei der Stadt Bruchsal. Seit den 1990er Jahren bilden Schulen und Sport die Schwerpunkte seiner Arbeit.

Kein anderer hat solch einen Überblick über die Bruchsaler Schullandschaft wie er, zumal seine Kinder auch hier zur Schule gingen. Mit Nicole Jannarelli spricht der Leiter des Schul- und Sportamtes über Vor- und Nachteile der Digitalisierung, die Bedeutung des Mensaessens und den Lebensraum Schule.

Sekretärinnen und Hausmeister, Instandhaltung und Lehrmittel – das waren immer die klassischen Themen der städtischen Schulträger. Wie sieht das heute aus?
Rainer Rapp

Die Rolle des Schulträgers hat sich völlig gewandelt. Heute würde die Schule ohne den Schulträger nicht mehr funktionieren. Wir sind in den inhaltlichen Ablauf der Schule eingebunden.

Was heißt das?
Rapp

Zum Beispiel die Betreuung vor und nach der Schule. Wir haben mit einer Handvoll Mitarbeiterinnen in der Kernzeitbetreuung begonnen, inzwischen sind es über 70. 50 Prozent unserer Kinder nutzen heute ein Betreuungsangebot an ihrer Schule, egal ob im Halbtages- oder Ganztagsbetrieb. Unser Konzept deckt jetzt schon nahezu das ab, was in vier Jahren der Rechtsanspruch sein wird für die Ganztagsbetreuung. Ab 2026 sind das acht Zeitstunden Betreuung an fünf Tagen in der Woche, auch in den Ferien – das haben wir schon an den Ganztagsgrundschulen.

Wie entwickelt sich der Bedarf?
Rapp

Familien möchten größtmögliche Flexibilität. Das hat eine neue Abfrage ergeben. Die Zahlen für den Ganztagsbetrieb bleiben stabil, aber bei der kommunalen Kernzeitbetreuung wird sich der Bedarf verdoppeln. Denn so können Eltern mit ihren Kindern zum Geburtstag der Oma oder mal ins Schwimmbad. Das geht in der gebundenen Ganztagsschule nicht.

Immer wieder heißt es, die Schulen werden mehr und mehr zum Lebensraum…
Rapp

Ja, das ist so. Wir haben Kinder in der ersten Klasse, da buchen die Eltern alle Betreuungsbausteine. Die kommen um 6.30 Uhr und bleiben bis 17 Uhr. Daher brauchen wir beispielsweise Ruheräume, damit sich die Kinder mal zurückziehen können. Die Entwicklung kann man gutheißen oder nicht, aber wir müssen uns an den gesellschaftlichen Bedürfnissen orientieren.

Mehr Zeit an der Schule heißt auch mehr Nähe. Was bedeutet das?
Rapp

Alle Probleme, die die Kinder mittragen müssen, bekommen wir mit. Etwa, wenn Familien auseinanderbrechen. Natürlich werden die Kinder durch die Schulsozialarbeit unterstützt, aber die können das bei weitem nicht auffangen. Daher müssen wir immer mehr eingreifen. Allein an der Stirumschule halten 20 Kolleginnen den Betreuungsbetrieb am Laufen. Wir haben inzwischen zwei Teamleiterinnen, die das organisieren. Die unterstützen auch bei schwierigen Elterngesprächen. Und unsere Betreuerinnen haben eine Grundausbildung gemacht, die wir mit dem Tageselternverein und der Fachschule Sancta Maria abgestimmt haben.

Gibt es Dinge, die sich nie ändern?
Rapp

Was heute und früher gleich ist: Die Eltern wollen, dass die Kinder satt und mit gemachten Hausaufgaben nach Hause kommen. Dann sind die größten Stressfaktoren für die Familien weg.

Aber gerade das Mensaessen in den Schulen ist ein Dauerthema. Zuletzt wurde bundesweit über das rein vegetarische Angebot in Freiburg gestritten. Wie sieht es in Bruchsal aus?
Rapp

Es gibt kein Schuljahr, in dem wir nicht mit Eltern diskutieren, wie wir das Schulessen organisieren und was es gibt. Daher haben wir Runde Tische und Ansprechpartner an jeder Schule. Außerdem ist es so: Ganztagsschule funktioniert nur, wenn auch das Essen passt. Wir machen auch fleischlose Tage, ohne das groß zu propagieren.

Seit 2011 gibt es in Bruchsal das Bildungsforum. Dieses Mal geht es am 26. November um die Digitalisierung. Warum gibt es dieses Format?
Rapp

Das Bildungsforum ist für alle gedacht, die am Schulleben teilhaben: Lehrer, Eltern, Schüler. Wir wollen alle zusammenbringen und gezielt den Austausch fördern. Da hoffen wir für dieses Mal noch auf mehr Rückmeldungen. Insgesamt hat sich bei der Digitalisierung gerade während der Pandemie und durch den Digitalpakt viel getan. Und die Entwicklung geht weiter. Irgendwann wird jeder Schüler sein eigenes Laptop haben.

Aber die Digitalisierung hat auch Ihre Schattenseiten. Kinder bekommen immer früher Smartphones. Was gibt es da für Probleme?
Rapp

Manche Eltern möchten permanent genau wissen, wo ihre Kinder sind. Die statten ihre Kinder mit Smartwatches zur Standortbestimmung aus. So kann man nachschauen, wo es auf dem Nachhauseweg bleibt. Die Uhr kann natürlich auch zum Telefonieren und für alles Mögliche genutzt werden. Daher sind wir gerade dran, mit dem geschäftsführenden Schulleiter eine Regelung für alle Schulen zu erarbeiten.

Sie selbst haben fünf Kinder. Alle sind in Bruchsal zur Schule gegangen. Wie lief das aus Sicht des Vaters?
Rapp

Ich werde öfter in Diskussionen gefragt, ob ich denn selbst Kinder habe und weiß, wie das ist. Natürlich habe ich Erfahrungen gemacht wie andere Eltern, dass es eben mal nicht so läuft. Rückblickend muss ich sagen, es waren alle Kinder gerne in der Schule. Und ganz wichtig: Die Arbeit der Lehrer darf man wirklich nicht unterschätzen.

Am Ende steht und fällt es also mit dem Lehrer?
Rapp

Absolut. Das würde ich unterstreichen. Alles andere ist für die Kinder und Jugendlichen weniger wichtig. Die Lehrkraft, die vorne steht, ist der entscheidende Gelingensfaktor.

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