Schon einige politische Überraschungen erlebte Christopher Gohl (FDP) im Jahr 2021. Mit geografischen Veränderungen für den Schwaben. Erst rückt der Sozialwissenschaftler am 1. Mai per Landesliste in den Bundestag nach - anstelle des FDP-Abgeordneten Christian Jung aus dem Wahlkreis Karlsruhe-Land.
Für die Wahl am 26. September wollte der Tübinger Gohl eigentlich nicht wieder für das Berlin-Ticket antreten. Aber er ließ sich von seiner FDP in die Pflicht nehmen. In der Fremde.
Im Wahlkreis Bruchsal-Schwetzingen zog der zunächst ausgewählte Chris Brocke zurück - und Gohl sprang als Direktkandidat im Badischen ein. Ab dem 12. September wird er kurzfristig in Bruchsal wohnen.
„Ich habe schon eine Tour hinter mir, um die Orte kennenzulernen“, berichtet er beim Video-Chat aus seinem Berliner Büro. „In Bruchsal war ich am alten Feuerwehrhaus, das zum Denkort wird, und bei der Ahmadiyya-Gemeinde. Mit meiner Familie in Tübingen ist abgesprochen, dass ich ab 12. September ganz im Wahlkreis bin und in Bruchsal im Hotel wohne bis zur Wahl“. Der 47-jährige hat mit seiner Frau drei Kinder zwischen acht und 13 Jahren.
Bevor er als Abgeordneter nachrückte, gehörte der promovierte Politikwissenschaftler zum Team der von Hans Küng gegründeten Stiftung Weltethos in Tübingen. Gut möglich, dass er wieder dahin zurückkehrt. Ein Direktmandat für die FDP gilt in ganz Deutschland als unwahrscheinlich. Da ist auch Gohl Realist und dennoch im Spargelwahlkreis eingesprungen.
Begeistert vom Volocopter
Drei regionale Themen sind ihm im Wahlkampf wichtig: „Digitalisierung, auch für eine bessere Verwaltung, mehr Wohnraum schaffen und Verkehrsfragen. „In Sachen B35 lehnen wir eine Untertunnelung von Bruchsal ab. Es sollte eine regionale Lösung kommen mit Tunnel im Kraichgau“, sagt Gohl. Apropos zukünftiger Verkehr: Besucht hat er bereits das Unternehmen Volocopter und zeigt sich überschwänglich begeistert vom „Tesla der Luft, der das Potenzial hat, zum neuen SAP in der Region zu werden.“
Bundespolitisch liegen Gohl zwei Themen am Herzen: „Demokratiepolitik beschäftigt mich schon immer. Dahinter steckt die Sorge um unsere Institutionen und das Vertrauen der Bürger in sie.“ Die Menschen sollten bei Planungen besser mitgenommen werden, Wahlrecht ab 16 und Bürgerräte, die auch im Bundestag gehört werden - das sind liberale Ideen. Außerdem nimmt der 47-jährige Kandidat sogar für seine Partei in Anspruch das „härteste Klimaschutzprogramm“ zu haben. Weil die FDP als einzige die Deckelung des CO2-Ausstoßes europa- und weltweit fordere.
Fest in der FDP verankert
Man spürt, dass Gohl bundesweit verankert ist in seiner Partei und den ihr nahestehenden Institutionen. Er hatte wichtige interne Rollen, auch als Christian Lindner Generalsekretär war. Der eingesprungene Kandidat kann sich vorstellen, wieder einmal in der FDP oder einem von ihr geführten Ministerium zu arbeiten. Kommt das nicht, forscht er weiter in Tübingen und hat mehr Zeit für Familienausflüge mit dem Fahrrad oder kann neue Craft-Beer-Brauereien entdecken
Christopher Gohl
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